Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziel, während andere uns helfen diese Website und ihre Erfahrung zu verbessern.


Seite 341 - 347

Landschaftsplanung und Klimaanpassung − Untersuchungen ausgewählter Fallbeispiele kommunaler Planwerke

Landscape planning and climate adaptation − An examination of selected case studies in municipal planning documents

DOI: 10.19217/NuL2024-07-04 • Manuskripteinreichung: 12.4.2023, Annahme: 13.3.2024

Milena Miechielsen und Torsten Lipp

Zusammenfassung

Naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen dienen dazu, intakte Ökosysteme auch vor dem Hintergrund sich verändernder Rahmenbedingungen durch den Klimawandel langfristig zu erhalten und so die Ökosystemleistungen zu sichern. Dabei ist die Landschaftsplanung ein wichtiges Instrument, um diese Maßnahmen zu konzeptionieren, abzustimmen und deren Umsetzung vorzubereiten. Wie die Integration naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen sowie das Zusammenwirken informeller Klimaanpassungskonzepte und formeller Landschaftspläne in der Praxis funktionieren, wurde mithilfe einer Analyse von Landschaftsplänen und Klimaanpassungskonzepten aus neun deutschen Kommunen untersucht. Darüber hinaus wurden auch Flächennutzungspläne betrachtet, da die Bauleitplanung zu den wichtigsten Adressaten der Landschaftsplanung zählt. Die Analyse zeigt, dass das Konzept der naturbasierten Klimaanpassung noch nicht ausreichend in der landschaftsplanerischen Praxis etabliert zu sein scheint. Dennoch tragen typische Maßnahmen der Landschaftsplanung bereits zur Klimaanpassung bei, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet werden. Informelle Klimaanpassungskonzepte können zu einer verstärkten Behandlung des Themas in der formellen Landschaftsplanung führen. Dies zeigt sich daran, dass Landschaftspläne, denen ein Klimaanpassungskonzept vorausgeht, vermehrt Begriffe naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen beinhalten.

Naturbasierte Klimaanpassung – Landschaftsplanung – informelle Planung – Klimaanpassungskonzepte

Abstract

Nature-based climate adaptation measures serve to maintain intact ecosystems over the long term in the face of changing conditions due to climate change. Such measures thus safeguard ecosystem services. Landscape planning is a key tool for conceptualising, coordinating and preparing the delivery of these measures. How the integration of nature-based climate adaptation measures and the interaction between informal climate adaptation strategies and formal landscape plans work in practice was investigated by analysing landscape plans and climate adaptation strategies from nine German municipalities. Land-use plans were also considered, as urban development planning is among the key recipients of landscape planning. The analysis reveals that the concept of nature-based climate adaptation, the focal point here, does not yet appear to be sufficiently established in landscape planning practice. Nevertheless, typical landscape planning measures already contribute to climate adaptation even if they are not explicitly labelled as such. Informal climate adaptation strategies may contribute to an increased consideration of the topic in formal landscape planning. This is evidenced by the fact that landscape plans that are preceded by a climate adaptation strategy paper increasingly incorporate terms related to nature-based climate adaptation measures.

Nature-based climate adaptation – Landscape planning – Informal planning – Climate adaptation strategies

Inhalt

1 Einleitung

2 Naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen und kommunale Planungen

3 Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in die Landschaftsplanung

4 Analyse der Fallbeispiele kommunaler Planwerke

5 Ergebnisse der Analyse

Leitfrage 1: Werden im Landschaftsplan und Flächennutzungsplan Klimaanpassung im Allgemeinen und das Konzept der naturbasierten Klimaanpassung im Besonderen behandelt?

Leitfrage 2: Wird das vorhandene Klimaanpassungskonzept namentlich im Landschaftsplan und im Flächennutzungsplan genannt und werden Inhalte des Klimaanpassungskonzepts behandelt?

Leitfrage 3: Welche Cluster naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen werden im Landschaftsplan/Flächennutzungsplan in welcher Häufigkeit aufgegriffen?

Leitfrage 4: Beinhalten Landschaftspläne, denen ein Klimaanpassungskonzept vorausgeht, vermehrt Klimaanpassung?

6 Diskussion

7 Fazit

8 Literatur

1 Einleitung

Die Folgen des Klimawandels beeinflussen die Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung, die Biodiversität sowie die abiotischen Umweltmedien. Möglichkeiten darauf zu reagieren bietet neben dem Klimaschutz auch die in diesem Beitrag behandelte Klimaanpassung. Die Konzeption, Abstimmung und Vorbereitung der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen erfolgt u. a. bereits in etablierten Planwerken wie den Landschaftsplänen sowie in spezifisch ausgerichteten informellen Konzepten, insbesondere Klimaanpassungskonzepten. Die rechtliche Verbindlichkeit wird in der Regel – wenn auch nicht in allen Bundesländern – über die Integration in den Flächennutzungsplan erreicht. Die Landschaftsplanung als Instrument mit dem Auftrag, den gesamten Naturhaushalt zu betrachten, ist prädestiniert dafür, auch naturbasierte Maßnahmen der Klimaanpassung zu berücksichtigen. Dies ist der Ausgangspunkt der Überlegungen der hier vorgestellten Untersuchungen.

Klimaanpassung wird verstärkt auf der örtlichen Ebene betrieben, während Maßnahmen zum naturbasierten Klimaschutz wie Moorrenaturierung oder Waldumbau oftmals Gegenstand übergeordneter Planungen − insbesondere in Landschaftsrahmenplänen − sind (vgl. bspw. LfU 2011 oder Landesportal Schleswig-Holstein 2021). Daher fokussiert die vorliegende Untersuchung, die im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zur Vorbereitung von Expertenworkshops durchgeführt wurde, die kommunale Landschaftsplanung und deren Zusammenspiel mit Flächennutzungsplänen und Klimaanpassungskonzepten (der Begriff steht hier für alle informellen Konzepte mit einem Fokus auf Klimaanpassung, die z. T. auch andere Titel tragen wie Klimaanpassungsstrategie o. Ä.). Planwerke aus neun Kommunen in sieben Bundesländern wurden dahingehend analysiert, inwieweit klimarelevante Inhalte abgebildet wurden, das ggf. bestehende Klimaanpassungskonzept thematisiert wurde und naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen in den jeweiligen Landschaftsplan bzw. Flächennutzungsplan integriert wurden. Eine Herausforderung war die Auswahl der Kommunen, in denen sowohl ein Landschaftsplan als auch ein Klimaanpassungskonzept vorhanden sind. Flächennutzungspläne liegen zwar in der Regel in den Kommunen vor, sind aber – wie z. T. auch in den ausgewählten Beispielen – in vielen Fällen nicht aktuell. Die Auswahl der hier verwendeten kommunalen Planwerke ist aufgrund der geringen Anzahl für Deutschland nicht repräsentativ, sodass keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden können.

Im Folgenden wird aufgezeigt, welche etablierten Maßnahmen der Landschaftsplanung auch der naturbasierten Klimaanpassung dienen, wie informelle Klimaanpassungskonzepte hierbei unterstützen und wie solche Maßnahmen in die Flächennutzungsplanung überführt werden können.

2 Naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen und kommunale Planungen

Sowohl naturbasierte Klimaschutz- als auch naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen beruhen darauf, intakte Ökosysteme zu erhalten und somit die Ökosystemleistungen zu sichern. Oftmals treten Synergien beider Maßnahmenbereiche auf. Beim naturbasierten Klimaschutz stehen dabei die Treibhausgasreduzierung und die Sicherung bzw. Erweiterung von Kohlenstoffspeichern im Fokus. Naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen sollen die Leistungen der Ökosysteme auch vor dem Hintergrund sich verändernder Rahmenbedingungen durch den Klimawandel langfristig erhalten, um damit einhergehende Folgen und Entwicklungen wie extreme Hitze und Starkregen abzupuffern. Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die beiden am häufigsten adressierten und in ihrer Wirkung gravierenden Ereignisse: Hitze und Starkregen. Sie orientiert sich an naturbasierten Maßnahmenclustern, die auf Grundlage von Geneletti, Zardo (2016) definiert wurden (Tab. 1).

Tab. 1: In der Analyse berücksichtigte Cluster naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen (verändert nach Geneletti, Zardo 2016 und Schneider et al. 2021).
Table 1: Cluster of nature-based adaptation measures considered in the analysis (modified according to Geneletti, Zardo 2016 and Schneider et al. 2021).
Maßnahmencluster Vorrangiger Wirkbereich Wirkungsweise Zugehörige Maßnahmen (Beispiele)
Sicherung und Schaffung kalt- und frischluftrelevanter Bereiche
Hitze
Die nachts in der Umgebung einer Stadt entstehende und akkumulierte kalte Luft kann durch Luftzirkulation dazu beitragen, den Wärmeinseleffekt abzumildern.
Freihalten von Luftleitbahnen und Kaltluftentstehungsgebieten, Entfernen möglicher Barrieren
Sicherung und Schaffung grüner Freiflächen
Hitze, Starkregen
Durch Verschattung und Evapotranspiration werden Luft- und Oberflächentemperatur gesenkt und somit wird das Mikroklima verbessert. Durch einen geringen Versiegelungsgrad kann anfallendes Niederschlagswasser versickern. Darüber hinaus werden Erholungsflächen für die Stadtbevölkerung geschaffen.
Sicherung/Schaffung von Grünanlagen, Förderung grüner Infrastruktur, Baumpflanzungen, Gebäudebegrünung
Sicherung und Schaffung grüner Retentionsräume
Starkregen, Hitze
Grüne, unversiegelte Freiflächen reduzieren Spitzenabflüsse bei Starkregenereignissen. Sie können in die Gestaltung von Freiräumen und Stadtparks integriert werden (multifunktionale Nutzung).
Sicherung/Schaffung von Versickerungsflächen und -mulden, Baumrigolen, Rückhalte- und Speicherflächen
Förderung von Gebäudebegrünung
Hitze, Starkregen
Begrünte Dächer und Fassaden verbessern den thermischen Komfort in Gebäuden, indem sie im Sommer kühlend und im Winter dämmend wirken. Gründächer, insbesondere spezielle Retentionsdächer, halten Niederschlagswasser zurück und mindern so die Abflussspitzen.
Ausweisung von Dach- und Fassadenflächen, die für die Begrünung geeignet sind, Vorschläge für Artenauswahl, Festlegen von Begrünungssatzungen
Entsiegelung und Vermeidung undurchlässiger/versiegelter Flächen
Hitze, Starkregen
Die Reduzierung versiegelter Oberflächen in Städten trägt dazu bei, den Wasserabfluss zu verlangsamen und die Wasserinfiltration zu verbessern, wodurch Spitzenabflüsse reduziert werden und Schutz vor extremen Niederschlagsereignissen geboten wird. Gleichzeitig wird der Entstehung von Hitzeinseln entgegengewirkt.
Aufzeigen von Entsiegelungspotenzialen, Festsetzung von Versiegelungsfaktoren, Nutzung versickerungsfähiger Beläge
Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung und Regenwassermanagement
Starkregen
Durch dezentrale Bewirtschaftung von Niederschlagswasser und Entkopplung großer Teile des Niederschlagswassers von der Kanalisation kann diese entlastet werden. Es wird pluvialen Hochwassern v. a. im urbanen Bereich vorgebeugt und ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource Wasser unterstützt.
Förderung von Vor-Ort- und Flächenversickerung, Einführung eines Regenwassermanagements für nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung

Die Ziele der Landschaftsplanung, intakte Ökosysteme, gefährdete Arten, deren Lebensräume sowie wertvolle Landschaften zu schützen und zu fördern, weisen offensichtliche Synergien mit den Zielen naturbasierter Klimaanpassung auf. Entsprechend werden naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen bereits in der Landschaftsplanung berücksichtigt. Diese werden jedoch nicht immer konkret als solche bezeichnet oder wirken lediglich als positiver Nebeneffekt klassischer Maßnahmen (Schmitt 2016; Schneider et al. 2021). Die Bedeutung der Landschaftsplanung für die Umsetzung von Klimaanpassungsstrategien wurde bereits aufgezeigt (Heiland et al. 2011; Schumacher et al. 2014). Auch die Deutsche Strategie zur Anpassung an den Klimawandel (DAS; Bundesregierung 2008) bezeichnet die Landschaftsplanung als Managementansatz für Natur und Landschaft. Im zweiten Fortschrittsbericht zur DAS (Bundesregierung 2020) wird im Weiteren darauf hingewiesen, dass die Landschaftsplanung die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend berücksichtigt. Darüber hinaus heißt es dort u. a., dass naturbasierte Maßnahmen (wie sie in der Landschaftsplanung formuliert werden) „[…] vor allem aus Vorsorgesicht große Vorteile bieten und zugleich robuste Daseinsgrundfunktionen für Gesundheit, Ver- und Entsorgung […] sichern, um die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems auch dann aufrechtzuerhalten, wenn einzelne Teile vorübergehend ausfallen“ (Bundesregierung 2020). Als wichtiges Umsetzungsinstrument werden dort auch Flächennutzungs- und Bebauungspläne genannt (Bundesregierung 2008, 2015). Aus diesem Grund und weil die Maßnahmen der Landschaftsplanung in den meisten Bundesländern erst durch die Übernahme in die Bauleitplanung verbindlich werden, wurden hier zwar vornehmlich Landschaftspläne, darüber hinaus aber auch Flächennutzungspläne betrachtet.

Informelle Instrumente und Konzepte können die formelle Planung ergänzen, da sie in der Regel schneller und flexibler, aber auch unverbindlicher sind als formelle Instrumente, die einen längeren Aufstellungsprozess benötigen (Schmidt 2018). Im „Sofortprogramm Klimaanpassung“ des Bundesumweltministeriums (BMUV) wird dafür plädiert, Informations- und Beratungsangebote sowie die Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Verwaltung und Management zu erweitern und zu verbessern (BMUV 2022). Dieses Ziel kann durch informelle Instrumente, v. a. Klimaanpassungskonzepte und die damit einhergehenden Planungs- und Abstimmungsprozesse, unterstützt und umgesetzt werden. Die Erfassung und Bewertung der kommunalen Betroffenheit gegenüber Klimarisiken (z. B. Hitze, Starkregen) in Klimaanpassungskonzepten kann die übliche Bestandsanalyse der Landschaftsplanung ergänzen, z. B. in Hinblick auf Gesundheit, Versorgung und Energiesicherheit.

3 Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in die Landschaftsplanung

Die Berücksichtigung klimaanpassungsrelevanter Inhalte in der Landschaftsplanung – und damit oftmals auch in der Bauleitplanung – kann von vielen Faktoren abhängen. Die Qualität der Klimaanpassungskonzepte, verwaltungsinterne Zuständigkeiten oder politischer Wille etc. waren jedoch nicht Gegenstand der durchgeführten Analyse. In dieser Untersuchung wurden die ausgewählten Planwerke in Hinblick auf die Adressierung klimaanpassungsbezogener Inhalte und Maßnahmen analysiert und es wurde die zeitliche Abfolge der jeweiligen Erstellung bzw. Verabschiedung der Landschafts- und Flächennutzungspläne sowie der Klimaanpassungskonzepte betrachtet. Dabei wurde angenommen, dass das Potenzial, naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen aus Klimaanpassungskonzepten in die Landschafts- und Flächennutzungsplanung zu integrieren, von der Reihenfolge der Erstellung dieser Konzepte und Pläne abhängt, wie es auch Schneider et al. (2021) gezeigt haben. Wird ein Klimaanpassungskonzept (nahezu) parallel zur Aufstellung bzw. Fortschreibung eines Landschaftsplans oder im Vorfeld erarbeitet, besteht ein hohes Potenzial, dass Inhalte und Maßnahmen aus dem Konzept in die Landschaftsplanung übernommen werden. Durch klimawandelbezogene Begründungen wird die Bedeutung der Maßnahmen zusätzlich betont und somit steigt die Wahrscheinlichkeit, sie in die Bauleitplanung zu integrieren (Heiland et al. 2011; Bosch & Partner GmbH 2021).

Andererseits bieten die Neuaufstellung oder Fortschreibung des Landschaftsplans auch ohne vorhandenes Klimaanpassungskonzept die Möglichkeit, Hinweise und Maßnahmen zur Klimaanpassung direkt aufzunehmen (May et al. 2016). Bei Klimaanpassungskonzepten, die nach der Verabschiedung des Landschafts- und Flächennutzungsplans erarbeitet wurden, besteht ein geringes Potenzial zur Übernahme von Inhalten und Maßnahmen in den Landschafts- und Flächennutzungsplan, da es schwierig ist, diese nachträglich in die formelle Planung zu integrieren.

4 Analyse der Fallbeispiele kommunaler Planwerke

Es wurden die Textteile von Landschaftsplänen, Flächennutzungsplänen und Klimaanpassungskonzepten aus den folgenden neun Kommunen untersucht (Tab. 2, 3): Bremen, Dresden, Erfurt, Freiburg i. Br., Göttingen, Jena, Karlsruhe, Lübeck, Nürnberg (im Stadtstaat Bremen übernimmt das Landschaftsprogramm die Funktion des Landschaftsplans; aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden einheitlich der Begriff „Landschaftsplan“ verwendet). Es wurden Kommunen ausgewählt, in denen sowohl ein Landschaftsplan als auch ein Klimaanpassungskonzept verfügbar waren. Diese primären Auswahlkriterien schränkten die Anzahl der Beispiele ein. Da die Flächennutzungspläne das wichtigste Instrument der kommunalen Planung darstellen, wurden auch diese betrachtet, obwohl sie z. T. zeitlich vor den Klimaanpassungskonzepten aufgestellt wurden. Weiterhin wurde eine breite räumliche Verteilung innerhalb Deutschlands und über die Klimaraumtypen (Kahlenborn et al. 2021) angestrebt. Der älteste betrachtete Landschaftsplan stammt aus dem Jahr 2006, der jüngste aus dem Jahr 2020.

Tab. 2: In der Analyse berücksichtigte Beispielkommunen.
Table 2: Characteristic municipalities included in the analysis.
Stadt Bundesland Einwohnerinnen/Einwohner1 Erstellung KAK Aktueller LP (Beschluss) Aktueller FNP (Beschluss)
Bremen
Bremen
567.500
2015 (KLAS)2
2015
2014
Dresden
Sachsen
556.800
2013
2018
2020
Erfurt
Thüringen
213.700
2018
2015
2005 (Neubekanntmachung 2017)
Freiburg i. Br.
Baden-Württemberg
231.200
2018
2006 (in Fortschreibung)
2006 (in Fortschreibung)
Göttingen
Niedersachsen
118.900
2015
2017
2017
Jena
Thüringen
111.300
2012
2016
2006
Nachbarschaftsverband Karlsruhe3
Baden-Württemberg
460.500
2013
2020
2021
Lübeck
Schleswig-Holstein
216.500
2019
2008 (in Fortschreibung)4
1990 (in Fortschreibung)
Nürnberg
Bayern
510.600
2014
2006 (FNP mit integriertem LP)
FNP = Flächennutzungsplan, KAK = Klimaanpassungskonzept, LP = Landschaftsplan
1 Stand 2019, DESTATIS, gerundet
2 2018: Klimaanpassungsstrategie (KLAS) Bremen und Bremerhaven
3 LP und FNP wurden vom „Nachbarschaftsverband Karlsruhe“ aufgestellt, der elf Verbandsgemeinden umfasst. Das KAK bezieht sich dagegen nur auf die Stadt Karlsruhe.
4 Aktuell: thematische Fortschreibung auf Grundlage des KAK
Tab. 3: Untersuchte kommunale Planwerke mit Angabe des jeweiligen Textteils und des Jahres, in dem das Planwerk verabschiedet wurde.
Table 3: Municipal plans analysed, with details of the respective text section and the year in which the plan was adopted.
Stadt Klimaanpassungskonzept Landschaftsplan/-programm Flächennutzungsplan
Bremen
KLimaAnpassungsStrategie Extreme Regenereignisse (KLAS) (2015)
Landschaftsprogramm Bremen 2015. Teil Stadtgemeinde Bremen (2015)
Flächennutzungsplan Bremen. Begründung (2014)
Dresden
Integriertes Klimaanpassungsprogramm für die Region Dresden (2013)
Landschaftsplan der Landeshauptstadt Dresden (2018)
Flächennutzungsplan. Begründung (2020)
Erfurt
Klimagerechtes Flächenmanagement der Landeshauptstadt Erfurt (2018)
Landschaftsplan der Landeshauptstadt Erfurt. Rahmenkonzept „Masterplan Grün“ (2015)
Flächennutzungsplan der Landeshauptstadt Erfurt (2005)
Freiburg i. Br.
Klimaanpassungskonzept. Ein Entwicklungskonzept für das Handlungsfeld „Hitze“ (2019)
Freiburg i. Br. Landschaftsplan 2020 (2006)
Flächennutzungsplan 2020 − Begründung mit Umweltbericht (2006)
Göttingen
Klimaplan Stadtentwicklung. Städtebauliche Klimaschutz- und Anpassungsstrategie der Stadt Göttingen (2015)
Umweltbericht zum Flächennutzungsplan Göttingen (Teil B) ergänzt durch Landschaftsplan Göttingen (Teil C) (2017). Hinweis: Es wurde nur der Landschaftsplan (Teil C) berücksichtigt.
Begründung zum Flächennutzungsplan 2017 im Auftrag der Stadt Göttingen (2017)
Jena
Handbuch Klimawandelgerechte Stadtentwicklung für Jena. Jenaer Klimaanpassungsstrategie JenKAS (2012)
Landschaftsplan der Stadt Jena 2016. Erläuterungsbericht (2016)
Stadt Jena. Flächennutzungsplan (2006)
Karlsruhe
Anpassung an den Klimawandel. Bestandsaufnahme und Strategie für die Stadt Karlsruhe (2013)
Landschaftsplan 2030. Nachbarschaftsverband Karlsruhe (2020)
Nachbarschaftsverband Karlsruhe. Flächennutzungsplan 2030. Begründung (2021)
Lübeck
Lübeck sorgt vor: Klimaanpassungskonzept für die Hansestadt Lübeck. Grundlage zur Aktualisierung und Erweiterung des Thematischen Landschaftsplans Klimawandel (2019)
Gesamtlandschaftsplan der Hansestadt Lübeck (2008)
Flächennutzungsplan 1990 der Hansestadt Lübeck. Kurzfassung des Erläuterungsberichts (1990)
Nürnberg
Handbuch Klimaanpassung. Bausteine für die Nürnberger Anpassungsstrategie (2014)
Flächennutzungsplan der Stadt Nürnberg mit integriertem Landschaftsplan (2006)

Zur Durchführung der Analyse wurden folgende Leitfragen aufgestellt (Tab. 4):

Tab. 4: Leitfragen, Ziele und Methoden der Analyse.
Table 4: Key questions, objectives and methods of the analysis.
Leitfrage Ziel Methodik
1
Werden im Landschaftsplan und Flächennutzungsplan Klimaanpassung im Allgemeinen und das Konzept der naturbasierten Klimaanpassung im Besonderen behandelt?
Darstellung der Verbreitung des Themas Klimaanpassung und des Konzepts der naturbasierten Anpassung in den untersuchten Kommunen
Schlagwortsuche (quantitative Inhaltsanalyse) zu Klimaanpassung und zur naturbasierten Anpassung in Landschaftsplanung und Flächennutzungsplanung
2
Wird das vorhandene Klimaanpassungskonzept namentlich im Landschaftsplan und im Flächennutzungsplan genannt und werden darüber hinaus Inhalte des Klimaanpassungskonzepts behandelt?
Darstellung der Integration von Klimaanpassungskonzepten in den Landschaftsplan und Flächennutzungsplan
Schlagwortsuche (quantitative Inhaltsanalyse) nach dem jeweiligen Klimaanpassungskonzept im Planungsdokument der Landschafts- und Flächennutzungsplanung; qualitative Prüfung der Integrationstiefe (keine Integration, Nennung, Übernahme und Behandlung der Inhalte)
3
Welche Cluster naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen werden im Landschaftsplan/Flächennutzungsplan in welcher Häufigkeit aufgegriffen?
Darstellung der Häufigkeit und damit Bedeutung naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen (Cluster) sowie Einschätzung des Zusammenhangs von zeitlich vorangestelltem Anpassungskonzept und Vorhandensein von Klimaanpassungsmaßnahmen
Schlagwortsuche (quantitative und qualitative Inhaltsanalyse) nach konkreten naturbasierten Klimaanpassungsmaßnahmen, Vergleich von Landschaftsplänen, denen ein Klimaanpassungskonzept voran- bzw. nachgestellt wurde
4
Beinhalten Landschaftspläne, denen ein Klimaanpassungskonzept vorausgeht, vermehrt Klimaanpassung?
Darstellung der Relevanz eines vorausgehenden Klimaanpassungskonzepts für das Vorhandensein klimaanpassungsrelevanter Maßnahmen
Gegenüberstellung der Gesamtanzahl von Schlagworten in Landschaftsplänen mit vorangehendem bzw. nachgestelltem Klimaanpassungskonzept
    1.

    Werden im Landschaftsplan und Flächennutzungsplan Klimaanpassung im Allgemeinen und das Konzept der naturbasierten Klimaanpassung im Besonderen behandelt?

    2.

    Wird das vorhandene Klimaanpassungskonzept namentlich im Landschaftsplan und im Flächennutzungsplan genannt und werden darüber hinaus Inhalte des Klimaanpassungskonzepts behandelt?

    3.

    Welche Cluster (Tab. 1) naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen werden im Landschaftsplan/Flächennutzungsplan in welcher Häufigkeit aufgegriffen?

    4.

    Beinhalten Landschaftspläne, denen ein Klimaanpassungskonzept vorausgeht, vermehrt Aussagen zur Klimaanpassung?

Es erfolgte eine quantitative Inhaltsanalyse mithilfe von Schlagwörtern (Tab. 5) sowie darüber hinaus für Leitfrage 2 und 3 eine qualitative Auswertung der Texte (Tab. 4). Für die Analyse zur Leitfrage 3 wurden in Anlehnung an Schneider et al. (2021) und Geneletti, Zardo (2016) Maßnahmencluster erstellt (Tab. 1), denen Schlagworte zugeordnet wurden; so ließ sich feststellen, inwiefern sie in den Planwerken berücksichtigt wurden. Zusätzlich wurde im Maßnahmencluster „Sicherung und Schaffung grüner Freiflächen“ eine vertiefte Kontextanalyse durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Nutzung der Schlagworte im Kontext des Klimawandels erfolgte und nicht nur im Zusammenhang mit (städtischer) Naherholung. Dadurch sollte der bei der quantitativen Auswertung beobachteten Verzerrung der Ergebnisse vorgebeugt werden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch in anderen Clustern vereinzelt Schlagworte in anderen Kontexten gezählt wurden, wenngleich dies bei der ersten Analyse nicht konkret erkennbar war.

Tab. 5: Bei der Analyse der Textteile der Planwerke genutzte Schlagworte.
Table 5: Keywords used when analysing the text sections of the plans.
Themenbereich Schlagworte
Klimaanpassung allgemein
Klimaanpassung, Klima(wandel)folgenanpassung, Anpassung an Folgen des Klimawandels
Konzept naturbasierte Anpassung
naturbasiert, ökosystembasiert, natürliche Anpassung
Maßnahmencluster
Schlagworte
1 Gebäudebegrünung
Gebäudebegrünung, Dachbegrünung, Fassadenbegrünung
2 Sicherung/Schaffung grüner Freiflächen
Grünanlagen, grüne Freiräume, Grünzüge. Grünfläche, Grünverbindung
3 Sicherung/Schaffung kalt- und frischluftrelevanter Räume
Kaltluft …, Frischluft …, Luftleitbahnen
4 Entsiegelung und Vermeidung undurchlässiger/versiegelter Oberflächen
Entsiegelung, versickerungsfähig, Vermeidung von Versiegelung, wasserdurchlässig
5 Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung und Regenwassermanagement
Dezentrale Versickerung, Versickerung, Mulden, Retention, Regenwasserrückhalt, Regenwassermanagement, Regenwasserbewirtschaftung (gleiches mit Synonym Niederschlag)

5 Ergebnisse der Analyse

Im Folgenden werden die Ergebnisse der stichprobenartigen Analyse der einzelnen Fallbeispiele anhand der jeweiligen Leitfragen dargestellt.

Leitfrage 1: Werden im Landschaftsplan und Flächennutzungsplan Klimaanpassung im Allgemeinen und das Konzept der naturbasierten Klimaanpassung im Besonderen behandelt?

Landschaftspläne

In vier der neun betrachteten Landschaftspläne wurde das Thema Klimaanpassung behandelt. Diesen vier Landschaftsplänen ging ein Klimaanpassungskonzept voraus (Jena, Dresden, Karlsruhe) bzw. die Planwerke wurden parallel erstellt (Bremen). Auch dem Landschaftsplan der Stadt Göttingen ging ein Klimaanpassungskonzept voraus, jedoch beinhaltet er nicht die Begriffe „Klimawandel“, „Klima-schutz“ und „Klimaanpassung“. Der Landschaftsplan Göttingen ist eine Ergänzung zum Umweltbericht zum Flächennutzungsplan. Dieser Landschaftsplan beinhaltet zwar den Begriff „Klimaschutz“, jedoch nicht die Begriffe „Klimawandel“ und „Klima-anpassung“.

Flächennutzungspläne

In Dresden, Göttingen und Karlsruhe wurde die aktuelle Fassung der Flächennutzungspläne nach dem jeweiligen Klimaanpassungskonzept erstellt. In den Flächennutzungsplänen aller drei Städte werden Aspekte der Klimaanpassung thematisiert. Auch die Freie Hansestadt Bremen behandelt im Flächennutzungsplan die Klimaanpassung. Die Neuaufstellung des Landschaftsprogramms und des Flächennutzungsplans erfolgte gemeinsam, wodurch Inhalte des Landschaftsprogramms berücksichtigt und auch im Flächennutzungsplan dargestellt wurden, um „[…] auf die neuen Herausforderungen des Klimawandels ein[zugehen]“ (Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr 2016: 144). In allen weiteren Städten beinhaltet der Flächennutzungsplan das Thema Klimaanpassung nicht explizit, was auch auf den späteren Zeitpunkt der Aufstellung der Flächennutzungspläne zurückzuführen ist.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Ansatz, Klimaanpassung als festen und selbstverständlichen Bestandteil in Planungsprozessen zu berücksichtigen und sektorenübergreifend abzustimmen, noch nicht in der planerischen Praxis der betrachteten Beispiele etabliert ist.

Konzept naturbasierte Klimaanpassung

Das Konzept der naturbasierten Klimaanpassung wird in keinem der untersuchten Landschaftspläne oder Flächennutzungspläne genannt. Es lassen sich jedoch Bezüge finden, die dem Konzept der naturbasierten Klimaanpassung zugesprochen werden können. So steht bspw. im Klimaanpassungskonzept der Hansestadt Lübeck vor dem Hintergrund der Wald- und Forstwirtschaft geschrieben: „Die naturnahe Bewirtschaftung, wie sie im Lübecker Stadtwald praktiziert wird, fördert die Stabilität und Flexibilität der Wald-Ökosysteme und stellt einen wichtigen Beitrag zur Minderung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Arten und Lebensgemeinschaften der Stadt dar“ (Hansestadt Lübeck 2019). Ähnliches gilt für das Landschaftsprogramm Bremen, in dem die naturbasierte Anpassung indirekten Eingang findet durch die Formulierung der „natürlichen Selbstregulation“ als Prinzip nachhaltiger Nutzung und zur Stärkung natürlicher Prozesse, die Grundlage für die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen sind (Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr 2016). Beide Beispiele zeigen, dass durchaus Bezüge zum Konzept der naturbasierten Klimaanpassung in der Landschaftsplanung hergestellt werden können, dieses jedoch nicht systematisch Einzug in die untersuchten Planungsdokumente erhält.

Leitfrage 2: Wird das vorhandene Klimaanpassungskonzept namentlich im Landschaftsplan und im Flächennutzungsplan genannt und werden Inhalte des Klimaanpassungskonzepts behandelt?

In fünf der neun untersuchten Kommunen wurde das Klimaanpassungskonzept vor bzw. parallel zum Landschaftsplan erstellt (Tab. 6), wobei entweder eine bloße Nennung als Planungsgrundlage oder eine konkrete Übernahme der Inhalte in die Landschaftspläne erfolgte. Letzteres signalisiert ein höheres Potenzial für die Maßnahmenumsetzung und eine höhere Wahrscheinlichkeit der Übernahme in die Bauleitplanung. Nur ein Landschaftsplan verweist nicht auf das vorhandene Anpassungskonzept (Göttingen). Drei Landschaftspläne (Bremen, Dresden, Karlsruhe) nennen das Anpassungskonzept, gehen aber nicht näher auf dessen Inhalte oder Maßnahmen ein. Lediglich ein Landschaftsplan (Jena) übernimmt Inhalte, Daten und Analysen des Klimaanpassungskonzepts, nennt die darin enthaltenen Maßnahmen und integriert so die Inhalte der informellen Planungsgrundlage.

Tab. 6: Übersicht über die zeitlichen Abläufe erarbeiteter Planwerke in den untersuchten Kommunen.
Table 6: Overview of the timelines of the plans drawn up in the municipalities analysed.
KAK vor LP und FNP KAK nach LP und FNP KAK, LP, FNP parallel

Dresden

Göttingen

Jena (KAK nur vor LP, nicht vor FNP)

Karlsruhe

Erfurt

Freiburg i. Br.

Lübeck

Nürnberg

Bremen

FNP = Flächennutzungsplan, KAK = Klimaanpassungskonzept, LP = Landschaftsplan

Leitfrage 3: Welche Cluster naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen werden im Landschaftsplan/Flächennutzungsplan in welcher Häufigkeit aufgegriffen?

Abb. 1 stellt die absoluten Nennungen naturbasierter Maßnahmen innerhalb der verschiedenen Cluster dar. Erkennbar ist, dass die Verteilung der Schlagwortanzahl je Maßnahmencluster bei den drei Instrumenten der Landschaftsplanung ähnlich ist. Belange der Kaltluft-/Frischluftentstehung sind als klassische Maßnahme der Landschaftsplanung offensichtlich bereits gut in der Praxis verankert. In der Flächennutzungsplanung sind Maßnahmen der natürlichen Regenwasserversickerung in nahezu gleicher Häufigkeit vertreten, in den Landschaftsplänen liegen sie an zweiter Stelle. Hingegen spielen Maßnahmen der Gebäudebegrünung in den Landschafts- und den Flächennutzungsplänen die geringste Rolle. Das Cluster zu Entsiegelungsmaßnahmen, die neben der Vorbeugung gegen Hochwasser auch die Reduzierung urbaner Hitzeinseln fokussieren, ordnet sich sowohl bei den untersuchten Landschafts- als auch bei den untersuchten Flächennutzungsplänen im Mittelfeld ein. Grüne Freiräume als Maßnahme zur Reduzierung von Hitzeinseln und als Möglichkeit zur Versickerung bzw. zum Wasserrückhalt werden seltener genannt, tauchen jedoch sehr häufig im Kontext der Naherholung und Freiraumsicherung auf. Obwohl die quantitative Analyse keine Rückschlüsse auf die Qualität bzw. Ausgestaltung in den Planwerken zulässt, zeigt sie, welche Maßnahmencluster im Fokus der bestehenden Planungen stehen und welche noch Potenziale bieten.

/fileadmin/magazines/naturundlandschaft/current/2024_07/images/NuL_07_2024_Miechielsen_01.jpg _04-Miechielsen_ID27
Abb. 1: Anzahl der Nennungen naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen in den untersuchten Landschaftsplänen (N = 9), Flächennutzungsplänen (N = 9) und Klimaanpassungskonzepten (N = 9).
Fig. 1: Number of mentions of nature-based climate adaptation measures in the analysed landscape plans (N = 9), land-use plans (N = 9) and climate adaptation strategies (N = 9).

Leitfrage 4: Beinhalten Landschaftspläne, denen ein Klimaanpassungskonzept vorausgeht, vermehrt Klimaanpassung?

Zur Annäherung an diese Frage wurden die Schlagwörter aller Cluster aufsummiert und diejenigen Landschaftspläne, denen ein Klimaanpassungskonzept zeitlich nachgestellt war (n = 3), jenen gegenübergestellt, denen das Klimaanpassungskonzept zeitlich vorausging (n = 3). Erwartungsgemäß wurden mehr Schlagwörter in der Kategorie „Klimaanpassungskonzept (KAK) vor Landschaftsplan (LP)“ verzeichnet (Summe gesamt 789) als in der Kategorie „KAK nach LP“ (Summe gesamt 369; Abb. 2). Auch liegen Maximalanzahl, Mittelwert und Median bei der Kategorie „KAK vor LP“ höher als bei der Kategorie „KAK nach LP“, während die Streuung breiter ist. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestehende Klimaanpassungskonzepte dazu führen, dass Landschaftspläne vermehrt klimaanpassungsrelevante Maßnahmen enthalten.

/fileadmin/magazines/naturundlandschaft/current/2024_07/images/NuL_07_2024_Miechielsen_02.jpg _04-Miechielsen_ID28
Abb. 2: Summe der Schlagworte aller Cluster naturbasierter Klimaanpassungsmaßnahmen für Landschaftspläne (LP), zu deren Erstellungszeitpunkt ein Klimaanpassungskonzept (KAK) vorlag (KAK vor LP) bzw. keines vorlag (KAK nach LP).
Fig. 2: Sum of the keywords of all clusters of nature-based adaptation measures for landscape plans (LP) for which a climate adaptation strategy (KAK) was available at the time of preparation (KAK before LP) or none was available (KAK after LP).

6 Diskussion

Die untersuchten Landschafts- und Flächennutzungspläne beinhalten naturbasierte Klimaanpassungsmaßnahmen − jedoch in sehr unterschiedlicher Häufigkeit. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine häufige Nennung bestimmter Begriffe prinzipiell mit einer tieferen Auseinandersetzung mit den Maßnahmen einhergeht als Nennungen in geringer Anzahl (Schmitt 2016; Huber, Dunst 2021; Schneider et al. 2021). Nichtsdestotrotz ergibt sich hieraus eine Einschränkung, da die Anzahl der gefundenen Schlagwörter nicht per se auf die inhaltliche Tiefe der Aspekte schließen lässt. Auch ist die Untersuchung von neun Beispielkommunen nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Kommunen in Deutschland.

Für die untersuchten Beispiele lässt sich festhalten, dass diejenigen Landschaftspläne, denen ein Klimaanpassungskonzept vorausgeht, generell das Thema Klimaanpassung beinhalten (mit einer Ausnahme), Bezug zum Klimaanpassungskonzept nehmen und über eine höhere Anzahl an Bezügen zu Klimaanpassungsmaßnahmen verfügen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass ein vorhandenes Klimaanpassungskonzept zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit der Thematik in der Landschaftsplanung führen kann (vgl. auch Schneider et al. 2021). Anzumerken ist, dass diejenigen Landschaftspläne, denen kein Klimaanpassungskonzept vorausgeht, in drei von vier Fällen schon vor 2008 verabschiedet wurden. Die Untersuchung von Schneider et al. (2021) zeigt, dass Landschaftspläne, die nach der Veröffentlichung der DAS 2008 (Bundesregierung 2008) und der damit einhergehenden Signalwirkung zur Notwendigkeit von Klimaanpassungsvorhaben erschienen sind, vermehrt Inhalte zum Klimawandel beinhalten. Dieser Aspekt und das Alter der Pläne an sich sind potenzielle Gründe, weshalb sich die Pläne nicht stärker mit der Thematik auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach notwendigen Fortschreibungen der kommunalen Planungen, insbesondere auch der Flächennutzungsplanungen, zu stellen, um die aktuellen Herausforderungen des Klimawandels aufzugreifen (Schneider et al. 2021).

Weitere Rahmenbedingungen, die die Berücksichtigung und Umsetzung klimaanpassungsbezogener Maßnahmen beeinflussen können, sind u. a. die Größe und finanzielle Ausstattung der Kommune sowie die potenzielle Gefährdung durch klimawandelbezogene Extremereignisse und die Erfahrungen damit. Diese Faktoren wurden hier nicht berücksichtigt, aktuelle Untersuchungen stellen jedoch bspw. einen Zusammenhang von Einwohnerzahl und Klimaschutz- und Klimaanpassungsbestrebungen her (Otto et al. 2021).

7 Fazit

Die Landschaftsplanung als eigenständiges, den gesamten Naturhaushalt und das Landschaftsbild betreffendes, lenkendes Planungsinstrument hat schlussendlich eine hohe Bedeutung für die Umsetzung von Klimaanpassungsstrategien bzw. den entsprechenden naturbasierten Maßnahmen. Die Aufgaben der Landschaftsplanung, die Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege auch bezüglich klimatischer Funktionen zu konkretisieren und dafür notwendige Erfordernisse und Maßnahmen zum Schutz, zur Qualitätssicherung und zur Regeneration von Luft und Klima zu formulieren, beziehen sich auch auf die Folgen des Klimawandels. Die Aufstellung von Klimaanpassungskonzepten kann dabei hilfreich sein. Sie sollten möglichst im Vorfeld oder parallel zu Neuaufstellungen oder Fortschreibungen von Landschaftsplänen und Flächennutzungsplänen ausgearbeitet werden, um die Inhalte der Klimaanpassungskonzepte auch in diese Planungen verstärkt integrieren und die potenziellen Synergien zwischen den Instrumenten vermehrt ausschöpfen zu können. Darüber hinaus sollten Flächennutzungspläne, deren Aufstellung lange Zeit zurückliegt, neu aufgestellt werden. Hier bieten sich wiederum Potenziale, Maßnahmen der Klimaanpassung zu integrieren. Hilfreich wäre es weiterhin, das Konzept der naturbasierten Anpassung an den Klimawandel stärker als Begründung für Maßnahmen heranzuziehen, die bereits im Repertoire der Landschaftsplanung vorhanden sind, um die Umsetzungschance angesichts des aktuellen Gewichts klimarelevanter Themen zu erhöhen. Dazu sollte das Konzept der naturbasierten Anpassung weiter verbreitet und den Akteuren der Landschaftsplanung bekannt gemacht werden, z. B. durch die Bereitstellung von Leitfäden für Kommunen.

8 Literatur

  BMUV/Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2022): Sofortprogramm Klimaanpassung. Förderung und Kompetenzaufbau – Beratung vor Ort – bessere Vernetzung. BMUV. Berlin: 9 S.

  Bosch & Partner GmbH (2021): Klimaschutzteilkonzept. Anpassung an den Klimawandel im Kreis Lippe. Bosch & Partner GmbH. München: 104 S.

  Bundesregierung (2008): Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Bundesregierung. Berlin: 78 S.

  Bundesregierung (2015): Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Bundesregierung. Berlin: 275 S.

  Bundesregierung (2020): Zweiter Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Bundesregierung. Berlin: 61 S.

  Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr (Hrsg.) (2016): Landschaftsprogramm Bremen 2015. Teil Stadtgemeinde Bremen. Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Bremen: 319 S.

  Geneletti D., Zardo L. (2016): Ecosystem-based adaptation in cities: An analysis of European urban climate adaptation plans. Land Use Policy 50(2): 38 – 47. DOI: 10.1016/j.landusepol.2015.09.003

  Hansestadt Lübeck (2019): Lübeck sorgt vor: Klimaanpassungskonzept für die Hansestadt Lübeck. Grundlage zur Aktualisierung und Erweiterung des Thematischen Landschaftsplans Klimawandel. Hansestadt Lübeck. Lübeck: 193 S.

  Heiland S., Wilke C. et al. (2011): Anpassung der Landschaftsplanung an den Klimawandel. Hinweise zu Inhalten, Arbeitsschritten und Prozessen eines Landschaftsplans. Naturschutz und Landschaftsplanung 43(12): 357 – 363.

  Huber B., Dunst L. (2021): Klimaanpassung in der Bauleitplanung. Zum Integrationsstand klimaanpassungsrelevanter Maßnahmen in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen mittelgroßer Städte Deutschlands. Raumforschung und Raumordnung. Spatial Research and Planning 79(5): 501 – 517. DOI: 10.14512/rur.34

  Kahlenborn W., Porst L. et al. (2021): Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland. Teilbericht 6: Integrierte Auswertung – Klimarisiken, Handlungserfordernisse und Forschungsbedarfe. Climate Change 25/2021. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau: 172 S.

  Landesportal Schleswig-Holstein (2021): Landschaftsrahmenplanung. https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/L/landschaftsplanung/lp_03_Landschaftsrahmenplanung.html (aufgerufen am 18.1.2024).

  LfU/Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) (2011): Fachbeitrag zum Landschaftsrahmenplan der Region Donau-Wald (12). Landschaftsplanerisches Fachkonzept mit Fachbeitrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege für den Regionalplan. LfU. Augsburg: 222 S.

  May A., Arndt P. et al. (2016): Kommunale Klimaanpassung durch die Landschaftsplanung. Ein Leitfaden. Reihe KLIMOPASS-Berichte. Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. Karlsruhe: 246 S.

  Otto A., Kern K. et al. (2021): Ranking local climate policy: Assessing the mitigation and adaptation activities of 104 German cities. Climatic Change 167(1 – 2): e5. DOI: 10.1007/s10584-021-03142-9

  Schmidt C. (2018): Landschaftsplanung. In: ARL – Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Handwörterbuch der Stadt- und Raumentwicklung. ARL. Hannover: 1.355 – 1.366.

  Schmitt H.C. (2016): Klimaanpassung in der Regionalplanung – Eine deutschlandweite Analyse zum Implementationsstand klimaanpassungsrelevanter Regionalplaninhalte. Raumforschung und Raumordnung 74(1): 9 – 21. DOI: 10.1007/s13147-015-0375-2

  Schneider P., Walz A. et al. (2021): Ecosystem-based adaptation in cities: Use of formal and informal planning instruments. Land Use Policy 109(5): e105722. DOI: 10.1016/j.landusepol.2021.105722

  Schumacher J., Schumacher A. et al. (2014): Naturschutzrecht im Klimawandel. Springer. Berlin: 378 S.

Zurück zum Artikel

Milena Miechielsen

Korrespondierende Autorin

Universität Potsdam

Arbeitsgruppe Landschaftsmanagement

Karl-Liebknecht-Straße 24 – 25

14476 Potsdam-Golm

E-Mail: miechielsen@uni-potsdam.de

 

Die Autorin absolvierte ihr Bachelorstudium (B. Sc.) in Geoökologie an der Universität Potsdam. Im Anschluss studierte sie an der Beuth Hochschule für Technik Berlin im Master „Urbanes Pflanzen- und Freiraummanagement“ (M. Eng.). Seit Juni 2021 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der AG Landschaftsmanagement an der Universität Potsdam. Hier beschäftigt sie sich vornehmlich mit Inhalten zur strategischen und praktischen Klimaanpassung im urbanen Raum. Sie arbeitet an Lösungen, wie Städte und deren Bewohnerinnen und Bewohner sich auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten können. Daneben beschäftigt sie sich auch zunehmend mit klimarelevanten Themen in der Landschaftsplanung.

NuL_07_2024_Miechielsen_Vita.jpg

Prof. Dr. Torsten Lipp

Hochschule Neubrandenburg

Fachbereich Landschaftswissenschaften und Geomatik

Brodaer Straße 2

17033 Neubrandenburg

E-Mail: lipp@hs-nb.de

Autoren

Ähnliche Artikel

  • Berücksichtigung kumulativer Wirkungen in der Umweltplanung ...
    Weiterlesen...
  • Weiterentwicklung der Landschaftsplanung
    Weiterlesen...
  • Von der Theorie zur Umsetzung: Stadtnatur und doppelte Innenentwicklung ...
    Weiterlesen...
  • Ökologie, Naturschutz und ökologisch orientierte Landschaftsplanung ...
    Weiterlesen...
  • Gesundheitsförderung durch städtische Grünräume
    Weiterlesen...
  • Das neue Fachdatenmodell Landschaftsplanung im Standard XPlanung – ein Beitrag f...
    Weiterlesen...
  • Aktueller Stand der Landschaftsrahmenplanung in Deutschland: Aufstellung, Fortsc...
    Weiterlesen...
  • Entstehung und Entwicklung der Landschaftsplanung – eine Auswertung von Auf...
    Weiterlesen...