Moritz Stüber, Ulrich Mäck, Susanne Abel, Sophie Hirschelmann und Liselotte Unseld
Zusammenfassung
Die Bundesregierung hat die Zielrichtung für die Zukunft vorgegeben: Klimaschutz durch Moorschutz. Ziel des Projekts „Moor- und
Klimaschutz (MoKli) – Praxistaugliche Lösungen mit Landnutzern realisieren“ war es, Moor-Klimaschutz in fünf Modellregionen auf
landwirtschaftlich genutzten, entwässerten Moorböden anzustoßen. Das Berufsbild „Moor-Klimawirt“ wurde mit Landwirtinnen und -wirten,
die bereits Klimaschutz auf Moorböden umsetzen, für die Praxis erarbeitet. Folgende wichtige Stellschrauben wurden identifiziert:
Wertschöpfung auf nassen Moorböden ermöglichen; die Wasserwirtschaft auf die neuen Herausforderungen ausrichten; Akteure in den
Moorregionen in den Prozess einbinden; die Ausbildung von und die Kooperation unter Landnutzerinnen und -nutzern stärken. Im
MoKli-Projekt hat sich gezeigt, dass auch jetzt schon viele Landwirtinnen und -wirte gewillt sind, Moorböden nass zu bewirtschaften,
sofern ihre Anstrengungen angemessen honoriert werden. Mit entsprechender Justierung der genannten Stellschrauben können sie auch
künftig im Moor wirtschaften und damit Klimaschutz und Rohstoffe produzieren.
Moorschutz – Klimaschutz – Landwirtschaft – Paludikultur – Moor-Klimawirt – TreibhausgasemissionenAbstract
The German government has set the goal for the future: Climate protection through peatland conservation. The MoKli project aimed
to initiate peatland climate protection on drained peatland used for agriculture. In this context, a “peatland climate farmer”
occupational profile was developed for farmers who take climate action on peatland. The following components for peatland climate
protection were identified, among others: push added value of wet peatland biomass, set up water management for the new challenges,
integrate stakeholders in the development process, strengthen training and cooperation among land users. The MoKli project has shown
that many farmers are already willing to manage wet peatlands if their efforts are rewarded and recognised. Provided the
above-mentioned components are implemented, they can continue farming in the peatlands in the future and thus produce climate outcomes
and resources.
Peatland conservation – Climate protection – Agriculture – Paludiculture – Peatland climate farmer – Greenhouse gas emissionsInhalt
1 Einleitung
Für die nächsten Jahrzehnte gibt die Bundesregierung hohe Ziele im Klimaschutz vor: Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Ab
dem Jahr 2050 soll Deutschland sogar mehr Treibhausgase (THG) in natürlichen Senken binden, als es ausstößt. Eine dieser Senken soll der
Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ (land use, land use change and forestry, LULUCF) werden. Bis 2030 soll der
Sektor gemäß § 3a Bundes-Klimaschutzgesetz in der Fassung vom 18.8.2021 (BGBl. I S. 3905) bereits eine jährliche Senkenleistung von
mindestens 25 Mio. t CO2-Äquivalenten entfalten. Die Emissionen aus Moorböden werden überwiegend in diesem Sektor erfasst. Nur
ca. 2 % der organischen Böden in Deutschland sind in einem natürlich nassen Zustand (Trepel et al.
2017). Die entwässerten organischen Böden emittieren jährlich 53 Mio. t CO2-Äquivalente (berechnet nach UBA 2022). Die angestrebte Klimaneutralität stellt uns vor die Herausforderung, über
1 Mio. ha entwässerter Moorböden wiederzuvernässen, bis 2045 also rund 50.000 ha jedes Jahr (Tanneberger et al. 2021).
Diese Flächen brauchen klimaschutzgerechte, torferhaltende Wasserstände. Das lässt sich nur gemeinsam mit den Landwirtinnen und
-wirten erreichen, da der überwiegende Teil der Moorböden derzeit landwirtschaftlich genutzt wird. Hier setzt das Projekt „Moor- und
Klimaschutz (MoKli) – Praxistaugliche Lösungen mit Landnutzern realisieren“ an (gefördert durch die Nationale Klimaschutzinitiative
des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz). Im MoKli-Projekt arbeiteten der Deutsche
Verband für Landschaftspflege (DVL) und zwei Partner des Greifswald Moor Centrums (GMC), die Michael Succow Stiftung und die Universität
Greifswald, in fünf Modellregionen (Abb. 1) daran, die Anhebung der Wasserstände mit
anschließender Nutzungsänderung zu initiieren und die politischen Rahmenbedingungen für Betriebe, die auf nassen Moorböden wirtschaften,
zu verbessern. Aus der intensiven Zusammenarbeit mit Landnutzerinnen und -nutzern sowie anderen Akteuren vor Ort hat das Projektteam
Handlungsempfehlungen und Lösungsvorschläge für eine schnelle, praxistaugliche Umsetzung und eine bessere Akzeptanz für Moor-Klimaschutz
abgeleitet.
Abb. 1: Verbreitung der organischen Böden in Deutschland (aus Tegetmeyer et al. 2021,
verändert). Auf der Karte markieren gelbe Sterne die fünf Modellregionen des Projekts „Moor- und Klimaschutz (MoKli) –
Praxistaugliche Lösungen mit Landnutzern realisieren“: (1) Rhinluch in Brandenburg, (2) Obere Peene und Kummerower See in
Mecklenburg-Vorpommern, (3) Teufelsmoor und umgebende Moorgebiete mit Gnarrenburger Moor im Landkreis Osterholz in Niedersachsen,
(4) Miele- und Windberger Niederung in Schleswig-Holstein, (5) Schwäbisches Donaumoos in Bayern.
Fig. 1: Distribution of organic soils in Germany (from
Tegetmeyer et al. 2021,
modified). The five model regions of the “Peatland conservation and climate protection (MoKli) – Implementation of practicable
solutions with land users” project are indicated by yellow stars: (1) Rhinluch in Brandenburg, (2) Obere Peene and Kummerower See in
Mecklenburg-Western Pomerania, (3) Teufelsmoor and surrounding peatlands with Gnarrenburger Moor in the district of Osterholz in
Lower Saxony, (4) Miele and Windberger Niederung in Schleswig-Holstein, (5) Swabian Donaumoos in Bavaria.
2 Neues Berufsbild „Moor-Klimawirt“?
Landwirtinnen und -wirte verstehen sich selbst als Produzentinnen und Produzenten von Nahrungs- und Futtermitteln, seit mehr als
20 Jahren auch von erneuerbarer Energie. Für Landwirtinnen und -wirte im Moor erweitert sich das bisherige landwirtschaftliche
Selbstverständnis, Produzent zu sein, um die Produktion von Klimaschutz. Dafür hat das Projektteam gemeinsam mit Landwirtinnen und -wirten
das Berufsbild „Moor-Klimawirt“ erarbeitet. Die Initiative geht auf die Landschaftspflegeorganisation Arbeitsgemeinschaft
Schwäbisches Donaumoos e. V. zurück, einen MoKli-Partner, der seit über 30 Jahren mit Landwirtinnen und -wirten im Moor zusammenarbeitet.
Moor-Klimawirtinnen und -Klimawirte sind Landwirtinnen und -wirte, die bei der Bewirtschaftung von Moorböden Klimaschutzleistungen
erbringen. Sie werten und gestalten Klimaschutz auf Moorböden als neuen Betriebszweig. Den Flächenbewirtschafterinnen und -bewirtschaftern
erleichtert ein solches Berufsbild, den Umbruch der Bewirtschaftung von Moorböden in ihr Selbstverständnis als produzierende Landwirtinnen
und -wirte einzuordnen (DVL, GMC 2021).
In Deutschland profitieren wir von Pionierinnen und Pionieren, die jetzt schon auf nassen Böden wirtschaften, denn nur mit deren
Erfahrung und deren Know-how kann der Anbau von Paludikulturen (Kasten 1) binnen weniger Jahre
so ausgeweitet werden, dass Verarbeitung und Vermarktung entwickelt und bedient werden können. Wenn wir über die Finanzierung von
Klimaschutz auf Moorböden sprechen, dürfen wir Pionierinnen und Pioniere wie Sebastian Petri (Kasten 2) nicht vergessen. Als Grundlage für die Finanzierung von Moor-Klimaschutz kann ein Entgelt für die
Klimaschutzleistung vom trockenen Ausgangszustand, der CO2 in großem Maße freisetzt, zum vernässten, kohlenstoffhaltenden
Zielzustand dienen (Hirschelmann et al. 2020a). Jedoch funktioniert das nur für die
Landwirtinnen und -wirte, die noch entwässerungsbasiert arbeiten. Moor-Klimawirtinnen und -Klimawirte, die derzeit schon Moorböden nass
bewirtschaften, würden das Entgelt nicht erhalten, weil sie keine zusätzliche Klimaschutzleistung mehr erbringen können. Als Lösung bietet
sich der Ausgleich der Erschwernisse durch die nasse Bewirtschaftung an. So erreichen wir auch die Landwirtinnen und -wirte, die bereits
nass wirtschaften (Unseld, Stüber 2022).
Kasten 1: Möglichkeiten der landwirtschaftlichen Nutzung nasser Moorstandorte.
Box 1: Productive use of wet peatlands.
Rohrkolben (Typha spp.)
Die heimischen Arten des Rohrkolbens sind hochproduktive Pflanzen (bis 20 t Trockenmasse/ha und Jahr). Die Stängel bieten aufgrund
der vielen luftgefüllten Kammern im Durchlüftungsgewebe gute Voraussetzungen für die Nutzung als Baustoff, z. B. als Einblasdämmstoff
oder Dämmplatten. Wissenschaftlich begleitete Demonstrationsanbauflächen gibt es bei Neukalen1 (Abb. K1-1) und im Bayerischen Donaumoos2.
Abb. K1-1: Anbau von Rohrkolben (Typha spp.) auf der Versuchsfläche bei Neukalen.
(Foto: Stephan Busse)
Fig. K1-1: Cultivation of cattail (Typha spp.) at the experimental site near Neukalen.
Torfmoos (Sphagnum spp.)
Aus Moor- und Klimaschutzgründen müssen Alternativen zum Abbau von Hochmoortorfen für Gartensubstrate und Blumenerden gefunden
werden (ca. 8 Mio. m3 werden jährlich in Deutschland genutzt). Torfmoosbiomasse ähnelt in ihren physikalischen und
chemischen Eigenschaften gering zersetztem Torfmoostorf. Praxiserprobungen haben die Eignung von Torfmoos als Alternativsubstrat für
fossilen Torf aufgezeigt. Auf deutschlandweit knapp 20 ha werden Anbau und maschinelle Ernte (Abb. K1-2) im wiedervernässten Moor erfolgreich demonstriert (z. B. Gaudig et al.
2018).
Abb. K1-2: Beerntung von Torfmoosen (Sphagnum spp.) auf der Versuchsfläche bei Oldenburg.
(Foto: Philipp Schroeder)
Fig. K1-2: Harvesting of Sphagnum mosses (Sphagnum spp.) at the experimental site near Oldenburg.
Seggen-Nasswiesen
Auf nassen, nährstoffreichen Niedermoorböden bilden hochwüchsige Seggen (Carex spp.) produktive Dominanzbestände aus
(Abb. K1-3). Nasswiesen weisen eine hohe Artenvielfalt auf und sind naturschutzfachlich
wertvoll, so für Kiebitz (Vanellus vanellus) und Bekassine (Gallinago gallinago) (Närmann et al. 2021). Stofflich interessant sind Seggen z. B. zur Herstellung von Faserplatten, Papier oder
Formteilen.
Abb. K1-3: Anbau von Seggen (Carex spp.) auf der Versuchsfläche im Leipheimer Moos.
Fig. K1-3: Cultivation of sedges (Carex spp.) at the experimental site in the Leipheimer Moos (fen
peatland).
Beweidung mit Wasserbüffeln (Bubalus arnee)
Die Beweidung mit Wasserbüffeln ermöglicht eine extensive Nutzung nasser Niedermoorstandorte (Abb. K1-4). Wasserbüffel besitzen eine besondere Klauenphysiologie, wodurch sie ganzjährig nasse Standorte begehen
können. Sie werden in der Landschaftspflege eingesetzt, um Binsen und Gehölze zurückzudrängen und nasse Standorte offen zu halten.
Durch selektiven Fraß und Trittschäden entstehen eine vielfältige Vegetation und Bodenstruktur. Zahlreiche Vogelarten nutzen die Weiden
als Brut- und Rastplatz und als Nahrungsgebiet.
Abb. K1-4: Weidetierhaltung mit Wasserbüffeln (Bubalus arnee) in der Döberitzer Heide.
(Foto: Peter Roggenthin)
Fig. K1-4: Grazing livestock with water buffaloes (Bubalus arnee) in the Döberitzer Heide.
Mehr Details und Quellenangaben zu Paludikulturen unter https://www.moorwissen.de/de/paludikultur/imdetail/pflanzenarten.php oder in den Steckbriefen für klimaschonende,
biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung von Niedermoorböden (KLIBB-Steckbriefe, Birr et al.
2021).
Endnoten
1 Paludi-PRIMA, siehe https://www.moorwissen.de/de/paludikultur/projekte/prima/index.php (aufgerufen am 13.7.2022).
2 MOORuse, siehe https://forschung.hswt.de/forschungsprojekt/958-mooruse (aufgerufen am 13.7.2022).
Kasten 2: Interview mit Moor-Klimawirt Sebastian Petri vom Moorhof in der MoKli-Modellregion Rhinluch, Brandenburg.
Box 2: Interview with peatland climate farmer Sebastian Petri of the Moorhof farm in MoKli model region Rhinluch,
Brandenburg.
Sebastian Petri (Abb. K2-1) betreibt den Moorhof in der MoKli-Modellregion Rhinluch in
Brandenburg. Am 26.4.2022 beantwortete er im Rahmen des Projekts die folgenden Interviewfragen:
Abb. K2-1: Moor-Klimawirt Sebastian Petri auf seiner Moorraupe.
(Foto: Peter Roggenthin)
Fig. K2-1: Peatland climate farmer Sebastian Petri on his peatland groomer.
Warum bewirtschaften Sie Moorflächen mit relativ hohen Wasserständen und wo liegen die Herausforderungen der
Bewirtschaftung?
Kurz zusammengefasst kann man sagen: Moor muss nass! Daran führt kein Weg vorbei, wenn man es sinnvoll schützen möchte. Auch für
die natürliche Flora und Fauna der Moore ist Wasser unabdingbar. In Zeiten der Knappheit sollte Wasserrückhalt generell ein Thema sein.
Die Moore degradieren jedes Jahr und wir verlieren ohne eine feuchte Bewirtschaftung buchstäblich den Boden unter den Füßen. Ich hoffe,
dass wir den Standort Moor auch für folgende Generationen erhalten können und uns nicht vorwerfen müssen: „Wir haben es ja gewusst,
aber nichts gemacht.“
Die größte Herausforderung neben der sehr speziellen Bewirtschaftungstechnik ist die Verwertung der aufkommenden Biomasse. Die
Biomasse ist oft für die Tierfütterung nicht mehr zu verwenden und für die industrielle Verarbeitung zu inhomogen. Es ist sehr schwer,
potenzielle Abnehmer für die Biomasse zu finden.
Wie haben Sie die Bewirtschaftungstechnik an die Auswirkungen der hohen Wasserstände auf Ihren Flächen angepasst?
Bei unserer Bewirtschaftungstechnik hat sich immer mehr die Verringerung des Bodendrucks in den Vordergrund gestellt. Wir arbeiten
mit leichter Technik, breiter Aufstandsfläche und möglichst gleichmäßiger Lastverteilung. Weiterhin haben wir uns auf den Einsatz von
Moorraupen spezialisiert, weil diese Maschinen selbst unter nassen Bedingungen zurechtkommen und keinen Schaden an der Grasnarbe
verursachen.
Wohin würden Sie den Betrieb gerne entwickeln?
Ich würde den Betrieb gerne in Richtung Rohstofflieferant für viele verschiedene Einsatzzwecke entwickeln unter dem Hauptaugenmerk
auf Moor- und Klimaschutz. Das bedeutet die Produktion von Biomasse auf feuchten Moorwiesen mit verschiedenen Qualitätsstufen. Dort, wo
es möglich ist, Futter produzieren, auf anderen Wiesen Biomasse zur stofflichen oder chemischen Verwertung erzeugen und den Rest als
Brennstoff im hofeigenen Kraftwerk zur Strom- und Wärmeerzeugung nutzen.
Erläuterung: MoKli = Projekt „Moor- und Klimaschutz (MoKli) – Praxistaugliche Lösungen mit Landnutzern realisieren“
Wie in allen anderen Bereichen ihrer Produktion wollen Moor-Klimawirtinnen und -Klimawirte auch im Moor-Klimaschutz effizient
wirtschaften, d. h., möglichst viel Klimaschutz mit vertretbarem Aufwand leisten. Dazu muss allerdings ein Umdenkprozess in der gesamten
Moorregion angestoßen und die Entwicklung der Wertschöpfung vorangetrieben werden. Weiterhin müssen die politischen Rahmenbedingungen
angepasst werden.
3 Wie geht Klimaschutz auf Moorböden?
Durch die Entwässerung organischer Böden werden große Mengen CO2 freigesetzt. Nur durch den Stopp der Entwässerung und die
Anhebung der Wasserstände können diese Emissionen reduziert werden. Das aus Klimaschutzsicht bestmögliche Ziel sind flurnahe
Wasserstände, um den Torf zu erhalten und die THG-Emissionen des Standorts maximal zu reduzieren (Tiemeyer et al. 2020; Jurasinski et al. 2016). Bereits nasse Moorböden sollten
deshalb auch nass bleiben. Diese „torferhaltenden“ Wasserstände stellen das langfristige Ziel für die kommenden 30 Jahre dar, denn
nur so können die Pariser Klimaziele erreicht werden (Tanneberger et al. 2021). Wenn flurnahe
Wasserstände nicht möglich sind, z. B. auf Grund von Wassermangel, sollte der Wasserstand so hoch wie möglich sein, um so die
größtmögliche THG-Einsparung zu erreichen. Kann die Wiedervernässung mit Paludikultur kombiniert werden, könnte nicht nur der größte Teil
an Emissionen eingespart werden, sondern zusätzlich könnten auch fossile Rohstoffe durch Paludikulturbiomasse ersetzt oder sogar
Kohlenstoff in der Biomasse in hochwertigen Endprodukten (z. B. Dämmplatten aus Rohrkolbenbiomasse [Typha spp.] oder Schilf
[Phragmites australis] für Dachreet) längerfristig gebunden werden. Somit bliebe nicht nur der Kohlenstoffspeicher im Torf
erhalten, es könnten sogar zusätzliche Kohlenstoffsenken geschaffen werden.
Als Grundlage für die Kommunikationsarbeit in den MoKli-Modellregionen hat das GMC Kartenmaterial zur Verbreitung und
Nutzung der Moorböden sowie zu deren THG-Emissionen zusammengestellt, bspw. für die Region Obere Peene in Mecklenburg-Vorpommern (Abb. 2). Damit konnten Hotspots für Emissionen identifiziert sowie eine Gesamtbilanz für die Regionen
erstellt werden. Die Bilanzierung der CO2- und CH4-Emissionen für die Modellregionen orientiert sich am
Treibhaus-Gas-Emissions-Standort-Typen(GEST)-Ansatz (Couwenberg et al. 2011; Reichelt 2015) und basiert auf der Verbindung zwischen Standortparametern, Vegetation und
THG-Emissionen. Die Lachgasemissionen wurden nach Tier 1 der Nationalen Berichterstattung ermittelt (UBA
2019, Tab. 362). Da eine flächenscharfe GEST-Kartierung (Vegetationskartierung zur Bestimmung der Wasserstufe, die zusammen
mit der Vegetationsform einem GEST mit dazugehörigem Emissionsfaktor zugeordnet werden kann) im Gelände auf Grund der Flächengröße der
Projektregionen zu aufwändig ist, wurden bestehende Geodaten ausgewertet (Fauna-Flora-Habitat-Biotopkartierungen, Biotop- und
Landnutzungskartierungen, Landesdaten zur Verbreitung organischer Böden, teilweise ergänzende Daten aus den Feldblockkatastern und dem
Landbedeckungsmodell). Grundlegend für die Emissionsbilanzierung sind neben der Moorbodenverbreitung insbesondere auch Informationen zu
Vegetation, Nutzung und Wasserstand auf den Moorflächen, wodurch sich die Wasserstufen ableiten lassen und die Flächen dann GEST
zugeordnet werden können. Die Berechnungsmethodik ist in Reichelt (2021) beschrieben. Die
Grundlagen variieren zwischen den Gebieten je nach Verfügbarkeit und Aktualität vorhandener Daten.
Abb. 2: Treibhausgasemissionen der Moorböden in der Region Obere Peene in Mecklenburg-Vorpommern auf Basis der Moorkulisse,
Biotoptypen (2015) und Biotop- und Nutzungstypen (1991/2012) unter Berücksichtigung bereits wiedervernässter Flächen (Bearbeiter:
Christoph Schwenck, Felix Reichelt, verändert).
Fig. 2: Greenhouse gas emissions from peat soils in the “Obere Peene” model region in Mecklenburg-Western Pomerania based on
the peatland map, biotope types (2015) and biotope and land use types (1991/2022), rewetted areas already taken into account
(elaborated by Christoph Schwenck, Felix Reichelt, modified).
Somit konnte bspw. aufgezeigt werden, dass die jährlichen THG-Emissionen der über 15.000 ha Moorböden aus der Region Obere Peene etwa
330.000 t CO2-Äquivalente betragen und so etwa 1,4 % der gesamten THG-Emissionen von Mecklenburg-Vorpommern entsprechen (vgl.
Hirschelmann et al. 2020b). Diese Dimensionen sind häufig nicht bekannt und sind
überzeugende Argumente für die Umsetzung ambitionierter Moor- und Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere auch für die
(Kommunal)politik.
4 Stellschrauben für mehr Moor-Klimaschutz
In den fünf Modellregionen haben Landwirtinnen und -wirte, regionale Verbände und Entscheidungsträger zusammengearbeitet, um die
wirtschaftliche und klimaschonende Moor-Bewirtschaftung in die Fläche zu bringen. Hierfür hat das Projektteam die im Folgenden dargelegten
Stellschrauben identifiziert.
4.1 Wertschöpfung auf Moorböden gewährleisten
Landwirtschaftliche Kulturen, die auf nassen Moorböden angebaut werden, bezeichnet man als Paludikultur (Wichtmann et al. 2016). Das schließt Nassgrünland mit natürlicher, heterogener
Artenzusammensetzung ein. Anbau-Paludikulturen, z. B. Rohrkolben(Typha spp.), Schilf (Phragmites australis),
Seggen (Carex spp.) oder Torfmoos (Sphagnum spp.), werden meist sorten-/artenrein angepflanzt (Närmann et al. 2021). Landwirtinnen und -wirte möchten auf ihren Flächen produzieren und Wert
schaffen. Mit Paludikulturen bewirtschaftete nasse Moorböden sind nicht nur Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, sondern
produzieren auch wertvolle Rohstoffe (Wichtmann et al. 2016). Vor allem die stoffliche
Nutzung von Paludibiomasse hat großes Potenzial (Nordt et al. 2020), z. B. in der
Einwegproduktion oder in der Baustoffindustrie für die Produktion von Bau- und Dämmplatten, Einblasdämmung oder Faserplatten für
Möbelbauteile (Abb. 3). Auch auf Basis extensiver Beweidung, z. B. mit Wasserbüffeln,
Robustrindern oder Gänsen, kann eine vielfältige Wertschöpfungskette aufgebaut werden (Närmann et al.
2021).
Abb. 3: Verschiedene Produkte aus Moorbiomasse, darunter Einweggeschirr, Bau-, Dämm- und Faserplatten aus Rohrkolben
(Typha), Rohrglanzgras (Phalaris) und Seggen (Carex).
(Foto: Stephan Busse)
Fig. 3: A variety of paludiculture products, including disposable tableware, construction, insulation and fibre boards made
from Typha, Phalaris and Carex.
Anbau und Verwertung von Paludikulturen (Kasten 1) haben sich in den letzten Jahren stetig
weiterentwickelt. Damit Paludikulturen für die Landwirtschaft wirtschaftlich werden, ist weitere Aufbauarbeit notwendig.
Landwirtschaftliche Berufsverbände oder Landschaftspflegeorganisationen können die Landwirtinnen und -wirte bei der Recherche nach
Verwertungsmöglichkeiten unterstützen. Machbarkeitsstudien zur Aufwuchsverwertung können den Landwirtinnen und -wirten Perspektiven
aufzeigen, so geschehen in der Modellregion Teufelsmoor in Niedersachsen (Nordt et al. 2020).
Gleichzeitig müssen die Produktentwicklung und der Ausbau der industriellen Weiterverarbeitung vorangetrieben werden, um die Wertschöpfung
aus verschiedensten Produktlinien zu gewährleisten. Das dient auch der Dekarbonisierung der Wirtschaft. Dieser Prozess kann unterstützt
und gesteuert werden mit Mitteln aus dem Klimaschutz und der Wirtschaftsförderung.
4.2 Akteure der Moorregionen in den Prozess einbinden
Mit Hilfe passender Beteiligungs- und Gesprächsformate können Landnutzerinnen und -nutzer sowie andere Beteiligte einer Region für
Moorbodenschutz sensibilisiert und gewonnen werden. So können sich die Landnutzerinnen und -nutzer aktiv an den Entscheidungen zur
klimaschonenden Entwicklung der Moorregion beteiligen. Akteure können ein gemeinsames Problemverständnis und gemeinsame Lösungsansätze
erarbeiten. In den Modellregionen Miele- und Windberger Niederung in Schleswig-Holstein und Teufelsmoor in Niedersachsen wurde in
Arbeitskreisen die Verwertung von Moorbiomasse bearbeitet. Die Teufelsmoorbauern organisierten mit dem Landvolk etwa eine
Probe-Pelletierung von Nasswiesengras, kalkulierten die Einspeisung in Biogasanlagen und prüften Graspapier als Verwertungsweg. Der
Arbeitskreis Landwirte des Deich- und Hauptsielverbands (DHSV) in Dithmarschen diskutierte die Ergebnisse eines hydrologischen Gutachtens
und einer Sackungsprognose für die Region und verfolgt mit dem zuständigen Ministerium die Einrichtung eines
Demonstrationsbetriebs.
Neben den Anliegen der Landwirtinnen und -wirte sowie der Flächeneigentümerinnen und -eigentümer müssen im Moor die Interessen
weiterer Akteure integriert werden, weil die Wasserstandsanhebungen Auswirkungen über die landwirtschaftliche Flächennutzung hinaus haben.
Zu diesen Interessen zählen u. a. die des Naturschutzes, der Trinkwasserversorgung und des Tourismus. Der Dialog mit diesen Gruppen ist
oft schwierig, da die Interessen miteinander konkurrieren können. So kann etwa für den Kanutourismus auf einem Fließgewässer ein
Mindestwasserstand erforderlich sein, der dazu führen kann, dass für die Wasserstandsanhebung auf den landwirtschaftlichen Flächen nicht
genügend Wasser zur Verfügung steht – oder eben umgekehrt. Um hier Konflikte zu lösen oder gar nicht erst entstehen zu lassen, hat das
Projektteam in den Modellregionen Obere Peene in Mecklenburg-Vorpommern und Oberes Rhinluch in Brandenburg den
Landschaftsspaziergang als Dialogformat aufgegriffen und entwickelt. Dabei treffen sich verschiedenste Interessengruppen zu
einem Rundgang über eine betroffene Moorfläche und tauschen ihre Perspektiven, Erfahrungen und Ideen zur Fläche aus. Durch den Wechsel
zwischen Kleingruppengesprächen während der Gehphasen und Diskussionen in der ganzen Runde über verschiedene fachliche Impulse weichen
Fronten auf, die in anderen Situationen leicht zu Auseinandersetzungen führen können. Das Format ermöglicht den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern des Landschaftsspaziergangs offensichtlich, leichter ins Gespräch zu kommen, Vertrauen aufzubauen, sich für neue Perspektiven
zu öffnen und dabei eine Basis für Kooperation und gemeinsame Lösungen zu schaffen. Ein Filmbericht über den Landschaftsspaziergang an der
Oberen Peene vermittelt einen Eindruck der praktischen Umsetzung (Filmbericht unter https://youtu.be/9jqAq8dQlz0). Die Erfahrung in den Modellregionen hat gezeigt, dass durch Aufklärungsarbeit und Beratung die
Landwirtschaft und andere Schlüsselakteure bereit sind, an der Umsetzung von Moor- und Klimaschutz zu arbeiten. Bisher fehlen allerdings
die passenden Finanzierungsinstrumente, um hier schnell und effizient in die Umsetzung zu kommen. In vier Modellregionen wurden mit den
Akteuren Anträge auf projektbasierte Förderung ausgearbeitet – im Moment vielerorts die einzige Möglichkeit, die Umsetzung zu beginnen.
Dies ist allerdings keine schnelle und praxistaugliche Lösung, da sie aufwändig ist und für Landwirtinnen und -wirte kaum
Planungssicherheit bietet.
4.3 Die Wasserwirtschaft für Moor-Klimaschutz aufstellen
Für ein nachhaltiges Management der Wasserstände im Moor sind wasserbauliche Planungen und Maßnahmen erforderlich. Diese Aufgaben
werden vielerorts von Wasser- und Bodenverbänden (WBV) wahrgenommen. Nach dem Wasserverbandsgesetz (§ 2) obliegt ihnen die
fachliche und rechtliche Befähigung zur Unterhaltung und Entwicklung von Gewässern. Dabei berücksichtigen sie sowohl öffentliche
Interessen (Gewässer-, Boden- und Hochwasserschutz) als auch die Belange ihrer Mitglieder, der Landwirtinnen und -wirte (in manchen
Bundesländern der Kommunen). Bislang bedeutete das vielerorts, die Entwässerung der Moorböden für eine intensive Landbewirtschaftung
sicherzustellen.
WBV eignen sich als Träger für die Vernässung von Moorböden und können einen flächenwirksam effektiven Beitrag im Moor-Klimaschutz
leisten. Sie sind – zumindest in Norddeutschland – beinahe flächendeckend vertreten und verwalten in vielen Moorgebieten auch
die wasserwirtschaftliche Infrastruktur. Einige WBV unterstützen ihre Mitglieder bereits bei der Anpassung an die künftigen
Herausforderungen im Moor, so bspw. der DHSV Dithmarschen. Gemeinsam mit der Lokalen Aktion „Bündnis Naturschutz in Dithmarschen“ und
ihren landwirtschaftlichen Mitgliedern arbeitet der DHSV an wirtschaftlichen und praxistauglichen Lösungen für eine klimaschonende
Moorbewirtschaftung.
Für viele WBV bedeutet Moor-Klimaschutz, dass sich ihr Aufgabenbereich erweitert und verändert. Dies erfordert eine rechtssichere
Mandatierung der WBV für den Moor-Klimaschutz. Gleichzeitig kann die damit einhergehende außerordentliche finanzielle Belastung nicht von
deren Mitgliedern gestemmt werden, sondern muss als Klimaschutzmaßnahme mit öffentlichen Mitteln aufgefangen werden.
4.4 Zusammenarbeit ist unerlässlich
Landwirtinnen und -wirte arbeiten oft überbetrieblich zusammen, etwa um größere Anschaffungen gemeinsam zu schultern oder um
Maschinen besser auszulasten. Für die Moorvernässung ist überbetriebliche Zusammenarbeit Grundvoraussetzung: Wasserstände lassen sich
nicht oder nur mit hohem Aufwand flächenscharf begrenzen, ein Wassermanagement muss sich hier immer auf hydrologische Einheiten beziehen.
Innerhalb eines Polders oder einer Niederung sind immer auch die Flächenanrainer betroffen. Landschaftspflegeorganisationen (LPV)
koordinieren bereits überbetrieblichen Moorschutz, z. B. die Arbeitsgemeinschaft(ARGE) Schwäbisches Donaumoos in der MoKli-Modellregion
Schwäbisches Donaumoos in Bayern (Kasten 3). Neben den LPV gehören auch WBV in diese Kategorie.
Sie nutzen lokale Netzwerke und Kontakte zielorientiert für mehr Klimaschutz. Diese Strukturen sollten für die Zusammenarbeit im Moor
weiter gestärkt werden.
Kasten 3: MoKli-Modellregion Schwäbisches Donaumoos, Bayern.
Box 3: MoKli model region Swabian Donaumoos (fen peatland).
Das Schwäbische Donaumoos
● Ungefähr 4.000 ha flussbegleitendes Niedermoor in Bayern und Baden-Württemberg
● Naturschutzgebiete im Leipheimer (Abb. K3-1) und Gundelfinger Moos (Abb. K3-2)
Abb. K3-1: Nassgrünland im Leipheimer Moos.
(Foto: Jan Röder)
Fig. K3-1: Wet grassland in the Leipheimer Moos (fen peatland).
●
Abb. K3-2: Nassgrünland im Gundelfinger Moos.
(Foto: Peter Roggenthin)
Fig. K3-2: Wet grassland in the Gundelfinger Moos (fen peatland).
● Heute: grünlandgeprägte offene Kulturlandschaft, kleinparzellige Strukturen, viele Eigentümerinnen und Eigentümer, viele
Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter ● Nasse Moornutzung: extensives Grünland (Heu, für Biogasgewinnung oder Kompost), Beweidung mit Wasserbüffeln (Bubalus
arnee) und Robustrindern (Bos taurus), Anbauversuche mit Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) und Seggen
(Carex spp.) ● Treibhausgasemissionen: Ein Großteil des Schwäbischen Donaumooses emittiert jährlich 20 – 40 t CO2-Äquivalente
pro Hektar. Die wiedervernässten Flächen im Leipheimer Moos und im Gundelfinger Moos liegen jährlich bei weniger als 5 t
CO2-Äquivalenten pro Hektar (Abb. K3-3).
Abb. K3-3: Mooremissionskarte für das Schwäbische Donaumoos.
(Quelle: Matthias Drösler und Michael Kraut, verändert)
Fig. K3-3: Peatland emission map for the Swabian Donaumoos (fen peatland).
(source: Matthias Drösler and Michael Kraut, modified)
Meilensteine für Moor- und Klimaschutz
● 1991: erste Vernässungsmaßnahmen
● Seit 1998: extensive Moorbeweidung
● Seit 2011: Wiedervernässung des Leipheimer Mooses, ca. 100 ha, Reduzierung um jährlich ca. 1.300 t
CO2-Äquivalente ● Geplante Wiedervernässung des Gundelfinger Mooses, ca. 180 ha
Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos
● Moorschutz für Klima- und Artenschutz mit Landnutzerinnen und -nutzern voranbringen und als Gemeinschafts- und
Gesellschaftsaufgabe realisieren ● Planung und Koordination der Wiedervernässungsvorhaben mit Eigentümerinnen und Eigentümern sowie
Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern ● Entwicklung von Verwertungsmöglichkeiten in der Region
● Weitere Projekte: MOORuse (mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf), MOORbewi (mit der Bayerischen Landesanstalt für
Landwirtschaft), MIXED (Horizont-2020-Projekt der Europäischen Union)
Wie wird es weitergehen im Schwäbischen Donaumoos?
● Flurneuordnung nach Genehmigung des Wasserrechtsantrags im Gundelfinger Moos
● Optimierung der Wiedervernässung des Leipheimer Mooses
● Weitere Projekte und Demonstrationsvorhaben zur Einbindung der Landwirtinnen und -wirte sowie der Bevölkerung
● Ausweitung der Nassbewirtschaftung mit weiteren Moor-Klimawirtinnen und -wirten
● Realisierung von Wertschöpfung in der Region
Mehr Details zur Arbeitsgemeinschaft Donaumoos unter https://www.arge-donaumoos.de/.
Erläuterung: MoKli = Projekt „Moor- und Klimaschutz (MoKli) – Praxistaugliche Lösungen mit Landnutzern realisieren“
Bekannte Formen der Zusammenarbeit können um moorspezifische Aspekte erweitert werden, etwa bei Erzeugergemeinschaften für
Paludibiomasse oder bei Maschinengemeinschaften für Spezialtechnik. Darüber hinaus müssen Moor-Gemeinschaften als neue, zentrale
Organisationsform der Zusammenarbeit von Landwirtinnen und -wirten sowie Flächeneigentümerinnen und -eigentümern in Moorregionen etabliert
werden. Ziel der Moor-Gemeinschaft ist eine klima- und naturverträgliche sowie wirtschaftlich rentable Nutzung nasser Moorböden. Die
Moor-Gemeinschaft ist eine juristische Person mit einer Geschäftsstelle, die langfristig und öffentlich für Koordination,
Betreuung und Beratung der Mitgliedsbetriebe finanziert werden muss. Diese Geschäftsstelle kann bei einer bestehenden Organisation
(etwa LPV, WBV oder Landwirtschaftskammer) angesiedelt sein. Die Moor-Gemeinschaft sollte in das Förder- und Sanktionssystem, insbesondere
der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), eingebettet
werden (DVL, GMC 2022).
5 Ausblick
Die Politik hat das Klimaschutzpotenzial von Moorböden erkannt und eine klare Zielrichtung vorgegeben. Sie heißt: Klimaschutz
durch Moorbodenschutz. Mit der neuen GAP ab 2023 werden Paludikulturen nun auch in der 1. Säule förderfähig (Art. 4 Abs. 2a
GAP-Strategieplan-Verordnung [EU] 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates in der Fassung vom 2.12.2021). Die Flächenförderung
ab 2023 muss dazu genutzt werden, den Anbau von Paludibiomasse und die Wiedervernässung von Moorböden in die Fläche zu bringen. Das
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und
Verbraucherschutz (BMUV) stellen hierfür Mittel zur Verfügung, u. a. mit Modell- und Demonstrationsvorhaben oder dem Aktionsprogramm
Natürlicher Klimaschutz. Mit einem klaren politischen Handlungsrahmen für die Zertifizierung der Klimaschutzleistung nasser
Moorbewirtschaftung rückt auch der Handel mit privaten CO2-Zertifikaten aus der Moorvernässung in den Fokus der Landwirtschaft.
Um aus dem aktuellen Pilotstadium zu den über 1 Mio. ha entwässerter Moorböden zu gelangen, müssen wir nicht nur die Vernässung selbst,
sondern auch die vor- und nachgelagerten Bereiche adressieren (Nordt et al. 2022; Wichmann et al. 2022), insbesondere
● die Wertschöpfung aus Verarbeitung und Vermarktung von Paludibiomasse,
● die Mandatierung und Ausstattung der WBV für Moor-Klimaschutz,
● die Zusammenarbeit der Landnutzerinnen und -nutzer und
● den Austausch mit weiteren Akteuren über den Kreis der Landnutzerinnen und -nutzer sowie Eigentümerinnen und Eigentümer
hinaus.
Viele Landwirtinnen und -wirte sind gewillt, Moorböden nass zu bewirtschaften, sofern sie eine faire Honorierung ihrer Anstrengungen
für den Klimaschutz und eine langfristige Perspektive für die Bewirtschaftung bekommen (GMC et al.
2022). Eine verbesserte Akzeptanz in der Fläche bleibt ein Schlüsselfaktor für Klimaschutz auf Moorböden.
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