Aus Ausgabe 12-2022
Die Bedeutung genetischer Diversität für den Schutz von Tagfaltern
Von Jan C. Habel und Thomas Schmitt
Die Erhaltung genetischer Diversität ist ein zentrales Ziel eines zeitgemäßen Artenschutzes. Die Ökologie einer Art beeinflusst deren Populationsstruktur und diese wiederum die genetische Diversität und Differenzierung. So weisen ökologisch spezialisierte Arten, die meist in kleinen, geographisch isolierten Populationen auftreten, eine vergleichsweise geringe genetische Diversität auf. Dem gegenüber stehen Arten mit einer vergleichsweise breiten ökologischen Valenz, die in landschaftsübergreifenden Populationsnetzwerken existieren; durch einen permanenten Austausch von Individuen besitzen diese häufig eine relativ hohe genetische Diversität, die sie auch weitgehend erhalten können. Aus diesen beiden kontrastierenden Situationen lassen sich zwei unterschiedliche Managementstrategien für den Naturschutz ableiten: Für ökologisch spezialisierte Arten ist die Erhaltung einer möglichst hohen Habitatqualität essenziell. Solche Arten können mit ihrer einfachen genetischen Struktur auch langfristig in kleinen isolierten Vorkommen existieren – solange sich nicht ihre Lebensgrundlage ändert. Dem gegenüber stehen Arten mit einer großen ökologischen Valenz und einer hohen genetischen Diversität. Diese Arten mit ihren komplexen genetischen Strukturen können nur durch die Erhaltung ihrer Populationsnetzwerke und damit durch eine hohe Landschaftsdurchlässigkeit erhalten werden. Ein besonderes Augenmerk im Artenschutz muss deshalb auch Arten mit mittlerer ökologischer Spezialisierung und hoher genetischer Diversität zukommen, da diese nicht dauerhaft in kleinen isolierten Schutzgebieten erhalten werden können, in besonderer Weise auf Landschaftsdurchlässigkeit angewiesen sind und unter der rasant fortschreitenden Landschaftshomogenisierung leiden.
DOI: 10.19217/NuL2022-12-03