Karl-Heinz Frommolt
Zusammenfassung
Digitale Methoden der Audioaufzeichnung und der Analyse akustischer Signale bilden die Grundlage für ein akustisches
Artenmonitoring. Das zu erfassende Artenspektrum reicht von Meeressäugern über Vögel, Landsäuger, Amphibien und Insekten bis hin
zu Süßwasserbewohnern. Moderne Methoden der akustischen Mustererkennung ermöglichen eine effektive Analyse von
Langzeitaufzeichnungen. Im Beitrag wird der Einsatz akustischer Methoden für folgende Bereiche erörtert: 1) terrestrische Arten im
hörbaren Bereich, 2) terrestrische Arten im Ultraschallbereich, 3) Süßwasserbewohner, 4) Meerestiere.
Artenmonitoring – Bioakustik – akustische Mustererkennung – Biodiversität – terrestrische Arten – Süßwasserbewohner – Meerestiere – UltraschallmonitoringAbstract
Digital methods of audio recording and analysis of acoustic signals are the foundation of acoustic species monitoring. The
species spectrum to be recorded ranges from marine mammals to birds, terrestrial mammals, amphibians, insects and freshwater
inhabitants. Modern methods of acoustic pattern recognition allow effective analysis of long-term recordings. The paper discusses
the use of acoustic methods for the following: 1) terrestrial species in the audible range, 2) terrestrial species in the
ultrasonic range, 3) freshwater species, 4) marine species.
Species monitoring – Bioacoustics – Acoustic pattern recognition – Biodiversity – Terrestrial species – Freshwater species – Marine species – Ultrasound monitoringInhalt
1 Einleitung
Das Erkennen von Arten anhand ihrer Rufe und Gesänge ist schon lange eine essenzielle Komponente bei der Erfassung von Arten im
Interesse naturschutzfachlicher Entscheidungen. So erfolgt z. B. beim Monitoring häufiger Brutvögel die Artbestimmung in den meisten
Fällen über die Erkennung der Artgesänge durch die Erfasserin oder den Erfasser ( Südbeck et al.
2005). Erste technologische Ansätze einer akustischen Erfassung gehen auf die 1950er-Jahre zurück, als der nächtliche
Vogelzug mit Magnettonbandaufzeichnungen erfasst wurde. Die Entwicklung wetterfester akustischer Langzeitrekorder in den letzten
Dekaden eröffnete neue Perspektiven für die Erfassung akustisch aktiver Tierarten. Praktisch ist eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung
möglich, wie derzeit auch in Australien im wohl umfangreichsten akustischen Monitoringprogramm realisiert ( Roe et al. 2021). Die Vorteile der akustischen Methode liegen auf der Hand. Erfassungen können
störungsfrei über lange Zeiträume zu jeder Tageszeit ohne Anwesenheit einer Erfasserin oder eines Erfassers erfolgen. Damit kann ein
Artenmonitoring auch in sensiblen oder schwer zugänglichen Bereichen umgesetzt werden. Die unmittelbaren Beobachtungsdaten
(Audioaufzeichnungen) können gespeichert und unabhängig von der Beobachterin oder dem Beobachter ausgewertet werden. Insbesondere in
den letzten Jahren wurden deutliche Fortschritte bei der Entwicklung von Algorithmen der automatisierten akustischen Arterkennung
erzielt, wodurch sich Möglichkeiten einer effizienten Auswertung des Datenmaterials eröffnen. Im vorliegenden Beitrag wird erörtert,
wie auf der Grundlage von Audioaufzeichnungen Arten bzw. Artengemeinschaften effektiv erfasst werden können. Der Fokus liegt dabei auf
in Deutschland vorkommenden Arten. Vier Anwendungsfelder für ein akustisches Monitoring von Arten werden betrachtet, die sich
hinsichtlich methodischer Aspekte voneinander unterscheiden:
● terrestrische Arten im hörbaren Bereich,
● terrestrische Arten im Ultraschallbereich,
In der jüngsten Zeit sind auch Bodenorganismen in den Fokus akustischer Erfassungen gerückt, wobei sich die Analyse auf die
Bewertung der soundscapes beschränkt ( Maeder et al. 2022). Die erst in jüngster Zeit
etablierte Forschungsrichtung der soundscape ecology zielt darauf ab, die Geräuschkulisse hinsichtlich biotischer, abiotischer und
anthropogener Komponenten auf der Grundlage akustischer Indizes zu bewerten ( Pijanowski et al.
2011). Die dabei angewandten Analysen ermöglichen eine effiziente Bewertung von Veränderungen, erlauben aber nur in
Ausnahmefällen das Erkennen einzelner Arten. Unberücksichtigt bleiben hier auch Vibrationssignale, die bei Insekten eine große Rolle
spielen ( Hill, Wessel 2016).
2 Anwendungsfelder
2.1 Terrestrische Arten im hörbaren Bereich
Wesentliche Voraussetzung für ein akustisches Monitoring von Arten ist, dass die Lautäußerungen der Arten bekannt sind und
dass die Signale auch über größere Entfernung erfasst werden können. Im terrestrischen Bereich trifft dies v. a. auf
Säugetiere, Vögel, Amphibien, Heuschrecken und Singzikaden zu ( Abb. 1), die über größere
Distanzen kommunizieren und für die Vergleichsmaterial in online zugänglichen Soundarchiven vorliegt (https://www.xeno-canto.org, https://www.tierstimmenarchiv.de). Akustische Signale sind auch von weiteren Insektengruppen (Käfer, Dipteren,
Hymenopteren, einige Schmetterlinge; Greenfield 2016), Krebstieren ( Nakamichi et al. 2021) und Spinnen ( Kronestedt
1984) bekannt, die potenziell für akustische Erfassungen in Frage kommen. Auch Fluggeräusche können für die Arterkennung
genutzt werden.
Abb. 1: Artenspektrum für ein terrestrisches akustisches Monitoring. Die Artenzahlen wurden auf Grundlage der Roten
Listen Deutschlands (https://www.rote-liste-zentrum.de)
ermittelt. Für Vögel wurde die aktuelle Artenliste für Deutschland ( Barthel, Krüger
2018) berücksichtigt. Fig. 1: Species spectrum for terrestrial acoustic monitoring. The figure is based on the species numbers determined on the
basis of the Red Lists of Germany (
https://www.rote-liste-zentrum.de/). For birds, the current species list for Germany (
Barthel, Krüger 2018) was taken into account.
Für die Aufzeichnung akustischer Signale im hörbaren Bereich stehen wetterfeste Langzeitrecorder zur Verfügung, die ununterbrochen
oder in einem festgelegten Zeitregime aufzeichnen können ( Tab. 1). Die Reichweite eines
solchen passiven akustischen Erfassungssystems hängt dabei neben der Qualität des Aufzeichnungsgeräts vor allem von Lautstärke und
Frequenzbereich der Lautäußerungen ab, aber auch von den jeweiligen Bedingungen der Schallausbreitung ( Embleton 1996). Problemlos können riesige Mengen an akustischem Datenmaterial generiert
werden. Eine digitale Audioaufzeichnung von einer Stunde Dauer, die den hörbaren Bereich voll erfasst (48 kHz Abtastrate/16 bit
Datentiefe mono) hat im nicht komprimierten Format ein Datenvolumen von ca. 350 MB (345.600.000 Bytes). Die Aufarbeitung dieses
Datenmaterials bleibt eine Herausforderung.
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Wildlife Acoustics Songmeter SM4
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Wildlife Acoustics Songmeter Mini
|
Wildlife Acoustics Songmeter Micro
|
AudioMoth
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Frontier Labs BAR
|
Titley Scientific Chorus
|
Interne Stromversorgung | 4 D-Batterien (Monozellen) | 4 AA-Batterien | 3 AA-Batterien | 3 AA-Batterien | 1 – 6 18650-Li-Akkus | 4 AA-Batterien |
Speichermedium | SDHC/SDXC 2 Slots | SDHC/SDXC 1 Slot | Micro SD 1 Slot | Micro SD 1 Slot | SDHC/SDXC 4 Slots | SDHC/SDXC 1 Slot |
Anzahl Kanäle | 2 | 1 – 2 | 1 | 1 | 1 – 2 | 1 – 2 |
GPS für Lokalisation und Synchronisation | Modell SM4 TS | Nein | Nein | Nein | Eingebaut | Eingebaut |
Abtastraten | 8 – 96 kHz | 8 – 96 kHz | 8 – 96 kHz | 8 – 384 kHz | 8 – 96 kHz | 22 – 500 kHz |
Laufzeit im Dauerbetrieb bei 44,1 kHz Abtastrate | 345 h Stereo | 180 h (899 h mit optionalem Akku-Pack) Stereo | Ca. 200 h Mono | Ca. 200 h Mono | 100 – 600 h | 300 h |
Externe Stromversorgung möglich | 5 – 15 V | Li-Pack (6 18650-Li-Akkus) | Li-Pack (18650-Li-Akkus) | Nein | 6/12 V | Nein |
GPS = Global Positioning System; Li = Lithiumionen; SD = Secure Digital; SDHC = SD High Capacity; SDXC = SD
Extended Capacity |
Tab. 1: Übersicht über kommerzielle Aufzeichnungstechnik für akustisches Monitoring.
Table 1: Overview of commercial recording technology for acoustic monitoring.
Die einfachste Form der Auswertung von Audioaufzeichnungen ist das Abhören der Aufnahmen durch eine Expertin oder einen Experten
mit Stimmenkenntnissen, auch unter Hinzuziehen von akustischem Vergleichsmaterial, wie etwa bei der Erfassung von Heuschrecken
( Walcher et al. 2022). Forciert werden kann das Abhören durch Visualisierung mit
Hilfe von Spektrogrammen, wie in einer Untersuchung zum nächtlichen Vogelzug in Aserbaidschan realisiert ( Heiss 2017). Diese Herangehensweise ist jedoch sehr zeitintensiv und für ein umfassendes
passives akustisches Monitoring kaum geeignet. Für Heuschrecken wurden schon früh Algorithmen zur akustischen Arterkennung entwickelt,
die jedoch nur bei sauberen Aufnahmen ohne Hintergrund sicher funktionierten ( Schwenker et al.
2005; Riede et al. 2006). Erste Studien zur automatischen Erkennung von
Vogelarten in einer natürlichen Geräuschkulisse fokussierten sich auf einzelne Vogelarten, die anhand artspezifischer akustischer
Parameter sicher erkannt werden konnten ( Bardeli et al. 2010).
In den letzten Jahren kamen verstärkt Methoden der künstlichen Intelligenz zum Einsatz. Die Algorithmen liefern bereits sehr gute
Ergebnisse, wenn es um die Erkennung von Arten geht, deren Gesänge nicht oder kaum von anderen Arten überlagert sind. Smartphone-Apps
wie BirdNET (https://bit.ly/BirdNETApp) oder Naturblick (https://bit.ly/NaturblickApp) ermöglichen auch einem Laien die Erkennung von
Vogelstimmen mit hoher Zuverlässigkeit. Anders ist die Situation beim passiven akustischen Monitoring, bei dem sich in der Regel die
Gesänge und Rufe mehrerer Vogelarten und Hintergrundgeräusche überlappen. In jüngster Zeit werden hierfür vor allem so genannte
convolutional neural networks (CNN) erprobt. Die bekannteste Anwendung ist der BirdNET Analyzer (
Kahl et al. 2021). Dabei wird das Netzwerk mit Aufnahmen trainiert, bei denen bekannt ist, welche Arten enthalten sind.
Das Ergebnis ist dann eine Liste von Vogelarten, die in einem bestimmten Zeitintervall mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erkannt
wurden. Die Schwellenwerte für die Detektion müssen für das jeweilige Anwendungsszenario angepasst werden. Im Beispiel von Abb. 2 werden Zeitintervalle von 3 s betrachtet. Im gegebenen Fall werden zwei Strophen eines
Fitis (Phylloscopus trochilus) und eine Kohlmeisenstrophe (Parus major) sehr gut erkannt. Der über die gesamte Zeit
anhaltende Gesang des Rohrschwirls (Locustella luscinoides) wird nur in einem Segment erkannt. Weitere Arten, die im
Hintergrund zu hören sind, werden bei den gewählten Einstellungen nicht erkannt. Die Qualität der Mustererkennung hängt hier in
entscheidendem Maße von Umfang und Qualität des Trainingsmaterials ab. Rufe oder Gesänge, die nicht im Trainingsmaterial enthalten
sind, werden nicht erkannt oder führen zu Fehlbestimmungen.
Abb. 2: Beispiel für eine Analyse mit dem BirdNET Analyzer. Der Analysator berechnet die Wahrscheinlichkeit der
Anwesenheit einer Art in einem 3-s-Intervall, dargestellt hier im oberen Teil der Abbildung (Zeitfunktion). Im
Spektrogramm wurden manuell die Gesänge der drei detektierten Arten markiert. Die Ergebnisse wurden mit Raven Pro 1.6
visualisiert.
Fig. 2: Example of an analysis with BirdNET (BirdNET Analyzer). The analyzer calculates the probability of the presence of
a species in a 3-second interval, shown here in the upper part of the figure (time function). In the spectrogram, the songs of
the three detected species were marked manually. The results were visualised with Raven Pro 1.6.
Neben der sicheren Arterkennung stellt die Abschätzung der Bestandsdichte auf der Grundlage akustischer Aufzeichnungen noch eine
große Herausforderung dar. Wesentliche Ansätze der Quantifizierung sind die Bewertung der Rufaktivität als Maß für die Anzahl der
Individuen, die Bewertung von Artdetektionen an verteilten Sensoren unter Einbeziehung der Reichweite eines akustischen
Sensors und die Lokalisation einzelner Tiere mit Mikrofonarrays ( Pérez-Granados, Traba
2021).
2.2 Terrestrische Arten im Ultraschallbereich
Fledermäuse sind wohl die Tiergruppe, die bisher am intensivsten mit akustischen Methoden erfasst wurde. Mehr als die Hälfte der
wissenschaftlichen Publikationen, die im Zeitraum von 1990 bis 2018 zum passiven akustischen Monitoring verfasst wurden, widmet sich
dieser Tiergruppe ( Sugai et al. 2019). Für den Nachweis von Fledermäusen werden deren
Ortungslaute genutzt, die in der Regel im von uns nicht wahrnehmbaren Ultraschallbereich liegen. Einfache Ultraschalldetektoren
transformieren die Rufe in den für uns hörbaren Bereich und erlauben eine Bestimmung auf Grundlage des Höreindrucks. Für ein
professionelles Artenmonitoring sollten aber stets Aufzeichnungsgeräte genutzt werden, die Rufe in Echtzeit aufzeichnen und eine
spätere Analyse erlauben. Tab. 2 gibt einen Überblick über mögliche technische Lösungen.
Die Erfassung von Fledermäusen ist wesentlicher Bestandteil von Planfeststellungsverfahren und ist insbesondere bei Planung und
Betrieb von Windenergieanlagen aus Sicht des Naturschutzes von großer Bedeutung. Methodische Aspekte der Erfassung von Fledermäusen
werden detailliert von Runkel et al. (2018) dargelegt. Hier soll nur auf einige Punkte
eingegangen werden.
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Ultraschalldetektoren
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USB-Ultraschall-Mikrofone
|
Mobile Geräte
|
Stationäre Geräte
|
Beispiele | | • Dototronic Ultramic 384 BLE | • Titley Scientific Chorus | • Wildlife Acoustics SM4 Bat • Titley Scientific Chorus |
Typische Anwendungen | • Nachweis von Fledermäusen • Bestimmung anhand des Höreindrucks | • Nutzung für Notebooks, Tablets, Smartphones | • Erfassung entlang von Transekten • Eingebaute GPS-Funktion | • Gondelmonitoring in WKA |
GPS = Global Positioning System; USB = Universal Serial Bus; WKA = Windkraftanlage |
Tab. 2: Übersicht über kommerzielle Aufzeichnungstechnik für Ultraschallaufnahmen.
Table 2: Overview of commercial recording technology for ultrasound recordings.
Bedingt durch die hohe atmosphärische Absorption von Ultraschall ist die Reichweite der Aufzeichnungstechnik eingeschränkt. In der
Regel sind es nur wenige Meter. Beim Großen Abendsegler (Nyctalus noctula), dessen Rufe unterhalb 20 kHz liegen, können
Reichweiten bis zu 100 m erwartet werden. Die Absorption ist auch bei der Rufanalyse zu beachten. Bei größeren Entfernungen zum
Mikrofon gehen auch die höheren Frequenzanteile verloren. Es gibt bereits mehrere Programme zur automatischen Artbestimmung von
Fledermausrufen. In der Regel werden dabei automatisch Rufparameter extrahiert und die Klassifikation erfolgt auf der Grundlage von
Einzelrufen. Für eine sicherere Artbestimmung anhand der Rufe wird eine visuelle Überprüfung anhand von Spektrogrammen empfohlen
( Rydell et al. 2017). Auf Grund starker Überlappungen der Rufparameter einzelner
Arten ist in vielen Fällen eine sichere Bestimmung anhand der Ortungsrufe kaum möglich. Erste Untersuchungen mit CNN deuten darauf
hin, dass die Sicherheit einer automatischen Artbestimmung noch deutlich verbessert werden kann (
Schwab et al. 2022). Ein großes Potenzial besteht in der Einbeziehung ganzer Rufsequenzen. Bisher noch zu wenig
berücksichtigt sind Sozialrufe von Fledermäusen, die insbesondere zur Paarungszeit vermehrt zu hören sind ( Middleton et al. 2016).
Neben Fledermäusen können im Ultraschallbereich auch Kleinsäuger, Laubheuschrecken und Nachtfalter aufgezeichnet werden ( Middleton 2020). Ein schönes Anwendungsbeispiel liefert ein großflächiges Erfassungsprojekt in
der Grafschaft Norfolk (England; Newson et al. 2017). Im Ergebnis der Analyse von
Aufzeichnungen, die primär für das reguläre Fledermausmonitoring erstellt wurden, konnte die Verbreitung von neun
Laubheuschreckenarten in der Grafschaft dokumentiert werden; bei zwei dieser Arten gelang dies erstmalig.
2.3 Süßwasserbewohner
Akustische Aufzeichnungen als eine nicht invasive Methode bieten auch ein großes Potenzial für die Erfassung von Süßwassertieren.
Zumindest vier Tiergruppen erzeugen hörbare Laute unter Wasser: Amphibien, Fische, Insekten und Krebse ( Desjonquères et al. 2020). Unter Verwendung von Hydrofonen kann hier die gleiche
Aufzeichnungstechnik zum Einsatz kommen wie im terrestrischen Bereich. Bisher ist jedoch unser Wissen über Lautäußerungen von Tieren
unter Wasser noch sehr unzureichend. Lautäußerungen einheimischer Fische, z. B. von Welsen, Karpfenartigen und Barschen, werden von
Kurt (2010) beschrieben. Von den Amphibien äußern Knoblauchkröte (Pelobates
fuscus) und Springfrosch (Rana dalmatina) ihre Paarungsrufe unter Wasser ( Frommolt
et al. 2008; Sacchi et al. 2015). Beim Einsatz von Hydrofonen zur Erfassung
dieser Arten sind die Besonderheiten der Schallausbreitung im Flachwasser zu berücksichtigen. Flachwasser filtert niedrige Frequenzen
heraus, so dass Rufe, die im flachen Uferbereich geäußert werden, unter Wasser keine große Reichweite haben. Diese Rufe können aber
von Land aus wahrgenommen werden, während Lautäußerungen in tieferen Bereichen nur mit Hydrofonen aufgezeichnet werden können
( Frommolt et al. 2008).
2.4 Meerestiere
Ebenso wie im Bereich des Süßwassers sind wir im marinen Bereich damit konfrontiert, dass unsere Kenntnisse über artspezifische
Lautäußerungen bisher noch zu gering sind, um ein umfassendes akustisches Artenmonitoring im Meer zu realisieren. Nach Lindseth, Lobel (2018) sind Lautäußerungen mehrerer Hundert Fischarten bekannt, die
artspezifischen Muster vieler Arten jedoch nicht. Am besten ist bisher die akustische Kommunikation von Walen erforscht ( Sayigh 2013). Für uns ist dabei der in Nord- und Ostsee vorkommende Gewöhnliche Schweinswal
(Phocoena phocoena) von besonderem Interesse. Eine umfassende internationale Studie im Rahmen des
Static-Acoustic-Monitoring-of-the-Baltic-Sea-Harbour-Porpoise(SAMBAH)-Projekts, an der acht Staaten beteiligt waren, konnte mit Hilfe
akustischer Erfassung detaillierte Angaben zur Verbreitung der Art in der Ostsee liefern ( Amundin
et al. 2022). Schweinswale nutzen zur Lokalisation und Kommunikation Klicklaute im Ultraschallbereich, die mit
speziellen Detektoren (porpoise detectors, POD) erkannt und aufgezeichnet werden können. Die Detektoren können am Meeresboden
verankert werden und über mehrere Monate Ereignisse aufzeichnen. Die Erfassung über akustische Signale ist derzeit die zuverlässigste
Methode für den Nachweis von Schweinswalen, da diese Art nur gelegentlich an der Wasseroberfläche erscheint. Die SAMBAH-Studie
lieferte erstmals zuverlässige Angaben zur Population des Schweinswals in der zentralen Ostsee, verwies auf den kritischen Zustand der
Population und konnte auch Interaktionen mit der Population in der westlichen Ostsee (Beltsee) nachweisen. Die Abschätzung der
Populationsgröße beruht hier auf einer Kalkulation basierend auf der Reichweite der einzelnen Sensoren und der Anzahl der akustischen
Registrationen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die Tiere kontinuierlich Ortungslaute ausstoßen.
3 Ausblick
Akustische Erfassungsmethoden haben ein sehr großes Potenzial für das Artenmonitoring, auch wenn nur ein Teilbereich der
Artenvielfalt erfasst werden kann. Mit Ausnahme der Fledermäuse, wo akustische Erfassungen mittlerweile ein essenzieller Teil von
Umweltgutachten – insbesondere bei der Planung von Windkraftanlagen – sind, besteht noch großer Bedarf an der Erarbeitung von
Richtlinien und Standards für akustische Erfassungsmethoden. Eine große Herausforderung ist dabei die enorme Dynamik der Entwicklung
der Aufzeichnungstechnik. Es muss gewährleistet werden, dass Ergebnisse, die mit unterschiedlicher Technik erzielt werden, miteinander
vergleichbar sind.
Es ist zu erwarten, dass durch die weitere Entwicklung von Algorithmen der akustischen Mustererkennung eine zuverlässige
Arterkennung auch bei so komplexen akustischen Ereignissen wie dem morgendlichen Vogelchor möglich wird. Gerade hier sind Kooperation
und frei zugängliche Referenzbibliotheken mit sicheren Artbestimmungen unbedingt erforderlich. Dies setzt aber auch voraus, dass
ausreichend Experteninnen und Experten mit sicheren Stimmenkenntnissen zur Validierung der Ergebnisse zur Verfügung stehen. Akustische
Aufzeichnungen und automatisierte Artdetektion können in Kombination mit anderen automatisierten Verfahren der Bilderkennung oder
DNA-Analyse eine wesentliche Komponente eines standardisierten Artenmonitorings sein ( Wägele et al.
2022).
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