Silke Lütt, Ronja Wörmann, Lena Watermann und Simon Kellner
Zusammenfassung
Im Rahmen der Biotopkartierung Schleswig-Holsteins von 2014 bis 2020 wurde entgegen den Zielen des Biotopschutzes eine sehr hohe Flächendynamik festgestellt. Mit Hilfe eines Vergleichs der Flächenverhältnisse in den Jahren 1978 – 1993 auf 140.008 ha in beiden Durchgängen kartierter Fläche wurden die Zu- und Abnahmen von Biotopen ermittelt. Im Beitrag werden die fachlichen und methodischen Ursachen dieser Veränderungen diskutiert. Bedeutende Flächenverluste konnten bei den pflegebedürftigen Biotoptypengruppen „Heiden“, „Binnendünen“, „Trockenrasen“, „mesophiles Grünland“, „Feuchtgrünland“ und „Niedermoore“ festgestellt werden. Demgegenüber nahmen anthropogene Biotoptypengruppen wie „Äcker“, „Intensivgrünland“, „Siedlungs- und Verkehrsflächen“, „Röhrichte“, „sonstige Wälder“ sowie „Gehölze und Forste“ zu. Flächenverluste bei Hochmooren stehen einer Zunahme von Moorrenaturierungsflächen gegenüber. Auch bei den Strandseen zeigte sich u. a. infolge von Renaturierungen eine signifikante Flächenzunahme. Die Ursachen für die überwiegend negativen Entwicklungen sind eine Nutzungsintensivierung durch die Land- und Forstwirtschaft, Versiegelung mit Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie Entwässerung und Eutrophierung der Biotope. Zusätzlich sind mangelnde Pflege oder Nutzungsaufgabe und damit einhergehende Ruderalisierung und Verbuschung Treiber einer insgesamt beschleunigten Sukzession. Um den Anforderungen der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 zu genügen, müssen die Pflege- und Wiederherstellungsmaßnahmen intensiviert werden und die Zerstörung von Biotopen muss stärker als bislang verhindert bzw. geahndet werden.
Biodiversität – Biotopverlust – Biotopschutz – Landschaftswandel – FlächeninanspruchnahmeAbstract
Habitat mapping conducted in the German regional state (Land) of Schleswig-Holstein from 2014 to 2020 found a highly dynamic development. This is contrary to the objectives of habitat conservation efforts. Comparing the results of this most recent habitat mapping with findings from the habitat mapping carried out between 1978 and 1993, gains and losses of habitats were quantified (based on an evaluation of a total mapping area of 140,008 ha for both surveys). This article discusses the causes, both factual and methodological, of these changes. Highly significant losses were found for management-dependent habitat types such as heaths, inland dunes, dry, mesophilic, wet and moist grasslands as well as fens. In contrast, significant increases were found for anthropogenic habitats, e. g. arable fields, high-intensity grassland and settlement and transport areas. Gains in habitat area were also found for reeds, other forest types, and copse and managed forests. While the area of bogs decreased significantly, areas of former bogs subject to restoration increased. An increase in area was also evident for beach lakes as a result of restoration efforts. The causes of observed area losses in habitat types include the increased intensity of agricultural and silvicultural management, land take for settlements and transport infrastructure, and the effects of habitat drainage and eutrophication. Furthermore, insufficient management of areas or the abandonment of land use and the associated ruderalisation and scrub encroachment are drivers of succession, which has accelerated overall. In order to meet the requirements of the EU Biodiversity Strategy for 2030, maintenance and restoration measures will need to be intensified and the destruction of biotopes prevented or penalised to a greater extent than in the past.
Biodiversity – Habitat loss – Habitat conservation – Landscape change – Land takeInhalt
1 Einleitung
Biotopkartierungen sind für den Naturschutz ein wichtiges Planungsinstrument. Die Daten können z. B. für Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen oder für die Raumordnung und den Biotopverbund herangezogen werden. Sie sind wichtige Grundlagen für die Durchführung der Eingriffs- und Ausgleichsregelung, für die Berichtspflichten der Fauna-Flora-Habitat(FFH)-Richtlinie oder die Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und der daraus für Bund und Länder resultierenden Anforderungen. Schleswig-Holstein führte seine erste selektive Biotopkartierung von 1978 bis 1993 kreisweise durch und aktualisierte diese in den Folgejahren zunächst nicht (Kaiser et al. 2013). Vor dem Hintergrund starker landes- und bundesweiter Grünlandverluste (z. B. BfN, BBSR 2014; Leuschner et al. 2014) startete das Bundesland 2014 aber mit einer landesweiten Erfassung des Wertgrünlands (Lütt et al. 2018) und schloss 2015 – 2020 die landesweite Erfassung der nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Verbindung mit § 21 Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) Schleswig-Holstein geschützten Biotope sowie der gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen (LRT) auf der Basis von Prüfkulissen (Verdachtsflächen für diese Wertbiotope) an (LLUR 2022). Sämtliche Daten stehen seit 2017 in einem öffentlich zugänglichen Biotopportal zur Einsicht oder als Download (Shape-Format) zur Verfügung (MEKUN 2023). Der vorliegende Beitrag stellt einen Vergleich der Biotopkartierungsdaten von 1978 bis 1993 mit jenen von 2014 bis 2020 vor und quantifiziert für die betrachteten Zeiträume Flächenveränderungen bezogen auf Biotoptypengruppen.
2 Methoden
Die Verwendung heterogener Datensätze für die Ermittlung von Biodiversitätstrends ist aufgrund inkonsistenter Vorgehensweisen methodologisch anspruchsvoll und Gegenstand des Forschungsvorhabens „sMon“ am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig (iDiv 2023). Der hier verfolgte Auswertungsansatz lehnt sich an vergleichbare Auswertungen von Biotopdaten an, wie sie im Projekt sMon entwickelt wurden und für Biotopdaten aus Hamburg (Lüttgert et al. 2022) und aus Baden-Württemberg (Lüttgert 2023; Lüttgert et al. 2024) Anwendung fanden. Die methodologischen Schwierigkeiten bei der Auswertung der Datensätze aus Schleswig-Holstein beruhen auf unterschiedlichen Kartierkulissen und Unterschieden in der Kartiermethodik bzw. -genauigkeit.
2.1 Erste Biotopkartierung
Die erste landesweite, selektive Biotopkartierung (BK1) wurde in Schleswig-Holstein zwischen 1978 und 1993 durchgeführt. Der Fokus lag hierbei auf Flächen, bei denen wertvolle Biotope erwartet wurden, um diese dann erstmalig systematisch zu erfassen. Dabei wurden insgesamt 147.584 ha Fläche kartiert (ca. 9 % der Landesfläche). Dennoch entsprach dies nur einem Teil der Fläche, die nach heutigen Maßstäben auch zum damaligen Zeitpunkt schon Wertbiotope umfasste. So wurden bspw. großflächige Bereiche mit mesophilem Grünland aufgrund des damals nicht vorhandenen Schutzstatus und des noch relativ häufigen Vorkommens nicht kartiert. Mesophiles Grünland wurde nur dann in die Kartierung aufgenommen, wenn es im Komplex mit anderen seinerzeit gesetzlich geschützten Biotopen vorkam. Die Aufnahme der Biotopflächen erfolgte im Maßstab 1 : 25.000. Während der BK1 wurden etwa 60 Biotoptypen unterschieden (LN 1991; siehe Tab. A im Online-Zusatzmaterial unter https://www.natur-und-landschaft.de/extras/zusatzmaterial/). Pro Kartiereinheit, also innerhalb einer räumlichen Abgrenzung, durften bei dieser Erstaufnahme bis zu 10 verschiedene Biotoptypen mit ihren prozentualen Flächenanteilen erfasst werden. Eine flächenscharfe Zuordnung der Biotoptypen innerhalb der Kartiereinheit fand allerdings nicht statt.
2.2 Zweite Biotopkartierung
Die zweite landesweite, selektive Biotopkartierung (BK2) wurde zwischen 2014 und 2020 durchgeführt. In dieser Aufnahme wurden Flächen im Maßstab 1 : 5.000 kartiert und es wurden ungefähr 600 Biotoptypen differenziert (LLUR 2019; siehe Tab. A im Online-Zusatzmaterial). Dabei wurden nicht nur neue Biotoptypen hinzugefügt, sondern v. a. bereits vorhandene stärker differenziert. Während dieser Kartierung wurden alle bereits kartierten Flächen erneut erfasst sowie weitere Flächen erstmalig kartiert. Insgesamt wurden bei der BK2 363.134 ha Fläche aufgenommen (ca. 23 % der Landesfläche). Für die BK2 wurde zudem die Vorgabe geändert, wie eine Kartiereinheit festzulegen ist. Bei der BK2 erfolgte die räumliche Abgrenzung anhand des Vorkommens eines Biotoptyps. Jede Kartiereinheit umfasst damit einen Biotoptyp, der als Hauptcode (siehe Kasten 1) erfasst wurde. Potenzielle weitere, in sehr kleinem Umfang vorkommende Biotoptypen konnten in bis zu drei Nebencodes erfasst werden, allerdings wurde nur bei Wertbiotopen auch ein prozentualer Flächenanteil dieser Nebencodes erfasst. Spezielle strukturelle Biotoptypen (z. B. Binnendünen, Quellen), die überlagernd zum vegetationsbedingten Biotoptyp vorkommen können, wurden als Strukturcode erfasst. Insgesamt erfolgte die BK2 also sehr viel differenzierter.
Kasten 1: Erläuterungen von Fachbegriffen in Anlehnung an Kartieranleitung und Standardliste der Biotoptypen Schleswig-Holstein (LLUR 2019). Box 1: Explanations of technical terms based on mapping instructions and standard list of biotope types in Schleswig-Holstein (
LLUR 2019).
Biotop: Ein konkret abgrenzbarer Lebensraum einer Lebensgemeinschaft in einem Gebiet.
Biotoptyp: Ein abstrahierter Typus aus der Gesamtheit gleichartiger Biotope mit vergleichbarer Vegetation; bezeichnet hier zur Vereinfachung die übergeordneten Biotoptypengruppen.
Biotoptypengruppe: Übergeordnete Zusammenfassung verwandter Biotoptypen, z. B. Trockenrasen, Heiden, Küstendünen.
BK1: Erste landesweite, selektive Biotopkartierung in Schleswig-Holstein, durchgeführt zwischen 1978 und 1994.
BK2: Zweite landesweite selektive Biotopkartierung in Schleswig-Holstein, durchgeführt zwischen 2014 und 2020.
Kartiereinheit: Räumliche Abgrenzung eines Biotops. Einer BK1-Kartiereinheit können bis zu zehn Biotoptypen anteilig zugeordnet sein. Einer BK2-Kartiereinheit können ein Hauptcode und ggf. zusätzlich bis zu drei Nebencodes sowie ein überlagernder Strukturcode zugeordnet sein. Bezugsebene der Auswertungen sind BK1-Kartiereinheiten.
Hauptcode: Prägender bzw. vorherrschender Biotoptyp auf einer Fläche.
Nebencode: Wird einer Kartiereinheit zugeordnet, wenn eine Verzahnung des Hauptcodes mit weiteren Biotoptypen geringeren Flächenanteils besteht.
Strukturcode: Überlagernder, durch geomorphologische oder hydrologische Strukturen bedingter Biotoptyp (z. B. Binnendünen, Quellen). Dieser wird immer nur in Kombination mit einem Hauptcode, ggf. zuzüglich Nebencode(s) vergeben.
2.3 Vergleich der beiden Biotopkartierungen
Für die vorliegende Auswertung wurden die Ergebnisse von BK1 und BK2 miteinander verglichen. Aufgrund der unterschiedlichen Datengrundlage waren mehrere Anpassungen notwendig, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die BK2-Biotoptypen wurden entsprechenden BK1-Biotoptypen zugeordnet und zu „übergeordneten Biotoptypengruppen“ zusammengefasst. So umfasst bspw. die Biotoptypengruppe „Ruderal- und Hochstaudenfluren“ 17 BK2-Biotoptypen (z. B. RHf = feuchte Hochstauden, RHg = ruderale Grasfluren, RHn = Nitrophytenfluren). Die Heiden umfassen 11 BK2-Biotoptypen mit den Feucht- und Sandheiden und deren Degenerationsstadien sowie Sonderformen wie den Wacholderheiden (siehe Tab. A im Online-Zusatzmaterial). Die Zusammenfassung detaillierterer Biotoptypen zu übergeordneten Gruppen reduziert darüber hinaus auch den Effekt potenzieller Kartierfehler (siehe auch Ackermann et al. 2023). Im Folgenden bezieht sich die Bezeichnung Biotoptyp ausschließlich auf diese übergeordneten Biotoptypengruppen. Da in BK2 anders als in BK1 geomorphologische bzw. strukturelle Biotoptypen (z. B. Binnendünen, Steilhänge, Quellen) als überlagernde Strukturcodes erfasst wurden, wurden diese Strukturcodes zusätzlich zum Hauptcode ausgewertet. Dadurch ergibt sich eine Abweichung zwischen den ausgewerteten Flächensummen von BK1 und BK2.
Im direkten Vergleich der beiden Kartierungen miteinander ist außerdem zu berücksichtigen, dass in BK1 deutlich größere Flächen als eine Kartiereinheit erfasst wurden und innerhalb dieser keine flächengenaue Zuordnung der BK1-Biotoptypen stattfand. Es wird daher für diese Auswertung davon ausgegangen, dass über den Zeitraum der beiden Kartierungen ein Biotop tendenziell räumlich unverändert geblieben ist. In anderen Worten: Wurde der Biotoptyp einer (kleineren) BK2-Kartiereinheit, die innerhalb der Grenzen einer alten BK1-Kartiereinheit liegt, auch schon für diese BK1-Kartiereinheit (ohne fixe räumliche Zuordnung) erfasst, so wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um dasselbe, räumlich unveränderte Biotop handelt. Dies bedeutet, dass in der BK2 die für einen Biotoptyp erfasste Fläche zunächst immer einer entsprechenden Fläche in der BK1 zugeordnet wird. Nur wenn ein Biotoptyp innerhalb der Grenzen einer BK1-Kartiereinheit bei der BK2 eine insgesamt größere Fläche als bei der BK1 aufweist, gilt dies als eine Flächenzunahme. Entsprechend wurde eine Flächenabnahme immer dann angenommen, wenn für einen Biotoptyp keine (vollständige) Entsprechung bei der BK2 gefunden wurde. Um den Fehler bei diesem Vorgehen zu minimieren, wurde festgelegt, dass mindestens 95 % der Fläche einer BK1-Kartiereinheit in der zweiten Kartierung erneut kartiert sein müssen, also eine Überschneidung der BK1 und BK2 von mindestens 95 % gegeben ist. War der BK1-Kartiereinheit nur ein Biotoptyp zugeordnet, wurde der notwendige Anteil einer Überschneidungsfläche der BK1 und BK2 auf 10 % reduziert. Die vorliegende Auswertung betrachtet dementsprechend die Entwicklung von Biotopen der BK1 zwischen den beiden Erhebungen.
Zur Quantifizierung der im betrachteten Zeitraum stattgefundenen Flächenveränderungen (Biotopverluste und -gewinne) wurden in einem ersten Schritt die BK2-Kartiereinheiten mit den BK1-Kartiereinheiten anhand der Geometrien verschnitten (ArcGIS, Version 10.6.1; siehe Abb. 1). Die weitere Auswertung wurde mit R (Version 4.1.1; R Core Team 2019) durchgeführt. Die Schnittmenge betrug 140.008 ha. Dieser Datensatz wurde reduziert auf Kartiereinheiten mit einem ausreichenden Anteil wiederkartierter Flächen (95 % bzw. 10 % bei Flächen mit einem Biotoptyp). Anschließend wurde für jede BK1-Kartiereinheit berechnet, welche Gesamtfläche für die einzelnen Biotoptypen in der BK1 bzw. BK2 erfasst wurde. Darauf basierend wurde für jede BK1-Kartiereinheit die Flächenveränderung für jeden mindestens einmalig (BK1 oder BK2) kartierten Biotoptyp ermittelt. Unter der Annahme einer mittleren Biotopstabilität wurde diese Veränderung mittels Wilcoxon-Rangsummentest im Vergleich zu der erwarteten Stabilität der Biotopflächen (Veränderung im Mittel 0) überprüft (Funktion wilcox.test mit mu = 0). Für die genauere Betrachtung der Flächenentwicklung wurde anschließend für alle Biotoptypen differenziert, ob der Biotoptyp innerhalb der Grenzen einer BK1-Kartiereinheit in beiden Kartierungen („Flächenveränderung“), in der BK1, nicht aber in der BK2 („Flächenverlust“) oder in der BK2 erstmalig(„Flächenzuwachs“) erfasst wurde (Tab. B im Online-Zusatzmaterial). Alle Boxplots wurden mit ggplot2 (Version 2.3.5; Wickham 2016; https://ggplot2.tidyverse.org) erstellt. Die Auswertung erfolgte ausschließlich auf der Ebene der BK1-Kartiereinheiten.
Abb. 1: Schematische Darstellung der unterschiedlichen Datengrundlagen der ersten landesweiten Biotopkartierung in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) und der zweiten landesweiten Kartierung (2014 – 2020; BK2) sowie der Methodik zur Erstellung des Auswertungsdatensatzes.
Fig. 1: Schematic visualisation of the different datasets of the first state-wide habitat mapping in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) and the second state-wide mapping (2014 –2020; BK2), as well as of the methodology for creating the evaluation dataset.
Wesentliche Gründe für die ermittelten Flächenveränderungen sind im Landschaftswandel (Biotopverluste und -neuentwicklungen) zu suchen. Sie können bei einigen Biotoptypen jedoch mehr oder weniger auch auf Änderungen der Kartiervorgaben und -methoden (Kartierschlüssel, Kartiermaßstab, bessere Luftbilder u. a.) zurückzuführen sein. Daher wurden die so ermittelten Flächenveränderungen stichprobenhaft anhand verschiedener Kartiereinheiten im GIS überprüft (Abb. 2, Abb. A, B im Online-Zusatzmaterial) und deren Entwicklung einer qualitativen Betrachtung unterzogen (siehe Abb. C – G im Online-Zusatzmaterial; auch LLUR 2022). Die jeweils relevanten Gründe für die festgestellten Flächenveränderungen werden in Abschnitt 4 diskutiert.
Abb. 2: Heideflächen der Grambeker Heide (Luftbildaufnahme 2021). Während der ersten landesweiten Biotopkartierung in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) wurde die gesamte innerhalb der türkisen Markierung liegende Fläche als Heide kartiert. Bei der zweiten landesweiten Kartierung (2014 – 2020; BK2; orange Grenzen) konnte lediglich in den orange eingefärbten Flächen erneut Heide kartiert werden. Die restlichen Flächen bestehen hauptsächlich aus Nadel- und Mischforsten sowie Intensivgrünland.
Fig. 2: Heath habitats at Grambeker Heide (aerial photograph 2021). During the first state-wide habitat mapping in Schleswig-Holstein (1978 –1993; BK1), the entire area within the turquois borders was mapped as heath. The second state-wide habitat mapping (2014 – 2020; BK2; orange borders) only found heath habitats in the orange filled areas. The other areas were found to consist of forests (conifer and mixed) and intensively managed grassland.
Für die Abbildungen zu den Flächenveränderungen ausgewählter Biotoptypen (Abb. 3, Abb.4, Abb. C – G im Online-Zusatzmaterial) wurde der Gesamtdatensatz (ohne Anwendung der 95 %-Grenze bzw. 10 %-Grenze) zugrunde gelegt. Für die detaillierte Auswertung der Entwicklung ausgewählter Biotoptypen (Abb. 3, Abb. D, E, G im Online-Zusatzmaterial) wurden darüber hinaus nur Biotoptypen mit einer Fläche > 10 ha berücksichtigt.
Abb. 3: Biotoptypen auf ehemaligen Heidestandorten, die bei der zweiten landesweiten Biotopkartierung in Schleswig-Holstein (2014 – 2020; BK2) erfasst wurden. Die Heidestandorte wurden bei der ersten landesweiten Kartierung (1978 – 1993; BK1) erfasst. Die Auswertung basiert auf dem Gesamtdatensatz (ohne 95 %-Einschränkung). Dargestellt sind nur Biotoptypen von mehr als 10 ha Größe.
Fig. 3: Habitat types on former heath area that were mapped as part of the second state-wide habitat mapping in Schleswig-Holstein (2014 – 2020; BK2). The heathland sites were recorded during the first state-wide mapping (1978 – 1993; BK1). Analyses are based on the complete dataset (without 95 % restriction) and refer to habitat types > 10 ha in size.
Abb. 4: Entwicklung ausgewählter Biotoptypen im Zeitraum zwischen der ersten landesweiten Biotopkartierung in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) und der zweiten landesweiten Kartierung (2014 – 2020; BK2). Die farbigen Bänder links stellen die Ausgangsbiotope (BK1) dar, die sich bis 2020 in unterschiedliche Biotoptypen (BK2) entwickelt haben, die rechts abzulesen sind. Die Breite der Bänder korrespondiert mit der Größe der Flächen. Die Farbe der Bänder wird durch den Biotoptyp zu Beginn der Entwicklung bestimmt und wechselt nicht, auch wenn ein Übergang zu einem anderen Biotoptyp stattfindet.
Fig. 4: Development of selected habitat types in the period between the first state-wide habitat mapping in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) and the second state-wide mapping (2014 – 2020; BK2). Coloured bands on the left are the initial habitat types (BK1) that transitioned into different habitat types (BK2) until 2020 depicted on the right. The width of the bands corresponds to the size of the areas. The colour of the bands is determined by the biotope type at the start of development and does not change, even if a transition to another biotope type takes place.
3 Ergebnisse
Der Vergleich zwischen den beiden in Schleswig-Holstein landesweit durchgeführten, selektiven Biotopkartierungen zeigt insgesamt eine sehr dynamische Entwicklung auf den für diese Auswertung betrachteten Flächen. Sämtliche Ergebnisse (einschließlich des Signifikanzniveaus) sind in Tab. B im Online-Zusatzmaterial dargestellt. Ersichtlich sind daraus drastische Flächenveränderungen der betrachteten Biotoptypen in den letzten Jahrzehnten (maximal 43 Jahre). Dargestellt werden aufsummierte Flächenzu- und -abnahmen in ha der Auswertungskulisse, Veränderungen der Einzelflächen, komplette Flächenverluste sowie -gewinne). Während anthropogene Biotoptypen wie Äcker, Intensivgrünland und Forste sowie Siedlungs- und Verkehrsflächen um das Vielfache in Anzahl und Fläche zugenommen haben, sind besonders Wertbiotoptypen des Offenlands sowie Hoch- und Niedermoorflächen mehrheitlich von einem deutlichen Flächenrückgang betroffen (Abb. 5).
Abb. 5: Summarische Flächengewinne bzw. -verluste bei einzelnen Biotoptypen im Zeitraum zwischen der ersten landesweiten Biotopkartierung in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) und der zweiten landesweiten Kartierung (2014 – 2020; BK2).
Fig. 5: Total gains and losses of area of different habitat types, quantified for the timespan between the first (1978 –1993; BK1) and second (2014 – 2020; BK2) state-wide habitat mapping in Schleswig-Holstein.
Obwohl die während der BK1 erfassten anthropogen geprägten Flächen in einigen Fällen sowohl Flächenrückgänge als auch komplette Verluste verzeichneten, zeigen diese in der Gesamtfläche eine hoch signifikante und erhebliche Flächenzunahme (Tab. B im Online-Zusatzmaterial). Während bspw. rund 22 % der Ackerflächen bzw. rund 15 % der wenigen in der BK1 bereits erfassten Intensivgrünländer (siehe Abschnitt 2) heute nicht mehr als solche erhalten sind, besteht die Gesamtfläche dieser beiden Biotoptypen bei der BK2 fast vollständig aus Flächen, die zuvor einem anderen Biotoptyp zugeordnet waren. Die Zuwächse der anthropogenen Biotoptypen sowohl in Anzahl als auch in der Größe führen auch bei Betrachtung der Einzelflächen in der Tendenz zu einer deutlichen Zunahme dieser Biotoptypen (Abb. 6, Tab. B im Online-Zusatzmaterial). Verkehrs- und Siedlungsflächen wurden bei der BK1 nicht erfasst, sodass es sich bei allen bei der BK2 als solche kartierten Flächen um Neuanlagen handelt, die mit einem Rückgang der Fläche anderer Biotoptypen einhergehen.
Während sich neben den Laub-, Mischholz- und Nadelforsten mit starken Flächenzunahmen (jeweils p < 0,001 bzw. nur Erstkartierung beim Mischholzforst) auch die meisten Wälder und Gehölze positiv entwickelten (siehe Abb. 6), war bei Eschensumpf- und Bruchwäldern jeweils ein Gesamtflächenrückgang von − 60,5 % (p < 0,001) und − 8,6 % (p < 0,05) zu verzeichnen (siehe Tab. B im Online-Zusatzmaterial). Eine Detailanalyse zu den Biotoptypen, die bei der BK2 auf den ehemaligen Eschensumpfwaldstandorten kartiert wurden, zeigt, dass es sich dabei überwiegend um mesophilen Wald, entwässerten Wald oder Forst handelt (siehe Abb. C im Online-Zusatzmaterial). Auch die Ruderal- und Hochstaudenfluren haben in ihrer Gesamtfläche signifikant abgenommen (− 39,4 %), wohingegen viele kleine Flächen neu entstanden sind (siehe Abb. 6, Tab. B im Online-Zusatzmaterial).
Abb. 6: Absolute Größenveränderungen der Einzelflächen der bei der ersten landesweiten Biotopkartierung in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) erfassten anthropogenen Biotoptypen im Vergleich zur zweiten landesweiten Kartierung (2014 – 2020; BK2), mit Signifikanzangabe und Median (schwarzer Strich). Die Abbildung zeigt zur besseren Veranschaulichung einen Ausschnitt aller Daten; die kleine Abbildung zeigt die komplette Verteilung; *** = p < 0,001; − = kein Vergleich möglich, da der Biotoptyp in BK1 nicht vorkam.
Fig. 6: Shifts in total area size of the individual areas of the anthropogenic habitat types recorded as part of the first state-wide habitat mapping in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) compared to the second state-wide mapping (2014 – 2020; BK2), with significance level and median (black line). The large image depicts an excerpt for enhanced visualisation while the insertion (small graph) shows the complete variance of habitat type area changes; *** = p < 0.001; − = no comparison possible as that habitat type was not present during BK1.
Besonders hohe Verluste wurden bei den Wertbiotoptypen des Offenlands festgestellt (Abb. 5, Tab. B im Online-Zusatzmaterial): Insgesamt sind hier hoch signifikante (p < 0,001) Flächenverluste bei Heiden (− 53,0 %), Feuchtgrünland (− 16,1 %), artenreichem mesophilen Grünland (− 22,1 %), Trocken- und Magerrasen (− 68,3 %) sowie Binnendünen (− 32,5 %) festzustellen. Beim artenreichen mesophilen Grünland zeigt der Vergleich zwischen den beiden Kartierungen eine erhebliche Dynamik, wobei 71,7 % der ursprünglich bei der BK1 kartierten Flächen nicht mehr als solche bei der BK2 wiederkartiert wurden. Bei den Flächen, die bei der BK2 diesem Biotoptyp zugeordnet wurden, waren 92,7 % bei der BK1 noch einem anderen Biotoptyp zugeordnet.
Während auch bei Trocken- und Magerrasen eine deutliche Dynamik (70,2 % Verlust und 62,2 % Zuwachs) erkennbar ist, zeigen die Heiden eine etwas weniger dynamische Flächenentwicklung, wobei die erhaltenen Biotopflächen durchschnittlich rund 2 ha kleiner geworden sind. Die im Mittel konstante bis leicht positive Entwicklung bei den Flächen der Feuchtgrünländer und des artenreichen mesophilen Grünlands (Tab. B im Online-Zusatzmaterial, Abb. 7) geht einher mit einer hohen Anzahl neuer, kleiner Biotope bei der BK2. Dementsprechend zeigt der Vergleich der kartierten Biotopflächen zwischen den beiden Kartierungen bei den Wertbiotopen des Offenlands auch eine deutliche Verschiebung hin zu kleineren Biotopflächen (Abb. H, Tab. B im Online-Zusatzmaterial). Die Fläche der Heiden nahm in den letzten Jahrzehnten um 53,0 % ab, überwiegend zugunsten von Küstendünen, mesophilem Grünland, Forsten, Wäldern sowie Siedlungs- und Verkehrsflächen (Abb. 3).
Abb. 7: Absolute Größenveränderungen der Einzelflächen der bei der ersten landesweiten Biotopkartierung in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) erfassten Wertbiotoptypen des Offenlandes im Vergleich zur zweiten landesweiten Kartierung (2014 – 2020; BK2), mit Signifikanzangabe und Median (schwarzer Strich). Die Abbildung zeigt zur besseren Veranschaulichung einen Ausschnitt aller Daten; die kleine Abbildung zeigt die komplette Verteilung; *** = p < 0,001.
Fig. 7: Shifts in total area size of the individual areas of high-value grassland and heathland recorded as part of the first state-wide habitat mapping in Schleswig-Holstein (1978 – 1993; BK1) compared to the second state-wide mapping (2014 –2020; BK2), with significance level and median (black line). The image depicts an excerpt for enhanced visualisation while the insertion (small graph) shows the complete variance of habitat type area changes; *** = p < 0.001.
Abb. 2 zeigt eine stichprobenartige Überprüfung der Flächenverluste der Grambeker Heide im Kreis Herzogtum-Lauenburg. Die türkise Markierung zeigt die Kartiereinheit der BK1 und wurde zu 100 % (8 ha) als Heide erfasst. In der BK2 (orangefarbene Linien) wurden nur noch 0,2 ha als Heide kartiert (orange eingefärbt).
Hochsignifikante Zunahmen in den Flächen verzeichnen Auwälder (1.155,9 %) (Abb. G im Online-Zusatzmaterial) und Strandseen (53,1 %) (Tab. B im Online-Zusatzmaterial) ebenso wie Röhrichte (81,8 %) und Quellgebiete (44,1 %) (Tab. B, Abb. I im Online-Zusatzmaterial). Biotoptypen der Stillgewässer (− 14,7 %) und Binnenlandsalzstellen (− 62,9 %) nehmen ebenso wie Niedermoore/Sümpfe (− 58,8 %) und Großseggenriede (− 31,9 %) aktuell jedoch eine kleinere Gesamtfläche ein als noch bei der BK1.
Zwar haben die Hochmoore insgesamt an Fläche verloren, der Anteil der Regenerationsflächen hat sich jedoch zu Ungunsten der Degenerationsstadien signifikant erhöht. Insbesondere randliche Flächen wurden zum Teil gerodet oder aufgeforstet und in die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung überführt (siehe Abb. A, F im Online-Zusatzmaterial). Die Hochmoor-Regenerationsflächen verzeichneten in der BK2 eine höhere Gesamtfläche (34,4 %), die sowohl auf einen hohen Anteil neuer Biotopflächen (Zuwachs um 60,7 %) als auch auf eine leichte Zunahme in der Fläche der erhaltenen Biotope (Gesamtzunahme von 33,9 ha und mittlere Zunahme von 0,2 ha pro Biotop) zurückzuführen ist. Dagegen war die Flächenbilanz für die anderen Moorstadien negativ (Abb. J, Tab. B im Online-Zusatzmaterial) und lediglich das Hochmoor-Birkenstadium zeigt sich in der Biotopentwicklung stabil.
Abb. A im Online-Zusatzmaterial stellt beispielhaft die Entwicklung bei den Hochmooren am Bebenseer Moor im Kreis Segeberg (Luftbildaufnahme 2021, BK2 im Jahr 2017) dar. In der BK1 wurde das Hochmoor zu 100 % als Pfeifengrasstadium (21,6 ha) kartiert (türkis eingerahmt). In der BK2 (farbige Flächen) wurden 12,5 ha Pfeifengras, ca. 3,0 ha Birkenwald und 0,5 ha andere Moorstadien festgestellt. Die Randbereiche werden als Intensivgrünland (3 ha) und teilweise Acker genutzt oder aufgeforstet. Insgesamt zeigt sich die Entwicklung der Wertbiotope in Schleswig-Holstein entgegen der Ziele des Biotopschutzes hoch dynamisch. Zwischen der BK1 und der BK2 ist ein großer Teil (siehe Tab. B im Online-Zusatzmaterial) der anfangs kartierten Flächen in einen anderen Biotoptyp übergegangen (Abb. 4, zeigt einen Überblick über den Wandel einiger im Rahmen der BK1 erfassten Biotoptypen bis zur Durchführung der BK2). Während die bei der BK1 kartierten Flächen größtenteils deutliche Abnahmen bei den Wertbiotoptypen zeigen, kam es insgesamt zu einer starken Zunahme bei Anzahl und Flächen anthropogen geprägter Biotoptypen.
4 Diskussion
4.1 Übergreifende Entwicklungen
Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Landschaftswandel infolge von Nutzungsintensivierung durch die Land- und Forstwirtschaft sowie durch Versiegelung mit Siedlungs- und Verkehrsflächen in Schleswig-Holstein. Sie erlauben eine Quantifizierung des seit Jahrzehnten offensichtlichen Wandels in der Landschaft. Bei nahezu allen Wertbiotoptypen sind trotz des gesetzlichen Schutzes nach § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 21 LNatSchG Schleswig-Holstein deutliche Rückgänge festzustellen, sowohl bei Biotoptypen trockener Standorte als auch bei solchen der Feucht- und Nassstandorte. Insbesondere die Biotoptypen des Offenlands haben deutlich an Fläche verloren. Die Nutzungsintensivierung in der Land- und Forstwirtschaft führte einerseits zu einem unmittelbaren Biotopverlust, aber auch zu einer direkten oder indirekten Entwässerung und Eutrophierung der Wertflächen und damit einhergehend zu deren Degeneration. Mangelnde Pflege oder Nutzungsaufgabe und damit einhergehende Ruderalisierung und Verbuschung sind ebenso entscheidende Treiber wie eine durch Eutrophierung beschleunigte Sukzession. Röhrichte und Gehölze haben sich aus diesem Grund ebenso wie durch zunehmende Verlandung ausgebreitet.
Eine drastische Zunahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr in Schleswig-Holstein findet auch bundesweit statt: Von 1992 bis 2021 ist die dafür notwendige Flächeninanspruchnahme um 11.387 km² bzw. 28,6 % angestiegen, was im deutlichen Widerspruch steht zum Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung, das auch in der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS; BMU 2007) aufgegriffen wurde, wonach die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr von 130 ha pro Tag im Jahr 2000 auf weniger als 30 ha bzw. auf 20 ha pro Tag im Jahr 2030 zu reduzieren ist (Penn-Bressel 2017; UBA 2023). In Schleswig-Holstein sind die neukartierten Siedlungs- und Verkehrsflächen eher klein (0,4 ha), was vermuten lässt, dass ein Teil davon bei der BK1 zwar schon vorhanden, aufgrund des Kartiermaßstabs aber nicht miterfasst wurde. Diese Beobachtung passt zu den Ergebnissen des Vergleichs der Biotopkartierungen der Stadt Hamburg (1979 –1994 mit 1995 – 2017; Lüttgert et al. 2022), wo ebenfalls eine drastische Zunahme von Flächen für Siedlung und Verkehr ermittelt wurde.
Auch die Biotopkartierung in Hamburg belegt eine Zunahme land- und forstwirtschaftlicher Intensivflächen und Gehölze auf Kosten wertvoller trockener und feuchter Offenlandlebensräume. Dieser rückläufige Trend wird bundesweit (Krause et al. 2011, 2014; Lütt et al. 2018) und europaweit für artenreiches Grünland trockener, feuchter und mesophiler Standorte beschrieben (Hooftman, Bullock 2012; Ridding et al. 2020). Sowohl Trocken- und Magerrasen, artenreiches mesophiles Grünland als auch artenreiches Feuchtgrünland gelten daher bundes- wie europaweit als zunehmend gefährdet (Janssen et al. 2016; Finck et al. 2017; Kontula et al. 2019).
4.2 Ruderal- und Hochstaudenfluren
Auch die ermittelte Abnahme der Ruderal- und Hochstaudenfluren in Schleswig-Holstein ist im Kontext der allgemeinen Intensivierung der Landnutzung zu sehen (Kiehl, Kirmer 2019). Dieser Trend wurde auch für Ruderalfluren der Stadt Hamburg und in Baden-Württemberg festgestellt (Lüttgert et al. 2022; Lüttgert 2023). Die aktuell intensive Bewirtschaftung geht oft bis an die Grenzen der Nutzflächen oder sogar darüber hinaus. Die gleichwohl ermittelte Zunahme vieler kleinflächiger Ruderal- und Hochstaudenfluren (siehe Tab. B im Online-Zusatzmaterial, Spalte W „Flächenzuwachs“) sind auf die zahllosen nitrophilen Gras- und Neophytenfluren zurückzuführen. Keineswegs handelt es sich dabei um artenreiche feuchte Hochstaudenfluren im Sinne des Lebensraumtyps 6430 (MELUND 2019).
4.3 Grünland
Der in Schleswig-Holstein, Hamburg und Baden-Württemberg festgestellte Trend zur Verbuschung, Aufforstung und Bewaldung (Lüttgert et al. 2022: 9; Lüttgert 2023; Lüttgert et al. 2024) in den letzten 40 Jahren kann in Hinblick auf den Klimawandel möglicherweise als Benefit betrachtet werden. Mit 1.730 km² Wald sind in Schleswig-Holstein nur 11 % der Landesfläche bewaldet und das Bundesland hat unter den Flächenländern damit den geringsten Waldanteil. Unter Gesichtspunkten des Natur- und Biotopschutzes darf diese Zunahme jedoch nicht einhergehen mit dem Verlust an wertvollen Offenlandbiotopen. Zwar zeigen die in Schleswig-Holstein ermittelten Werte beim mesophilen Grünland (− 22,1 %) und Feuchtgrünland (− 16,1 %; Tab. B im Online-Zusatzmaterial) einen Verlust an Flächen, der tatsächliche Rückgang ist allerdings weitaus umfangreicher, da bei der BK1 das jetzt als artenreich geltende mesophile Grünland und das Feuchtgrünland nicht vollumfänglich erfasst wurden (Lütt et al. 2018).
Eine detailliertere Bewertung der aktuellen Biotoptypen auf mesophilen Grünländern der BK1 zeigt, dass die beobachtete erhebliche Dynamik neben einer genaueren Ansprache als Salz- oder Feuchtgrünland auf die Umwandlung in Intensivgrünland als Hauptursache der Flächenabnahme zurückzuführen ist. Des Weiteren sind mesophile Grünländer infolge von Sukzession und Bewaldung bzw. Aufforstung verlorengegangen (siehe Abb. D im Online-Zusatzmaterial). Ein flächenscharfer Vergleich mit der Feuchtgrünlandkartierung von 1983 – 1990 ergab einen Rückgang des artenreichen Feuchtgrünlandes um 87 % (DVL 2015: 56). Etliche dieser Flächen in den großen Niederungen des Landes sind heute drainiert und melioriert oder Röhrichte (DVL 2015: 56). Dies trifft auch für die Binnenlandsalzstellen (− 62,9 %) des Landes zu (Tab. B im Online-Zusatzmaterial), die sich heute auf das Travetal beschränken, ursprünglich aber auch an der Treene vorkamen (Raabe 1965).
Eine vergleichbare Entwicklung ist auch auf den ehemaligen Trocken- und Magerrasen festzustellen. Vermutlich wurden die gesetzlich geschützten Biotope großflächig aufgedüngt und eingesät. Bei der BK2 wurden sie überwiegend als mesophiles Grünland kartiert, das erst seit 2016 in Schleswig-Holstein unter gesetzlichem Schutz steht (Lütt et al. 2018). Vielfach führte jedoch auch eine Nutzungsauflassung oder Aufforstung zur Entstehung von Ruderalfluren, Wäldern, Gehölzen und Forsten (siehe Abb. E im Online-Zusatzmaterial). Beispielhaft ist dieser Werdegang in Abb. B im Online-Zusatzmaterial an einem Vergleich der Kartierung des Standortübungsplatzes Riese im Kreis Dithmarschen nachzuvollziehen. Hier wurden in der BK1 20,8 ha Trockenrasen kartiert, in der BK2 kein einziger Hektar mehr, stattdessen mesophiles Grünland.
4.4 Heiden
Ähnlich drastische Verluste sind für die Heiden Schleswig-Holsteins zu verzeichnen: Deren Fläche hat sich trotz des bestehenden Biotopschutzes etwa halbiert. Der große Anteil ehemaliger Heideflächen, der heute als Küstendünen erfasst wurde, lässt eine methodische Ursache vermuten (siehe Abb. 3). Dem ist jedoch nicht so. Verschiedene Typen von Küstendünen wurden für die vorliegende Auswertung zusammengefasst und unabhängig von ihrer Vegetation betrachtet. Bei der BK2 werden wesentlich mehr Typen unterschieden als bei der BK1. Dennoch konnte bereits in der BK1 zwischen „Heide“ (ohne Küstendüne) und „Küstendüne mit Heide“ sowie „Küstendüne“ (ohne Heide) unterschieden werden. Für die Auswertung wurde „Küstendüne mit Heide“ zu „Küstendüne“ gestellt. Wenn also in einer BK1-Kartiereinheit „Heide“ erfasst wurde, so handelt es sich um „Heide ohne Küstendüne“. Wenn in BK2 auf derselben Fläche „Küstendüne“ kartiert wurde, so kann immer noch eine Heide auf der Küstendüne vorhanden sein. D. h. entweder hat sich hier eine Küstendüne neu entwickelt (z. B. Wanderdüne) oder es liegt ein Kartierfehler vor und in BK1 hätte nicht „Heide“, sondern „Küstendüne mit Heide“ kartiert werden müssen. Letztendlich entsteht so, selbst bei fachlich falscher Zuordnung zu einem Biotoptyp, kein Fehler in der Auswertung, da die Fläche unverändert entweder als „Heide“ oder „Küstendüne“ betrachtet wird und damit nicht für den starken Rückgang der Heideflächen ursächlich sein kann.
Auch bei den Heideflächen wird der tatsächliche Rückgang mit dem vorliegenden Vergleich vermutlich sogar unterschätzt. So wurden z. B. bei der BK2 kleine Heidesäume an den Wegrändern miterfasst. Generell fielen die deutlichen und überwiegend signifikanten Abnahmen der Wertbiotope ohne diese Biotopzuwächse noch drastischer aus. Denn der genauere Kartiermaßstab von 1 : 5.000 bei der BK2 statt 1 : 25.000 bei der BK1 führt tendenziell bei der Gesamtbetrachtung zu deutlich positiveren Ergebnissen, da er einen Teil des Flächenverlustes scheinbar kompensiert, ohne dass es sich dabei um tatsächliche Gewinne an Biotopflächen handelt. Dabei sind die mit der BK2 erfassten vielen kleinen Heidereste (oder auch artenreiche Grünländer) an Weg- und Straßenrändern zwar wichtige Trittsteinbiotope, aber sie erfüllen z. B. nicht mehr sämtliche Lebensbedingungen für an diese Lebensräume angepasste Pflanzen- und Tierarten (Minimumareale) und können daher die ihnen gegenüberstehenden Verluste kaum abfedern (z. B. Jedicke 1990; PAN 2020). Neu entstandene Wertbiotopflächen haben darüber hinaus nicht die ökologische Wertigkeit historisch gewachsener Lebensgemeinschaften (z. B. Haacks 2019).
Heiden haben Anfang des 19. Jahrhunderts fast 17 % der Landesfläche von Schleswig-Holstein und Hamburg eingenommen, Anfang der 1990er-Jahre waren es 0,33 % (Heydemann 1997: 101), heute nur noch 0,057 % (LLUR 2022). Zwar waren Anfang der 1980er-Jahre größere Heidevorkommen zu Schutzgebieten erklärt worden, effiziente Flurbereinigungsprogramme hatten jedoch trotz des gesetzlichen Schutzes die Aufgabe, „das Heideproblem“ zu lösen und die verarmten Böden in eine rentable Grünland- oder forstliche Nutzung zu überführen (Landesvermessungsamt Schleswig-Holstein 1979: 114). Auch Hooftman, Bullock (2012: 33) ermittelten für Südengland einen Rückgang der Heide um 56 % in 70 Jahren (1930 – 2000). Ein vergleichbares Schicksal ereilte auch die Binnendünen des Landes: 85 % der Binnendünen in Schleswig-Holstein wurden aufgeforstet und sind dennoch gesetzlich geschützt, aber keine Lebensraumtypen gemäß FFH-Richtlinie (siehe LLUR 2022: 51). Ridding et al. (2020: 265 ff.) konnten zeigen, dass die Verluste des Grünlands unterschiedlicher Standorte sowie der Heiden in Südengland seit 1930 linear verliefen und sich erst mit Beginn der 1980er-Jahre aufgrund beginnender Schutzmaßnahmen etwas abschwächten. Dieser Trend – starke Verluste an Wertbiotopen in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg und eine graduelle Verlangsamung der Verluste seit den 1980er-Jahren – ist für Schleswig-Holstein auch anzunehmen, mangels harter Daten aber nicht belegbar. Lediglich für die landestypischen Knicks konnte eine Verlangsamung der Verluste festgestellt werden (siehe LLUR 2022).
4.5 Moore, Sümpfe und Bruchwälder
Flächenverluste von Hoch- und Niedermooren und Sümpfen werden von Lüttgert et al. (2024) aus Baden-Württemberg ebenfalls ermittelt. Diese Biotope sind aufgrund zunehmender Entwässerung der Landschaft für die Land- und Forstwirtschaft intensiver nutzbar geworden. Der nur geringe Verlust von Bruchwäldern in Schleswig-Holstein von 8,6 % (siehe Tab. B im Online-Zusatzmaterial) ist auf den gleichzeitigen Anstieg von Flächen mit Weidengebüschen zurückzuführen, die gemäß schleswig-holsteinischer Landesverordnung über gesetzlich geschützte Biotope (Biotopverordnung) zu den Bruchwäldern gehören und durch Nutzungsaufgabe und Sukzession landesweit zugenommen haben (LLUR 2022). Vergleichbare Entwicklungen sind bundes- und europaweit bestätigt (Finck et al. 2017; Janssen et al. 2016; Kontula, Raunio 2019; Ridding et al. 2020) und werden für Moore durch flächenscharfe Vergleichskartierungen beispielhaft dargestellt (z. B. Witte, Hofer 2010).
Trotz des bestehenden gesetzlichen Schutzes von Moorflächen – in Schleswig-Holstein seit 1973 – wurden insbesondere randliche Moorflächen in Forste, Wälder und Grünland überführt. Diese typische Entwicklung wird ergänzend durch Abb. F im Online-Zusatzmaterial veranschaulicht. Dies betrifft insbesondere Moore, die nicht Naturschutzgebiet (NSG) sind (LN 1986). Demgegenüber stehen Renaturierungsbemühungen, die in Schleswig-Holstein 1978 begannen (Drews et al. 2000) und in den 1980er-Jahren durch Untere Naturschutzbehörden, Gemeinden, Kreise, die Stiftung Naturschutz und im Einzelfall auch die schleswig-holsteinischen Landesforsten in den großen Moorschutzgebieten durchgeführt wurden (z. B. NSG Dosenmoor, NSG Dellstedter Birkwildmoor, NSG Nienwohlder Moor, NSG Jardelunder Moor; siehe Lütt 2004). Allein auf Flächen der Stiftung Naturschutz in Schleswig-Holstein wurden mit dem Beginn des Moorschutzprogramms Schleswig-Holstein im Zeitraum 2011 – 2017 Wiedervernässungen auf 1.320 ha umgesetzt (Boness, Walter 2017). Die tatsächliche Zahl vernässter Flächen in den Hochmooren des Landes wird aktuell auf mehrere tausend Hektar geschätzt. Mit dem Landesprogramm „biologischer Klimaschutz“ aus dem Jahr 2020 sollen die Renaturierungsbemühungen des Landes bei Hoch- und Niedermooren bis 2030 noch deutlich intensiviert werden (siehe z. B. Voigt 2020; Stiftung Naturschutz 2023).
4.6 Röhrichte
Röhrichte gehören zu den Gewinnerbiotoptypen in Schleswig-Holstein (Abb. 5, Abb. 8 und Abb. I im Online-Zusatzmaterial). Der Zuwachs resultiert aus einer Vielzahl (1.706) neuer Flächen mit jeweils rund 2 ha Größe (siehe Tab. B im Online-Zusatzmaterial). Entstanden sind diese v. a. durch ausbleibende Nutzung von Nass- und Feuchtwiesen (DVL 2015: 56) in den Niederungen des Landes sowie durch Eutrophierung von Niedermooren oder schnelle Verlandung eutrophierter kleinerer Gewässer. Die Verbrachung wurde auch bundesweit als eine der wesentlichen Gefährdungen unserer Nasswiesen beschrieben (Dierschke et al.2004; Rosenthal, Hölzel 2009; Schneider et al. 2023). In Hamburg ist keine deutliche Flächenzunahme zu verzeichnen (Lüttgert et al. 2022: 13), was allerdings bei einer Großstadt mit hoher Flächeninanspruchnahme für Siedlung, Gewerbe und Verkehr nicht verwunderlich ist.
Abb. 8: Vergleichende Aufnahmen der Pohnsdorfer Stauung im Abstand von 15 Jahren: a) im Jahr 2007 und b) im Jahr 2022. Zu sehen ist eine Zunahme an Röhricht und Weiden.
(Foto: Uwe Dierking)
Fig. 8: Pictures taken at Pohnsdorfer Stauung comparing 15 years of development showing reed and willow encroachment: a) in 2007 and b) in 2022.
4.7 Stillgewässer
Signifikante Flächenzunahmen konnten auch bei den Strandseen festgestellt werden. Zwar wurden diese bei der BK1 vereinzelt auch als Binnengewässer erfasst und sind damit methodisch bedingte Flächenänderungen. Dennoch haben auch mehrere Renaturierungsprojekte an der Ostsee, z. B. im NSG Schmoel, durch Rückbau der Landesschutzdeiche 1989 wertvolle Strandseelebensräume geschaffen (z. B. NABU 2024).
Die deutliche Abnahme von Stillgewässern zugunsten von Verlandungsstadien wie Röhrichten, Feuchtgebüschen und Bruchwäldern ist zum Teil auf die aktuelle Ansprache als Strandseen zurückzuführen. Andererseits sind die Verluste flächenscharf dokumentiert und Ausdruck der allgemeinen Entwässerung der Landschaft im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung.
4.8 Methodische Grenzen
Davon losgelöst können der detailliertere Kartiermaßstab sowie die genaueren Kartiervorgaben (ca. 60 Biotoptypen bei der BK1 und ca. 600 Biotoptypen bei der BK2; siehe Tab. A im Online-Zusatzmaterial) in der BK2 zu methodisch bedingten Artefakten führen (vgl. Lüttgert et al. 2022: 12). Der genauere Kartiermaßstab und genauere Kartiereinheiten werden als wesentliche Ursache für die Flächengewinne z. B. bei den Quellen und Auwäldern gesehen. Quellen wurden in der BK2 auch punktuell ohne Mindestflächengröße erfasst. Die scheinbare Zunahme der Auwälder ist überwiegend dadurch bedingt, dass diese in der BK1 unter weiter gefassten Biotoptypen wie Laubwald, Gewässer oder Talniederung erfasst wurden (siehe Abb. G im Online-Zusatzmaterial).
Eine methodische Unsicherheit ist die grundsätzlich begrenzte Reproduzierbarkeit von Kartierergebnissen. Ackermann et al. (2023) zeigen mithilfe von Doppelkartierungen, dass diese bei Biotoptypen auf der kleinsten Ebene entsprechend der aktuellen Standardliste der Biotoptypen in Schleswig-Holstein (LfU 2023) nur bei 54 % liegen kann. Auf höherer Ebene, also bei der Ansprache von Biotoptypengruppen, war die Übereinstimmungsrate mit 88 % jedoch deutlich höher. Um diese Fehlerquelle zu minimieren, wurden bei der vorliegenden Auswertung die Biotoptypen zu Gruppen – z. B. zu Ruderal- und Hochstaudenfluren oder Heiden − zusammengefasst und lediglich auf höherer Ebene ausgewertet (siehe Abschnitt 2).
5 Fazit
Der Vergleich der BK1 mit der BK2 zeigt deutliche Flächenveränderungen. Gründe dafür sind v. a. Landschaftswandel (Biotopverluste und -neuentwicklungen), Änderungen der Kartiervorgaben und -methoden (Kartierschlüssel, Kartiermaßstab, bessere Luftbilder u. a.) sowie auch Kartierfehler. Die unterschiedlichen Wirkpfade sind bei den jeweils behandelten Biotoptypengruppen unterschiedlich bedeutsam. Die Auswirkungen der methodischen Einschränkungen lassen sich in Hinblick auf die bilanzierten Flächengrößen des Biotopwandels nur schwer quantifizieren, durch die gewählten Auswertungsmethoden kann ihr Einfluss allerdings nur in wenigen Fällen als Hauptursache für die starken Flächenveränderungen betrachtet werden. Trotz des bestehenden gesetzlichen Biotopschutzes wurde ein drastischer Flächenschwund bei Wertbiotopen festgestellt.
Die erschreckend deutlichen Ergebnisse sind kein schleswig-holsteinisches Sonderproblem, sondern wurden in gleicher Deutlichkeit auch für Hamburg (Lüttgert et al. 2022) und Baden-Württemberg (Lüttgert et al. 2024) nachgewiesen. Sie stellen jedoch nicht den gesetzlichen Biotopschutz per se in Frage, sondern zeigen Defizite bei der Kontrolle und Ahndung der Verstöße durch die zuständigen Naturschutzbehörden sowie bei den Anreizsystemen für die Biotoppflege durch die Landwirtschaft auf. Neben einer Aufstockung dafür nötiger personeller Ressourcen ist auch die politische Rückendeckung bei der Umsetzung z. B. von Wiederherstellungsanordnungen und bei Bußgeldverfahren zu verbessern. Gegebenenfalls auftretende Interessenskonflikte mit anderen Zielkonzepten des Landes, wie z. B. dem Wildniskonzept, müssen gelöst werden.
Darüber hinaus weisen die Ergebnisse auf deutliche Pflegedefizite hin: Entwässerung, Stickstoffeinträge und die damit einhergehende Eutrophierung erhöhen den Pflegebedarf deutlich. Dies scheint trotz bekannter Faktenlage in der Umsetzung noch nicht ausreichend berücksichtigt zu werden. Damit sich die erhaltenen Biotope auch weiterhin als Lebensräume für die daran angepassten Pflanzen- und Tierarten eignen, müssen sie stärker in den öffentlichen Fokus des Biodiversitätsschutzes genommen werden, nicht zuletzt auch um den Anforderungen der Biodiversitätsstrategie des Landes (MELUND 2021) und der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 (Geisler et al. 2022) gerecht werden zu können. Dem Naturschutz stehen umsetzungsorientierte Zeiten bevor.
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Voigt T. (2020): Moorschutz ist Klimaschutz! Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein macht Biologischen Klimaschutz zum Kerngeschäft – Artenschutzprojekte sind weiter auf Erfolgsspur. In: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.): Jahresbericht 2020. Zur biologischen Vielfalt. Jagd und Artenschutz. Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein. Kiel: 10 – 15.
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Wickham H. (2016): ggplot2. Elegant Graphics for Data Analysis. 2. Aufl. Springer. Cham: 260 S.
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Witte N., Hofer B. (2010): Massenverlust und Klimarelevanz von Moorböden durch Nutzung, am Beispiel des Großen Uchter Moores. Telma 40: 199 – 213. DOI: 10.23689/fidgeo-3007
7 Online-Zusatzmaterial
Zwei Tabellen zu Grundlagen der Auswertung und Detailergebnissen der ermittelten Flächenveränderungen sowie weitere Abbildungen sind als Online-Zusatzmaterial unter https://www.natur-und-landschaft.de/extras/zusatzmaterial/ abrufbar.