Birthe Thormann und Adina Arth
Zusammenfassung
Jungen Menschen bieten sich heute viele Möglichkeiten, ihr Engagement im Naturschutz auch international zu gestalten. Insbesondere in der globalen Umweltpolitik und in multilateralen Umweltabkommen wird die Jugend zunehmend als wichtiger Interessenvertreter und Akteur
wahrgenommen. In der Literatur zur Rolle nichtstaatlicher Akteure in internationalen Umweltabkommen wurde die Beteiligung der Jugend allerdings bisher kaum betrachtet. Der Artikel analysiert erstmals Umfang und Qualität der Jugendpartizipation innerhalb des Übereinkommens über die
biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) und identifiziert Grenzen und Erfolgsfaktoren für Jugendpartizipation. Zur Bewertung des Umfangs der Partizipation werden Vergleiche mit vier weiteren multilateralen Umweltabkommen gezogen (UNFCCC, UNCCD, Ramsar und
CITES). In der CBD ermöglichen die Motivation der Jugend selbst und ein hoher Grad an Selbstorganisation in einem starken Netzwerk in Kombination mit einer positiven Wahrnehmung von Seiten anderer Akteure eine gut ausgeprägte Partizipation mit viel inhaltlicher Mitarbeit. Zuletzt
werden Vorschläge für eine weitere Stärkung der Jugendpartizipation abgeleitet.
Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) – Jugend – Partizipation – internationaler Naturschutz – nichtstaatliche Akteure – multilaterale Umweltabkommen – Governance – BiodiversitätAbstract
Today, there are many opportunities for young people to get engaged in nature conservation internationally. Notably, global environmental policy and multilateral environmental agreements are increasingly recognising the youth as an important stakeholder and player. However, in
the literature on the role of non-state actors in international environmental agreements, youth participation has received hardly any attention up to now. As the first of its kind, this article provides an analysis of the extent and quality of youth participation within the Convention
on Biological Diversity (CBD) and identifies limits and success factors. To assess the extent of participation, comparisons with four other multilateral environmental agreements (UNFCCC, UNCCD, Ramsar and CITES) are drawn. In the CBD, young people's high motivation and good
self-organisation in a strong network combined with a positive perception by other actors enable well-developed participation with a large amount of substantive input. Finally, the article outlines suggestions for further enhancement of youth participation.
Convention on Biological Diversity (CBD) – Youth – Participation – International nature conservation – Non-state actors – Multilateral environmental agreements (MEAs) – Governance – BiodiversityInhalt
1 Einleitung
Insbesondere junge Menschen im Globalen Norden leben heute ganz selbstverständlich in einer vernetzten Welt. Nicht zuletzt durch erhöhte Mobilität und Digitalisierung ist die Welt für sie „kleiner“ geworden als für frühere Generationen. Geographisch weit entfernte Regionen und
andere Kulturen sind für sie nicht mehr so fremd. Sie kommen auf vielfältige Art und Weise damit in Berührung, z. B. durch Medien und Bildungsangebote. Darüber hinaus haben insbesondere in Westeuropa viele junge Menschen die Möglichkeit, etwa in Form von Austauschen, Urlaubsreisen
oder Freiwilligendiensten eigene Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Viele junge Menschen sprechen Englisch und sind technisch versiert. Globaler Informationsaustausch, Vernetzung und internationale Kontakte sind für sie alltäglich.
Diese Selbstverständlichkeiten spiegeln sich oft auch im Interesse und Engagement junger Menschen für Natur- und Umweltschutzthemen wider und erleichtern ihnen, sich jenseits ihres unmittelbaren, lokalen Umfelds zu engagieren. So spielt die Jugend auch in der internationalen
Umweltpolitik zunehmend eine wichtige Rolle und wird verstärkt als relevanter Interessenvertreter wahrgenommen. Sie ist in vielen multilateralen Abkommen und Programmen entsprechend organisiert und vertreten.
Obwohl umfassende Literatur zur Rolle nichtstaatlicher Akteure in der internationalen Umweltpolitik existiert, wurde die Beteiligung der Jugend wenig betrachtet (Thew 2018; Yunita et al.
2018). Insbesondere zur Jugendpartizipation im internationalen Naturschutz und speziell innerhalb des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) gibt es bisher kaum Literatur. Diese Lücke möchte der vorliegende Artikel adressieren.
Dazu werden zunächst verschiedene Möglichkeiten jugendlichen Engagements im internationalen Naturschutz (Abschnitt 2.1), die Rolle der Jugend in internationalen Umweltabkommen (Abschnitt 2.2) und das Jugendnetzwerk der CBD vorgestellt (Abschnitt 2.3). Anschließend wird eine Bewertung der Jugendpartizipation innerhalb der CBD vorgenommen (Abschnitt 3) und es werden die Möglichkeiten und Grenzen der Jugendpartizipation zusammengefasst sowie Vorschläge für eine weitere Verbesserung abgeleitet (Abschnitt 4).
2 Jugend im internationalen Naturschutz
2.1 Vielfalt jugendlichen Engagements im internationalen Naturschutz
Junge Menschen haben heute vielfältige Möglichkeiten, sich international im Naturschutz zu engagieren. Angebote einer Vielzahl von Programmen und Organisationen für Freiwilligenarbeit im Ausland finden großen Zuspruch. Auch klassische Formate ehrenamtlichen Engagements vor Ort,
z. B. in Schutzgebieten, Vereinen oder lokalen Projekten, haben heute oft einen internationalen Bezug. Beispiele sind internationale Jugendworkcamps, Austausche mit Partnerorganisationen oder die virtuelle globale Vernetzung einzelner lokaler Projekte.
Auch Nichtregierungsorganisationen (non-governmental organisations, NGOs) bieten als wichtige Akteure der globalen Umweltpolitik jungen Erwachsenen die Möglichkeit, im internationalen Naturschutz aktiv zu werden. Viele der großen, international agierenden NGOs haben spezielle
Angebote für junge Menschen (z. B. Greenpeace Jugend, WWF Jugend). Ebenso sind national organisierte NGOs in internationalen Netzwerken aktiv, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bei Friends of the Earth International oder der Naturschutzbund Deutschland
(NABU) bei BirdLife International. Die verschiedenen Ebenen des lokalen bis internationalen jugendlichen Engagements greifen ineinander und lassen sich nicht immer klar voneinander abgrenzen. Neben der formalisierten Jugendpartizipation im Rahmen internationaler Umweltabkommen, auf die
sich der vorliegende Artikel fokussiert, sind dies alles verschiedene Wege für junge Menschen, internationale Naturschutzpolitik mitzugestalten.
2.2 Formalisierte Jugendpartizipation im Rahmen internationaler Umweltabkommen
Im Kontext internationaler Umweltabkommen ist die Jugend als einer unter mehreren Interessenvertretern zu verstehen. Entsprechend wird Jugendpartizipation in diesem Artikel als Einbeziehung junger Interessenvertreterinnen und -vertreter in Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse
im soziologischen bzw. politischen Sinne verstanden (Hart 1992; Checkoway 2011). Entscheidend hierbei ist, dass Partizipation nicht nur nach ihrem Umfang zu beurteilen ist (etwa nach der Anzahl an
Personen, die an bestimmten Aktivitäten teilnehmen), sondern auch nach ihrer Qualität. Zentral ist, dass junge Menschen einen tatsächlichen Effekt auf den Prozess haben, eine Entscheidung und die Programmimplementierung beeinflussen (Checkoway
1998). Die Vereinten Nationen (United Nations, UN) definieren Jugend als die Gruppe von Menschen zwischen 15 und 24 Jahren (United Nations 1981a, 1981b). In der Praxis
werden auf internationaler Ebene unter Jugend jedoch häufig junge Menschen bis 30 Jahre verstanden, so auch in diesem Artikel.
Das Bestreben, die Jugend umweltpolitisch zu beteiligen, wuchs in den letzten Jahrzehnten stetig (UNICEF, United Nations Programme on Youth 2010; Dickson-Hoyle et al. 2018; United Nations 2021). Dabei werden verschiedene Gründe für die Stärkung und Förderung von Jugendpartizipation angeführt:
1. Die Einbeziehung der Jugend ist notwendig für Legitimation und Akzeptanz politischer Entscheidungsfindung. Da etwa die Hälfte der Weltbevölkerung unter 30 Jahre alt ist (United Nations, Department of Economic and Social Affairs,
Population Division 2019), kann nur so Inklusivität und Repräsentanz im Sinne demokratischer Prozesse gewährleistet werden (z. B. Hart 1992). Darüber hinaus ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ein in
Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention verankertes Recht (Convention on the Rights of the Child 1989). 2. Die junge Generation ist dem Prinzip nachhaltiger Entwicklung inhärent. Im Brundtland Report (World Commission on Environment and Development 1987) ist nachhaltige Entwicklung definiert als „development that meets the needs of the
present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“, was das Prinzip der Generationengerechtigkeit ausdrückt. Es besteht demnach eine ethische Verpflichtung, junge Menschen einzubeziehen, da deren Zukunft durch die aktuellen Umweltprobleme
stark bedroht ist. Kinder und Jugendliche sind außerdem häufig marginalisiert und besonders verwundbar. 3. Während die Jugend in den ersten beiden Argumenten vielmehr als Objekt verstanden wird, dessen Interessen es zu wahren gilt, ist die junge Generation auch ein wichtiger Akteur. Ihr inhaltlicher Input, ihr Engagement sowie ihre kreativen Lösungsansätze stellen ein großes
Potenzial und eine wichtige Ressource dar (Zeldin et al. 2000; Wong et al. 2010; Checkoway 2011).
Bei der Konferenz der UN über Umwelt und Entwicklung („Rio-Konferenz“) 1992 wurde offiziell anerkannt, dass nachhaltige Entwicklung die aktive Teilnahme aller Teile der Gesellschaft voraussetzt. Entsprechend betont die Agenda 21 die Beteiligung der Jugend als einen
Schlüsselfaktor für nachhaltige Entwicklung (United Nations Conference on Environment and Development 1992). In der Folge begannen Regierungen, internationale Organisationen und Umweltabkommen, Kinder und Jugendliche zunehmend in ihre
Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Heute ist die Jugend in vielen Organisationen und Konventionen der UN vertreten, so auch in der CBD (Yunita et al. 2018).
2.3 Das Jugendnetzwerk der CBD
Als wichtiger Meilenstein in der Entstehung der Jugendpartizipation innerhalb der CBD ist die internationale Jugendkonferenz Biodiversity on the Edge zu nennen, die 2008 im Vorfeld der 9. Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, COP 9) in Bonn stattfand
(Abb. 1). Dieser folgten weitere Jugendkonferenzen, die in diversen Erklärungen resultierten (siehe http://bit.ly/YouthDeclarations). Es bestand der Wunsch junger Menschen
nach einem internationalen Jugendnetzwerk für biologische Vielfalt und nach formeller Beteiligung an den Verhandlungen.
Abb. 1: Entwicklung der Jugendpartizipation im Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD).
Fig. 1: Development of youth participation in the Convention on Biological Diversity (CBD).
(Bearbeitung: Julia Schäfer)(editing: Julia Schäfer)
Direkt nach der COP 10, auf der die Jugend bereits in vielfältiger Weise aktiv war, wurde die Gründung dieses Netzwerks angegangen. Das Global Youth Biodiversity Network (GYBN) gründete sich offiziell 2012 bei einer Kick-off-Konferenz in Berlin. Dort wurde auch ein Statement
erarbeitet, das auf der COP 11 vorgebracht wurde (NAJU 2013). Dieses führte zur ersten COP-Entscheidung, die die Bedeutung der Jugendpartizipation im Entscheidungsfindungsprozess bestätigt und die Jugend offiziell anerkennt (CBD 2012; Abb. 1). Dementsprechend sind seit der COP 12 Kinder- und Jugendorganisationen als offizielle Interessenvertreter innerhalb der CBD anerkannt. Die Jugend hat ebenso wie andere
Gruppen (z. B. Frauen, indigene Völker und lokale Gemeinschaften) Beobachterstatus („observer“), der ihr Rede-, aber kein Beschlussrecht verleiht (GYBN 2016; Le Prestre 2017; Abb. 2).
Abb. 2: Die Jugend gehört zu den offiziellen Beobachtergruppen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD).
Fig. 2: Youth is one of the official observer groups of the Convention on Biological Diversity (CBD).
(Foto: NAJU)
GYBN versteht sich als demokratisches, ganzheitliches, transparentes globales Jugendnetzwerk für biologische Vielfalt. Seine Grundwerte umfassen u. a. Nachhaltigkeit, Frieden und verschiedene Aspekte von Gerechtigkeit mit Generationengerechtigkeit als einem zentralen Schwerpunkt.
Die globalen Probleme werden als zusammenhängende Herausforderungen verstanden, die sich nur gemeinsam international lösen lassen. Biologische und kulturelle Vielfalt werden als untrennbar angesehen (u. a. GYBN 2015; Bobo, Schwarzer 2019; Arth et al. 2021). Dieses Selbstverständnis spiegelt sich auch in der inhaltlichen Arbeit von GYBN wider: Seit der COP 10 hat die Jugend zahlreiche Statements bei COPs sowie in
Sitzungen der Nebenorgane der CBD (Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice, SBSTTA; Subsidiary Body on Implementation, SBI) und in Arbeitsgruppensitzungen vorgebracht, in denen sich häufig Themen wie Geschlechtergerechtigkeit oder die Bedeutung traditionellen
und lokalen Wissens wiederfinden (GYBN 2019).
3 Möglichkeiten und Grenzen der Jugendpartizipation am Beispiel der CBD
Da Jugendpartizipation stark kontextabhängig ist, stellt ihre Bewertung stets eine Herausforderung dar. Obwohl zahlreiche theoretische Modelle existieren, sind diese häufig kaum auf die Einzelfälle in der Praxis übertragbar (Cahill, Dadvand
2018). Die Jugendpartizipation in der CBD ist ein spezieller Fall der institutionalisierten Jugendpartizipation im UN-Kontext. Konkrete Forschung hierzu liegt noch nicht vor.
Wie in Abschnitt 2.2 beschrieben sind sowohl der Umfang der Jugendpartizipation als auch deren Qualität entscheidende Kriterien in der Bewertung von Partizipation (Checkoway 2011). Zur
Beurteilung des Umfangs der Jugendpartizipation wird die Situation innerhalb der CBD im Folgenden mit anderen internationalen Umweltabkommen verglichen. Anschließend wird die Qualität der Partizipation genauer analysiert.
3.1 Umfang der Jugendpartizipation
Zur Einordnung des Umfangs der Jugendpartizipation innerhalb der CBD wird der formale Beteiligungsrahmen mit vier weiteren Umweltabkommen verglichen. Für einen Vergleich bieten sich zum einen die beiden anderen so genannten „Rio-Konventionen“ an – die Klimarahmenkonvention (United
Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) und die Wüstenkonvention (United Nations Convention to Combat Desertification, UNCCD). Diese haben denselben historischen Ursprung (sie wurden auf der Rio-Konferenz vereinbart), womit der Entwicklung der Jugendpartizipation ein
ähnlicher Kontext und Zeitraum zur Verfügung stand. Zum anderen sollen das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, CITES) und die
Ramsar-Konvention (Übereinkommen über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel; Convention on Wetlands of International Importance especially as Waterfowl Habitat) herangezogen werden, zwei Konventionen, die sich ebenso wie die CBD
konkret auf biologische Vielfalt beziehen, aber deutlich älter sind (siehe Kasten 1).
Kasten 1: Übersicht über die Jugendpartizipation in verschiedenen multilateralen Umweltabkommen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
Box 1: Overview of youth participation in different multilateral environmental agreements (without claiming completeness).
CBD – Convention on Biological Diversity (Übereinkommen über die biologische Vielfalt, 1993)
Jugendnetzwerk: GYBN (Global Youth Biodiversity Network) – gegründet auf COP 11 (2012)
Jugendkonferenzen: Biodiversity on the Edge (2008), Asian Youth Conference on Biodiversity (2009), International Youth Conference on Biodiversity (2010), Global Youth Biodiversity Summit (geplant für 2020, verschoben)
Teilnahme an COPs: COP 10 (2010): Jugend ist vertreten und aktiv; COP 11 (2012): erste COP-Entscheidung, die die Bedeutung der Jugendbeteiligung im Entscheidungsfindungsprozess bestätigt und die Jugend offiziell anerkennt (siehe Entscheidung
UNEP/CBD/COP/DEC/XI/8); entsprechend sind seit der COP 12 (2014) Kinder- und Jugendorganisationen als offizielle Interessenvertreter innerhalb der CBD anerkannt; sie haben Beobachterstatus verbunden mit Rede-, nicht aber Beschlussrecht; Teilnahme an Plenarsitzungen und
Kontaktgruppen, auch SBSTTA-, SBI- und Arbeitsgruppensitzungen
Aktivitäten auf Konferenzen: zahlreiche Interventionen bei CBD-Sitzungen (COP, SBI, SBSTTA, Arbeitsgruppensitzungen) (https://www.gybn.org/interventions); Durchführung verschiedener eigener Side-Events
UNFCCC – United Nations Framework Convention on Climate Change (Klimarahmenkonvention, 1994)
Jugendnetzwerk: YOUNGO (Youth + NGO) – seit 2009
Jugendkonferenzen: Conference of Youth (COY), findet immer vor der COP statt (seit COP 11, 2005); lokale COYs (LCOY)
Teilnahme an COPs: seit COP 5 (1999): Teilnahme der Jugend am Prozess; COP 10 (2004): „informal youth caucus“; YOUNGO erhielt 2009 zunächst einen vorläufigen Status, dieser erlaubte: Erhalt offizieller Informationen, Teilnahme an Meetings, Erbitten von
Redezeit, logistische Unterstützung bei Konferenzen; COP 17 (2011): volle Anerkennung der Jugend; als Beobachter hat sie Rede-, aber kein Beschlussrecht und darf eingeschränkt an Plenarsitzungen teilnehmen (GYBN 2016; http://bit.ly/UN-ClimateYouth; http://www.youngo.uno/about/)
Aktivitäten auf Konferenzen: zahlreiche Aktivitäten der Jugend und für die Jugend auf UNFCCC-Sitzungen (siehe http://bit.ly/UNFCCC_Youth); YOUNGO gliedert sich in verschiedene Arbeitsgruppen, gibt Statements ab und
organisiert Side-Events auf UNFCCC-Sitzungen; auch vertreten auf weiteren klimarelevanten Konferenzen außerhalb der UNFCCC
UNCCD – United Nations Convention to Combat Desertification (Wüstenkonvention, 1996)
Jugendnetzwerk: Global Youth Caucus on Desertification and Land – gegründet auf der COP 14 (2019) (siehe Entscheidung ICCD/COP(14)/23)
Jugendkonferenzen: Desertification Youth Forum im Rahmen der COP (seit COP 13, 2017)
Teilnahme an COPs: seit COP 14 (2019) ist die Jugend formal anerkannt (siehe Entscheidung ICCD/COP(14)/23)
Aktivitäten auf Konferenzen: Desertification Youth Forum auf COP 13 und 14
Ramsar – Convention on Wetlands of International Importance especially as Waterfowl Habitat (Ramsar-Konvention, 1975)
Jugendnetzwerk: YEW (Youth Engaged in Wetlands) – besteht seit ca. 2018, entstanden aus der Youth Engagement Thematic Group of the Ramsar Culture Network; Gruppe von „young professionals“ (http://bit.ly/YEW_COP13)
Jugendkonferenzen: 2020: erstes Treffen von YEW-Vertreterinnen und -Vertretern in Tokio; 2020: Flyway Youth Forum; 2021: East Atlantic Flyway Youth Forum (virtuell, YEW als Mitveranstalter)
Teilnahme an COPs: COP 13 (2018): erste aktive COP-Teilnahme von YEW
Aktivitäten auf Konferenzen: COP 13: Workshops, Stand, eigenes Side-Event, Statements der Jugend bei der eröffnenden und abschließenden Plenarsitzung
CITES – Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (Washingtoner Artenschutzübereinkommen, 1975)
Jugendnetzwerk: Y4WC (Youth for Wildlife Conservation) – 2016 bis 2019 (2019 endete die Förderung); Netzwerk aus „early-career (wildlife) conservationists“; Ziel: u. a. Jugendplattform innerhalb von CITES (http://bit.ly/Y4WC_summary)
Jugendkonferenzen: Youth Forum on People and Wildlife (2016, vor COP 17; ist Konferenz sowie Online-Community); Youth for Wildlife Conservation Forum 2019 (http://bit.ly/Y4WC_Forum1; http://bit.ly/Y4WC_Forum2)
Teilnahme an COPs: COP 9 (1994): junge Menschen („students“) konnten teilnehmen; COP 18 (2019): erstmalig ist die Jugend formal bei CITES vertreten (Youth for Wildlife Conservation Delegation; http://bit.ly/Y4WC_COP18)
Aktivitäten auf Konferenzen: Side-Event auf COP 18
Abkürzungen: COP = Conference of the Parties (Vertragsstaatenkonferenz), NGO = non-governmental organisation (Nichtregierungsorganisation), SBI = Subsidiary Body on Implementation, SBSTTA = Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological
Advice
Da keine systematisch erhobenen Daten zum Umfang der Jugendpartizipation im Rahmen multilateraler Abkommen zur Verfügung stehen, erfolgt die Einordnung auf Grundlage der verfügbaren Informationen. Kasten 1 gibt einen Überblick über
relevante Eckdaten und Informationen wie das Alter der Konvention, das Vorhandensein formaler Beteiligungsmöglichkeiten und die Organisation der Jugend innerhalb der Abkommen. Allen fünf Abkommen ist gemeinsam, dass die Jugend bereits auf mindestens einer COP vertreten war und in einem
internationalen Netzwerk organisiert ist. In den drei Rio-Konventionen hat sich die Jugendpartizipation auf vergleichbare Weise entwickelt, indem sie zunehmend formalisiert wurde. Zunächst gab es eigene Jugendkonferenzen, die zum Teil zeitlich vor oder parallel zu den COPs stattfanden.
Es folgte eine Anerkennung durch die COP, wodurch die Jugend bzw. deren Organisation einen formalen Beobachterstatus erhielt, der ihr die gleichen Beteiligungsmöglichkeiten wie anderen Beobachtergruppen erlaubt: Als Beobachter hat sie kein Beschlussrecht, darf aber bei
offiziellen Verhandlungen sprechen und Positionen zum Ausdruck bringen.
Ein wesentlicher Unterschied zur CBD besteht darin, dass in der UNFCCC die Jugend nur eingeschränkt am Plenum teilnehmen darf. Weiterhin existieren in der UNFCCC auf Grund des höheren Teilnahmeandrangs bspw. Kontingentregeln für die Teilnahme von Delegierten der Jugend, und die
Chancen, ein Side-Event organisieren zu können, sind geringer. Dies gilt dort ebenso für die anderen Beobachtergruppen. Darüber hinaus dürfen in der CBD Beobachter fast allen Sitzungen und Kontaktgruppen beiwohnen (Gross et al. 2006). In
der UNCCD hat sich die Jugendpartizipation erst später entwickelt und ist noch wenig etabliert.
Obwohl CITES und Ramsar wesentlich älter sind, ist die Jugendpartizipation hier noch deutlich weniger weit entwickelt. Während Jugendvertreterinnen und -vertreter bereits seit mehreren Jahren an CBD- und UNFCCC-COPs teilnehmen, nahm erstmals 2018 auf der Ramsar-COP 13 die
Jugend aktiv teil. Erst 2019 war die Jugend das erste Mal formal auf einer CITES-COP (COP 18) vertreten. Die Aktivitäten der Jugend sowie deren inhaltlicher Input sind bei Ramsar und CITES weniger stark ausgeprägt. Auch die formalen Netzwerke von CBD und UNFCCC (GYBN und
YOUNGO) sind deutlich älter und etablierter als vergleichbare Netzwerke in den anderen Abkommen. Bei CITES gibt es eine engagierte Jugend, aber insgesamt scheint die Jugend hier eher als ein Akteur wahrgenommen zu werden, den es von Seiten der Vertragsstaaten bzw. des Sekretariats noch
einzubinden gilt. In der CBD hat sich die Jugend sowohl durch eine starke Eigeninitiative als auch durch eine große Unterstützung seitens verschiedener Vertragsstaaten und des CBD-Sekretariats etabliert. Die CBD gilt insgesamt als eines der inklusivsten internationalen
Umweltabkommen, wovon auch GYBN in seiner Entwicklung profitierte. Jugendpartizipation und ihre Förderung werden im CITES-Kontext als wichtig anerkannt, finden aber eher punktuell statt. Ein Mechanismus für einen konstanten Dialog mit der Jugend existiert innerhalb von CITES noch nicht
(CITES 2016a, 2016b, 2019).
Ein möglicher Grund für den vergleichsweise späten Beginn der Jugendpartizipation in den beiden älteren Konventionen könnte darin bestehen, dass in den Anfangsjahren von CITES und Ramsar Jugendpartizipation auf UN-Ebene insgesamt noch nicht entwickelt war. Unterschiede kommen
möglicherweise auch durch die unterschiedliche inhaltliche Breite der Abkommen zustande: CITES und Ramsar haben einen engeren Fokus und junge Menschen mit starkem Interesse für Artenschutz engagieren sich möglicherweise eher in praxisorientierten Projekten oder Organisationen, die
z. B. konkrete Artenschutzmaßnahmen umsetzen oder auf den Schutz von Ökosystemen abzielen. Auch werden bei CITES Regelungen für den internationalen Handel mit Einzelarten verhandelt, was weniger Bezug zu den Themen hat, die die Jugend beschäftigen. Die inhaltliche Breite der
Rio-Konventionen spricht hingegen viele junge Menschen aus dem Nachhaltigkeitskontext an, die sich umweltpolitisch engagieren möchten. In der CBD, in der die Zivilgesellschaft insgesamt eine vergleichsweise starke Stimme hat (Wulf 2021), ist
die Partizipation der Jugend im Vergleich zu anderen Umweltabkommen demnach stärker etabliert und weiter entwickelt.
3.2 Qualität der Jugendpartizipation
Obwohl die Jugend in der CBD den gleichen Status wie andere Beobachtergruppen hat und damit formal die gleichen Möglichkeiten und Grenzen, sich in die Verhandlungen und Beschlussfassungen einzubringen, unterscheiden zahlreiche Besonderheiten (Stärken wie Hemmnisse) sie von anderen
Beobachtergruppen. Der vorliegende Artikel identifiziert verschiedene Voraussetzungen für eine umfassende Befähigung und erfolgreiche Partizipation der Jugend in der CBD. Zunächst ist der formale Zugang eine wichtige Grundlage für die Beteiligung am CBD-Prozess. Dieser Zugang ist in der
CBD gegeben: Die Jugend kann durch GYBN an den COPs und an anderen Sitzungen teilnehmen und hat den offiziellen Beobachterstatus inne. Jedoch kann dieser formale Zugang nur durch die folgenden vier Empowerment-Faktoren zu echter Partizipation führen. Fehlen diese oder sind sie zu schwach
ausgeprägt, besteht keine echte Partizipation (Schein- oder Nichtpartizipation; Hart 1992). Nur wenn sie gegeben und stark genug ausgeprägt sind, kann der formale Zugang zum Prozess mit aktiver Teilnahme und Inhalten ausgestaltet werden. Sie
erlauben also ein Empowerment der Jugend (Checkoway 2011; Yunita et al. 2018).
1) Interesse und Motivation
Eine wichtige Voraussetzung für Jugendpartizipation ist zunächst der Wunsch junger Menschen, beteiligt zu werden. Diese Voraussetzung ist in der CBD gegeben. Die Teilnahme an den CBD-Prozessen wurde durch das Hinwirken einer aktiven und engagierten Jugend erreicht und kennzeichnet
sich durch ein hohes Maß an Selbstorganisation. Gleichzeitig ist zu beachten, dass GYBN sowohl international agiert als auch nationale Gruppen gegründet hat. Delegierte der nationalen GYBN-Gruppen nehmen dann an den CBD-Verhandlungen teil. Demnach müssen Interesse und Motivation auch auf
der nationalen Ebene vorhanden sein.
2) Wissensvermittlung und Kompetenzentwicklung
Um nicht nur den formalen Zugang zu den Prozessen zu haben, sondern auch aktiv mitarbeiten zu können, muss die Jugend inhaltlich und prozedural Kompetenz entwickeln. Gerade die internationalen Prozesse sind komplex und damit nicht leicht zu verstehen. Die Vertreterinnen und
Vertreter von GYBN bei offiziellen Sitzungen der CBD haben in der Regel das nötige Fachwissen und Kenntnisse über multilaterale Prozesse. Es existieren verschiedene Veröffentlichungen, die die jungen Menschen genau hier unterstützen (z. B. United
Nations Association in Canada 2002; European Youth Forum 2008). Auch GYBN selbst leistet hier einen starken Beitrag: Unter anderem werden capacity-building workshops und Webinare durchgeführt sowie Informationsmaterialien erstellt.
So ist beispielsweise die GYBN-Publikation „CBD in a Nutshell“ (GYBN 2016) ein wertvoller Beitrag zur Wissensvermittlung und bietet nicht nur Jugendlichen einen guten Überblick und Einstieg in die Arbeit der CBD.
3) Ermutigendes Umfeld
Umfeld und Fremdwahrnehmung spielen bei Jugendpartizipation eine sehr wichtige Rolle. So kann es hintergründige Barrieren geben, die die Jugend faktisch daran hindern, ihre Möglichkeiten voll auszuschöpfen, obwohl Partizipation formal möglich ist. Dies können z. B. psychische
Barrieren sein, die gerade junge Menschen hemmen, Delegierte anzusprechen oder eigene Redebeiträge zu formulieren, obwohl dies formal erlaubt ist (Thew 2018).
In der CBD hat die Jugend bereits bei der Gründung von GYBN viel Unterstützung von Seiten des damaligen Exekutivsekretärs und des Sekretariats erfahren (GYBN 2016). Auch von verschiedenen Vertragsparteien wird die Jugend unterstützt. Dies
schafft ein ermutigendes Umfeld. Die Tatsache, dass die Jugend nicht nur die Möglichkeit diverser Beteiligungsformate hat, sondern dass z. B. Side-Events gut besucht werden oder Gespräche mit der Exekutivsekretärin oder dem Exekutivsekretär stattfinden, drückt eine Wertschätzung
der Jugend und ihrer Arbeit aus. Zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung bestehen starke Wechselwirkungen: Eine positive Wahrnehmung und ein starker inhaltlicher Beitrag der Jugend können sich gegenseitig bestärken (Checkoway 2011; Thew 2018). Dies ist in der CBD der Fall: Die Jugend wird als wichtiger Akteur ernst genommen und leistet umfangreichen inhaltlichen Input, der sich in den vergangenen Jahren immer weiter entwickelt und professionalisiert hat. Das ist auch auf die
umfangreiche Lobbyarbeit von GYBN zurückzuführen, die in der CBD als gut etabliert gilt. Inhaltliche Kommentare und Textvorschläge einer Beobachterorganisation können in der CBD nur dann in den weiteren Verhandlungen berücksichtigt werden, wenn mindestens ein Vertragsstaat den Vorschlag
aktiv unterstützt. Daher sind gute Kontakte zu den Delegierten der Vertragsstaaten sowie ein vorheriges In-Kenntnis-Setzen dieser Delegierten über die eigenen Vorschläge entscheidend, damit die eigenen Inhalte in den Verhandlungen auch aufgenommen werden.
4) Ressourcen
Um Partizipationsmöglichkeiten auszugestalten, sind verschiedene Ressourcen nötig. Hemmnisse, die die Partizipation der Jugend beeinträchtigen können, sind vor allem Schwierigkeiten bei der Finanzierung, (z. T. damit verbundene) mangelnde Kontinuität und fehlende zeitliche
Ressourcen (Yunita et al. 2018).
Für junge Menschen stellt eine COP-Teilnahme häufig ein „Once in a lifetime“-Ereignis dar, das mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden ist. Wie manchen anderen Beobachtergruppen fehlt auch der Jugend eine eigene Finanzquelle. GYBN ist jedoch relativ erfolgreich in der Akquise
von Fördermitteln. Im Unterschied zu den meisten anderen Beobachtergruppen investieren die Vertreterinnen und Vertreter der Jugend allerdings ihre Freizeit und müssen ihr Engagement entsprechend mit Schule, Ausbildung, Studium oder Arbeit vereinbaren. Diese Ressourcenlimitierung hat
starke Implikationen und kann aktive Partizipation und inhaltlichen Input wesentlich einschränken: So ist beispielsweise personelle Kontinuität nötig für den Aufbau vertrauensvoller Kontakte, um Informationen zu erhalten und Positionen zu verbreiten. Eine ungeklärte
Finanzierung führt zu Planungsunsicherheit bei der Konferenzteilnahme und erschwert bspw. die Veranstaltung eigener Side-Events, die Verbindlichkeit und langfristige Planung voraussetzen. Fehlende Zeit erschwert es, sich Fachwissen anzueignen, die Prozesse zu verfolgen und sich
einzubringen. Manche dieser Faktoren lassen sich nicht ändern: Zum einen entwächst man der Jugend irgendwann. Darüber hinaus ändern sich die Lebensumstände bei jungen Menschen noch häufig, was Kontinuität verhindert bzw. zu einem gewissen Grad erschwert.
3.3 Bewertung
Insgesamt umfassen Aktivitäten der Jugend auf den CBD-COPs ein breites Spektrum, etwa Aktionen, Ausstellungen, Pressekonferenzen oder die Teilnahme an High-level-Meetings. Besonders wichtig ist auch die Veranstaltung eigener Side-Events. Die meisten Formate fördern v. a.
Sichtbarkeit und Vernetzung, erlauben aber auch das Vermitteln eigener Inhalte und Positionen. Sie ermöglichen u. a. einen Austausch mit anderen Delegierten, was sowohl das Wissen zu inhaltlichen Themen als auch das Gefühl für den Prozess und bspw. Positionen einzelner Staaten
stärkt, also Kompetenz fördert. Ein wichtiger Aspekt ist das Einbringen eigener Positionen durch Interventionen im Plenum und schriftliche Stellungnahmen. Die Jugend macht hiervon regen Gebrauch und hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Statements gegeben (siehe https://www.gybn.org/interventions; Abb. 3). Auch diese haben sich in den letzten Jahren professionalisiert und sind meist knapp, durchdacht und gelungen in der Bildung eines
Narrativs. Konkrete Vorschläge der Jugend finden Eingang in die Verhandlungen und werden teilweise in Texte und Entscheidungen aufgenommen. Ein großer Teil dieser Erfolge basiert auf strategischer Vorarbeit, die den Interventionen auf der COP vorausgeht und intensive Abstimmungen,
Kampagnen, Lobbyarbeit sowie enge Zusammenarbeit mit anderen NGOs und weiteren Akteuren umfasst.
Abb. 3: Jugendvertreterinnen tragen das Eröffnungsstatement der Jugend bei der 14. Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, COP 14) vor.
Fig. 3: Youth representatives presenting the opening statement of Youth at the 14th Conference of the Parties (COP 14).
(Foto: Global Youth Biodiversity Network, GYBN)
Dies zeigt, dass die Jugend die ihr zur Verfügung stehenden Partizipationsmöglichkeiten und verschiedene Beteiligungsformate im Rahmen ihrer Ressourcen voll ausschöpft, was durch die alles in allem gut ausgeprägten Empowerment-Faktoren ermöglicht wird. Das Format der deutschen
Jugenddelegation fördert alle diese Aspekte (siehe Kasten 2).
Kasten 2: Deutsche Jugendbeteiligung im Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD): die Jugenddelegation.
Box 2: German youth participation in the Convention on Biological Diversity (CBD): The Youth Delegation.
Seit 2014 gibt es deutsche Jugenddelegationen, die unter dem Projektnamen „Voice for Biodiv“ von der Naturschutzjugend (NAJU) organisiert werden. Diese agieren bei den CBD-Verhandlungen als Teil des Global Youth Biodiversity Network (GYBN). Die Förderung der Jugendpartizipation
setzt hier an mehreren Punkten an:
● Bewusstsein für biologische Vielfalt und das Interesse an internationaler Naturschutzpolitik werden geweckt bzw. gestärkt und die Jugenddelegation spielt eine wichtige Multiplikatorrolle. So organisieren die Jugenddelegierten etwa Vorträge, Workshops und
Social-Media-Kampagnen. ● Die Kompetenz der Jugenddelegierten wird gestärkt: Ihnen wird Wissen über die komplexen Strukturen und Abläufe der Vereinten Nationen (United Nations, UN) und insbesondere der CBD vermittelt und sie werden inhaltlich auf verschiedene Verhandlungsthemen
vorbereitet. ● Vernetzung und Erfahrungsaustausch spielen eine große Rolle. Durch das ermutigende, motivierende Umfeld wird das Selbstvertrauen gestärkt.
● Die jungen Menschen werden organisatorisch und finanziell bei der Teilnahme an der Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, COP) unterstützt.
● Letztlich schafft die Jugenddelegation den formalen Zugang zum Prozess und zur Teilnahme an der COP.
So sind die Jugenddelegierten umfassend vorbereitet und befähigt, aktiv an der COP teilzunehmen sowie die formalen Partizipationsmöglichkeiten zu nutzen und auszugestalten. Mittlerweile haben weitere Staaten Jugenddelegationen.
Die Partizipation findet auf verschiedenen Ebenen des Entscheidungsprozesses statt. Die aktive Teilnahme der Jugend am Prozess mit engagierter Konferenzteilnahme und formalem Beobachterstatus, viel inhaltliche Aktivität und die Wahrnehmung als wichtiger Akteur sind insgesamt als gut
ausgestaltete, echte Partizipation zu werten (Hart 1992; Checkoway 2011).
Darüber hinaus bleibt die Jugendpartizipation durch den Beobachterstatus begrenzt. Um die Jugendpartizipation weiter voranzubringen, sollte sie weiterentwickelt werden in Richtung geteilter Entscheidungsmacht („shared control“; Wong et al.
2010). Ein möglicher Schritt in diese Richtung wäre die Aufnahme von Jugendvertreterinnen und -vertretern in die Delegationen der Vertragsstaaten. Dadurch könnten diese noch enger in die Prozesse eingebunden werden. Ähnliches wird bereits durch UN-Jugenddelegiertenprogramme
unterstützt (Fries-Gaier, Fritze 2018). In einigen Ländern sind Jugendvertreterinnen und -vertreter bereits Teil der CBD-Delegation (GYBN Europe 2021).
4 Fazit
Die Wahrnehmung der jungen Generation und deren Beteiligung an der internationalen Umwelt- und Naturschutzpolitik haben sich in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt: In verschiedenen, die biologische Vielfalt betreffenden Konventionen haben sich – wenn auch in
unterschiedlicher Intensität – Jugendpartizipationsformate entwickelt. Die Jugend ist aktiv, tritt selbstbewusst auf, wird wahrgenommen und zunehmend an Entscheidungsprozessen beteiligt.
Wurde die Jugend früher eher als Zielgruppe gesehen, deren Interessen es zu berücksichtigen gilt, wird sie heute mehr und mehr als eigener Akteur verstanden, der wichtigen inhaltlichen Input liefert. Neben ihrer Motivation und Kreativität, ihrem Wissen und ihren
Fähigkeiten zur Vernetzung liegt eine wichtige Stärke in ihrem ganzheitlichen Verständnis der globalen Probleme und ihrer Entschlossenheit, diese gemeinsam anzugehen. Dieses große Potenzial der Jugend gilt es stärker auszuschöpfen und zu fördern.
Die CBD ist ein positives Beispiel für eine vergleichsweise starke Jugendpartizipation in einem internationalen Umweltabkommen. Erfolgsfaktoren sind eine starke Motivation der Jugend selbst, ihr hoher Grad an Selbstorganisation in einem starken Netzwerk und ein ermutigendes Umfeld,
in dem sie von anderen Akteuren positiv wahrgenommen wird. Diese Faktoren befördern sich gegenseitig und erlauben ein hohes Maß an inhaltlicher Mitarbeit.
Die Aufnahme von Jugendvertreterinnen und -vertretern in die Delegationen der Vertragsstaaten kann dazu beitragen, die durch den Beobachterstatus begrenzte Jugendpartizipation in Richtung geteilter Entscheidungsmacht weiterzuentwickeln. Eine weitere wichtige Möglichkeit, die
Jugendpartizipation in der CBD weiter zu stärken, ist die Verbesserung finanzieller Förderung, um diese Barriere im Bereich „Ressourcen“ zu verringern. Gerade für die inhaltlich besonders wichtigen SBSTTA- und SBI-Sitzungen ist es schwierig, Finanzierung zu erhalten. Weiterhin ist eine
bessere Datenverfügbarkeit wünschenswert, um den Ausbau der Jugendpartizipation nachvollziehbar begleiten zu können. Auch eine Bewertung der Repräsentativität ist durch die mangelhafte Datengrundlage aktuell kaum möglich. Dies ist jedoch ein wichtiger, mit Fragen der Gerechtigkeit
zusammenhängender Aspekt von Jugendpartizipation.
Jugendpartizipation und die Rolle der Jugend sollten sowohl in der CBD als auch darüber hinaus weiterentwickelt werden. Denn häufig werden die jungen Menschen als „Entscheiderinnen und Entscheider von morgen“ bezeichnet. Sie sollten aber vielmehr auch schon als Entscheiderinnen und
Entscheider von heute begriffen und entsprechend stärker in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.
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Dank
Wir danken allen, die ihre Erfahrungen und Einschätzungen zur Jugendbeteiligung in der internationalen Umweltpolitik mit uns geteilt haben und durch viele wertvolle Informationen und Hinweise zum Gelingen dieses Artikels beigetragen haben.