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Botanischer Artenschutz im Bundesprogramm Biologische Vielfalt: Wie können Projekterfolge verstetigt werden?

Botanical species conservation in the German Federal Programme on Biological Diversity: How can project successes be perpetuated?

DOI: 10.17433/9.2021.50153955.482-489 • Manuskripteinreichung: 22.1.2021, Annahme: 14.6.2021

Kathleen Lemanski, Eva Flinkerbusch, Annette Doerpinghaus, Heinrich Schneider, Dirk Scheffler, Susanne Straskraba und Heiko Sawitzky

Zusammenfassung

Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt wurde 2011 ins Leben gerufen, um die Erreichung der Ziele, die sich die Bundesregierung mit der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt gesetzt hat, zu unterstützen. Nach zehn Jahren Programmlaufzeit erfolgte eine Desktopstudie, um erstmals sechs abgeschlossene Projekte zum Thema botanischer Artenschutz hinsichtlich ihrer Verstetigung nach Projektende zu untersuchen. In diesem Artikel wird dargestellt, welche Konzepte und Maßnahmen in den untersuchten Projekten zur Verstetigung von Projekterfolgen genutzt wurden, welche Hinweise es für eine effektive Verstetigung gibt und wo Herausforderungen bestehen. Die Erkenntnisse dieser Studie sind nicht nur für die Konzeption zukünftiger Projekte relevant, sondern sollen die stetige Weiterentwicklung und Steuerung des Bundesprogramms Biologische Vielfalt inhaltlich unterfüttern.

Bundesprogramm Biologische Vielfalt – Projektförderung – Verstetigung – Artenschutz – Nachhaltigkeit

Abstract

The German Federal Programme on Biological Diversity was launched in 2011 to implement the objectives set by the federal government in the National Biodiversity Strategy. After ten years of running, six completed projects focusing on botanical species conservation were investigated for the first time. The aim was to analyse the perpetuation of achievements after the end of the project using a desktop study. This article describes which concepts were applied and actions were taken in these projects, what indications there are for perpetuation of success, and where challenges exist. The findings of this study are not only relevant for designing future projects, but may also underpin the continuous development and management of the German Federal Programme on Biological Diversity.

German Federal Programme on Biological Diversity – Project funding – Perpetuation – Species conservation – Sustainability

Inhalt

1 Einleitung

1.1 Zehn Jahre Bundesprogramm Biologische Vielfalt

1.2 Lernen aus Projekterfahrung

2 Methoden

3 Ergebnisse

3.1 Ansätze der Verstetigung

3.2 Vorschläge zur strukturellen Verbesserung der Naturschutzförderung durch ehemalige Projektverantwortliche

4 Diskussion

4.1 Ansätze der Verstetigung

4.2 Vorgeschlagene strukturelle Veränderungen der Naturschutzförderung

5 Ausblick

1 Einleitung

1.1 Zehn Jahre Bundesprogramm Biologische Vielfalt

Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt (BPBV) wurde 2011 ins Leben gerufen, um die Erreichung der Ziele, die sich die Bundesregierung mit der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (BMU 2007) gesetzt hat, zu unterstützen. Das Bundesumweltministerium (BMU) stellte anfangs 15 Mio. € pro Jahr für das BPBV bereit, inzwischen ist der Ansatz auf rund 45 Mio. € pro Jahr angestiegen (Stand Dezember 2020) und der Bedarf geht noch darüber hinaus. Bis Ende 2020 konnten bereits 199 verschiedene Institutionen zur Umsetzung eines Projekts motiviert werden, über Kooperationen sind viele weitere Verbände, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Kommunen, Behörden etc. involviert. Das Engagement seitens der Antragstellenden ist hoch und die Nachfrage nach finanzieller und fachlicher Unterstützung von Maßnahmen zum Schutz unserer biologischen Vielfalt ungebrochen.

Mit der Umsetzung von Projekten im BPBV können zwar der dramatische Trend beim Verlust der biologischen Vielfalt (Seibold et al. 2019) und die Bestandseinbrüche, wie sie u. a. nach der sog. Krefelder Studie (Hallmann et al. 2017) breit in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden, nicht umgekehrt werden. Es können aber wertvolle Impulse mit einer bundesweiten Strahlkraft gegeben werden. Einer der zz. vier Förderschwerpunkte im BPBV fokussiert auf jene Tier- und Pflanzenarten, für deren Schutz Deutschland eine besondere Verantwortung hat (Gruttke et al. 2004).

1.2 Lernen aus Projekterfahrung

In diesem Artikel zum botanischen Artenschutz wird anhand von sechs abgeschlossenen Projekten des Förderschwerpunkts „Verantwortungsarten“ der Frage nachgegangen, inwiefern die darin erzielten Projekterfolge über die Projektlaufzeit hinaus verstetigt werden können. Definitionsgemäß ist ein Projekt ein zeitlich begrenztes Engagement seitens der Geldgeber wie auch der Zuwendungsempfänger. Es besteht der Anspruch, die erzielten Projekterfolge bestmöglich längerfristig zu sichern. Die Verstetigung erreichter Ziele lässt sich anhand der Fortführung wirksamer Maßnahmen, der längerfristigen Finanzierung und der strukturellen, personenunabhängigen Verankerung (infrastrukturell, organisatorisch, programmatisch, normativ) erreichen (Shediac-Rizkallah, Bone 1998). Diese Verstetigungsmerkmale gelten auch für einzelne Maßnahmenbestandteile, wenn z. B. über Handlungsempfehlungen oder Weiterbildungsangebote neue Methoden von anderen Akteuren bzw. in anderen Regionen übernommen werden (Transfer). Verstetigung wird also erkennbar an der Fortsetzung einer Maßnahme sowie an deren Finanzierung, struktureller Verankerung und ggf. an deren Transfer.

Das BPBV und seine Projekte werden stetig optimiert. So wurde z. B. bereits mehrfach die Förderrichtlinie überarbeitet und Informationsangebote für die Projektdurchführenden wurden erweitert. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sollen ebenfalls in die Weiterentwicklung des Förderprogramms fließen.

In dieser Analyse (Dokumentenanalyse und Telefoninterviews) wird anhand von sechs abgeschlossenen Projekten (Kästen 1 – 6) herausgearbeitet, welche Konzepte zur Verstetigung der Projekterfolge vorlagen, welche Hinweise es für eine nachhaltige Verstetigung gibt und wo Herausforderungen bestehen. Da der Fokus des Artikels auf die Verstetigung ausgerichtet ist, werden die einzelnen Projekte lediglich in den o. g. Kästen vorgestellt. Im Text werden die Kurztitel der Projekte genannt; die ausführlichen Titel nebst Links zu weiterführenden Projektinformationen sind in den jeweiligen Kästen nachzulesen.

2 Methoden

Um zu recherchieren, welche Ansätze es zur Verstetigung in den sechs untersuchten Projekten gab und welche förderlichen bzw. hinderlichen Faktoren dabei eine Rolle spielten, beauftragte das Bundesamt für Naturschutz (BfN) die Genossenschaft „e-fect dialog evaluation consulting eG“ mit einer Desktopanalyse. Diese beinhaltet eine Dokumentenanalyse auf Basis von Projektanträgen, Fachvermerken, Zwischen- und Abschlussberichten sowie telefonischen, leitfadengestützten Interviews mit ehemaligen Projektverantwortlichen (zwei pro Projekt).

Im Rahmen des Knabenkraut-Projekts (Kasten 1) wurden zusätzlich sieben freiwillig Mitwirkende durch das Planungsbüro „Naturplanung“ leitfadengestützt interviewt. In diesem Projekt wurde ein Patensystem etabliert, durch das ein dauerhafter Schutz und ein Monitoring vorhandener Feuchtwiesen sowie ihrer spezifischen Flora gewährleistet werden sollten.

Kasten 1: Projekt „Entwicklung einer handlungsorientierten Verantwortung für feuchte und nasse Wiesen mit Beständen des Breitblättrigen Knabenkrauts (Dactylorhiza majalis) im Saarland“.
Box 1: Project “Development of an action-oriented responsibility for damp and wet meadows with populations of the Broad-leaved marsh orchid (Dactylorhiza majalis) in Saarland”.

Projektziel: Schutz und Entwicklung des Bestandsvorkommens des Breitblättrigen Knabenkrauts und der von ihm repräsentierten artenreichen mesotrophen Nasswiesen (Abb. K1-1)

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Abb. K1-1: Patenwiese mit Dactylorhiza majalis (Breitblättriges Knabenkraut) im Saarland.
Fig. K1-1: Meadow with Dactylorhiza majalis (broad-leaved marsh orchid) overseen by a patron in Saarland.
(Foto: Birgit Freiheit)

Projektmaßnahmen (Beispiele):

Bestandserfassung

Vergabe von Patenschaften für Wiesen

Leitfadenentwicklung für Pflegemaßnahmen

Bundesland: Saarland

Laufzeit: Juli 2012 – Februar 2015

Gesamtfinanzvolumen: ca. 335 000 €

Projektträger: Naturschutzbund Deutschland (NABU), Landesverband Saarland e. V.

Kooperationspartner: Zentrum für Biodokumentation des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz Saarland; DELATTINIA e. V. – Naturforschende Gesellschaft des Saarlandes und Arbeitskreis Heimische Orchideen e. V. (AHO)

Fördergeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)/Bundesamt für Naturschutz (BfN); Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr des Saarlandes

Website: https://bit.ly/Knabenkraut-Saarland

3 Ergebnisse

3.1 Ansätze der Verstetigung

Die Projekte unterscheiden sich inhaltlich stark voneinander und die Konzepte zur Sicherung erzielter Wirkungen sind entsprechend heterogen. Die Ansätze zur Verstetigung der Projekterfolge der sechs untersuchten Projekte (Tab. 1) werden im Folgenden erläutert.

Tab. 1: Verstetigungsansätze der sechs untersuchten Projekte im Bundesprogramm Biologische Vielfalt.
Table 1: Perpetuation approaches of the six examined projects within the German Federal Programme on Biological Diversity.
Ansätze zur Verstetigung
Knabenkraut (s. Kasten 1)
Gelbstern (s. Kasten 2)
Arnikaprojekt Hof (s. Kasten 3)
Löffelkraut (s. Kasten 4)
WIPs-De (s. Kasten 5)
ArnikaHessen (s. Kasten 6)
Einbindung freiwillig Mitwirkender
×
×
×
×
Aufbau verbindlicher Partnerschaften
×
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×
Entwicklung von Folgeprojekten
×
×
×
Überführung einzelner Projektbausteine in Naturschutz- und Pflegeprogramme
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×
×
Aufbau von Infrastruktur und Vermarktungswegen für Produkte
×
×
×
Maßnahmen der Kommunikation und Information zur Steigerung des Bewusstseins für biologische Vielfalt
×
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×
×
×
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3.1.1 Einbindung freiwillig Mitwirkender

Zur Verstetigung wurde in vier von sechs Projekten auf das Engagement freiwillig Mitwirkender gesetzt. Trotz ähnlicher Ansätze sind die Erfolge unterschiedlich. Aus den Interviews wurde deutlich, dass freiwillig Mitwirkende sich einen Austausch und/oder Ansprechpersonen zur Abstimmung des Einsatzes wünschen.

Im Knabenkraut-Projekt gaben alle interviewten Patinnen und Paten an, etwa einmal jährlich in der Blütezeit auf die Wiesen zu gehen und ihren Eindruck von der Fläche an die ehemaligen Projektverantwortlichen weiterzugeben. Diese sichten ebenfalls regelmäßig ausgewählte Projektflächen. Vier von sieben Patinnen oder Paten sowie die beiden ehemaligen Projektverantwortlichen gaben an, das aufgebaute Patensystem für gut bis sehr gut zu halten, Letztere betonten zudem den enormen Aufwand, den die Etablierung, aber auch die Betreuung bedeutet. Drei Patinnen oder Paten räumten ein, dass das System für sie persönlich keine große Veränderung hervorgerufen habe, da sie sich ohnehin bereits aktiv für die Erhaltung von Orchideen eingesetzt hätten. Das System wird als zu unverbindlich wahrgenommen und lebt von dem individuellen Patenengagement. Zur Verbesserung des Patensystems wurde angeregt, eine länger anhaltende Betreuung der Patinnen und Paten vorzunehmen; so würde eine höhere Bindung entstehen. Zudem wären gelegentliche Impulse von außen hilfreich, um das Projekt präsent zu halten, sowie ein regelmäßiger organisierter Austausch mit anderen Patinnen und Paten. Ein übergeordnetes Mentoring von Patinnen und Paten und/oder Bewirtschaftenden wäre aus Sicht der Befragten sinnvoll.

3.1.2 Aufbau verbindlicher Partnerschaften

Drei von sechs Projekten schlossen verbindliche Kooperationen mit dauerhaft finanzierten Partnern, die das im Projekt erarbeitete Management zum Schutz der jeweiligen Zielarten in ihren Pflegeplänen berücksichtigen. Solche Partner sind u. a. Naturparke, Stiftungen, Forstämter und Landschaftspflegeverbände (LPV). Ein Beispiel ist das Gelbstern-Projekt (Kasten 2): Die beteiligte Schrobach-Stiftung und das Stadtforstamt Lübeck haben sich zu Beginn des Projekts verpflichtet, die in ihrem Eigentum befindliche Waldfläche (insgesamt 6 000 ha) dauerhaft im Sinne eines nachhaltigen Schutzes der biologischen Vielfalt zu nutzen, aus dem Projekt erzielte Ergebnisse langfristig auf ihren Waldflächen umzusetzen und entsprechend die Waldstandorte naturnah zu entwickeln. Die Leuphana Universität Lüneburg (Institut für Ökologie) hat zugesagt, das Monitoring des Gelbstern-Bestands für mindestens zehn Jahre nach Ende der Projektlaufzeit zu begleiten. Aus Sicht der ehemals Projektverantwortlichen wurden gut verankerte, vernetzte und verlässliche Partner wie Verbände, Stiftungen und Ämter als Voraussetzung für eine wirksame Verstetigung genannt.

Kasten 2: Projekt: „Der Scheidige Gelbstern (Gagea spathacea) in Deutschland: Schutzstrategien im Rahmen einer nachhaltigen Waldnutzung in Zeiten globalen Wandels“.
Box 2: Project “The Belgian Gagea (Gagea spathacea) in Germany: Conservation strategies within the framework of sustainable forest management in times of global change”.

Projektziel: Wissenschaftliche Erkenntnisse zum langfristigen Schutz der Verantwortungsart Scheidiger Gelbstern (Gagea spathacea) und der für Waldökosysteme typischen biologischen Vielfalt sowie Empfehlungen zur Optimierung einer nachhaltigen und an den Klimawandel angepassten Waldnutzung

Projektmaßnahmen (Beispiele):

Wissenschaftliche Grundlagenforschung zur Autökologie und Populationsökologie der Art (Abb. K2-1)

Untersuchungen zu Reaktionen der Art auf globalen Wandel (Stickstoffeintrag, Klimawandel)

Experimente zu Möglichkeiten und Grenzen einer assisted migration (Verpflanzungsexperimente)

Konkrete Waldbau- und Restitutionsmaßnahmen mit dem Ziel eines langfristigen Schutzes des Scheidigen Gelbsterns (sowie der mit ihm assoziierten biologischen Vielfalt)

Öffentlichkeitsarbeit

Entwicklung eines Handlungsleitfadens

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Abb. K2-1: Vitalitätsanalysen von Gagea spathacea (Scheidiger Gelbstern) unter Zuhilfenahme eines Aufnahmerahmens in Schleswig-Holstein.
Fig. K2-1: Vitality analyses of Gagea spathacea (Belgian gagea) using a surveying frame in Schleswig-Holstein.
(Foto: Andreas Fichtner)

Bundesland: Schleswig-Holstein

Laufzeit: November 2013 – Juni 2020

Gesamtfinanzvolumen: ca. 562 000 €

Verbundkoordination und Forschungspartner: Institut für Ökologie der Leuphana Universität Lüneburg

Umsetzungspartner: Stadtforstamt Lübeck; Kurt und Erika Schrobach-Stiftung, Kiel

Fördergeber: Gemeinsam gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF; Forschungspartner) sowie dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)/Bundesamt für Naturschutz (BfN; Umsetzungspartner)

Website: https://bit.ly/Scheidiger-Gelbstern

3.1.3 Entwicklung von Folgeprojekten

Die drei Projekte Arnikaprojekt Hof (Kasten 3), Löffelkraut (Kasten 4) und Wildpflanzenschutz Deutschland (WIPs-De; Kasten 5) entwickelten aus dem Projekt heraus Folgeprojekte. Ansätze des Arnikaprojekts Hof kommen im Projekt „Arnika und Co. – Das Wiesenprojekt im Frankenwald“ im Rahmen der Bayerischen Biodiversitätsstrategie zum Einsatz. Träger ist auch hier der LPV Hof. Beim Löffelkraut-Projekt gab es bis 2019 ein von der Regierung Schwaben gefördertes Nachfolgeprojekt der Stiftung KulturLandschaft Günztal. Aus dem Projekt WIPs-De entstand das Projekt „Wildpflanzenschutz Deutschland II“ (WIPs-De II). Die Liste der Verantwortungsarten im BPBV wurde 2017 erweitert, so wurden im ersten WIPs-De-Projekt die 15 Pflanzenarten der damaligen Liste bearbeitet, im Folgeprojekt WIPs-De II wurde dies auf die damals 92 Verantwortungsarten der Pflanzen im Förderschwerpunkt erweitert.

Kasten 3: Projekt „Arnika – Revitalisierung und Wiedernutzung als Heilpflanze im Bayerischen Vogtland und im nördlichen Fichtelgebirge“.
Box 3: Project “Arnica – Revitalisation and use as a medicinal plant in the Bavarian Vogtland and the northern Fichtelgebirge”.

Projektziel: Sicherung und Revitalisierung der Vorkommen von Arnica montana durch nachhaltige Nutzung als Heilpflanze im Bayerischen Vogtland und nördlichen Fichtelgebirge

Projektmaßnahmen (Beispiele):

Bestandssicherung, Pflege und Monitoring

Öffentlichkeitsarbeit, Sensibilisierung

Nutzung als Produkt (Tinktur; Abb. K3-1) und im Tourismusmarketing

Infrastrukturaufbau (Wander- und Radwege)

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Abb. K3-1: Präsentation der Arnika-Tinktur und Projektaktivitäten in Rehau (Bayern).
Fig. K3-1: Display of the arnica tincture in Rehau (Bavaria).
(Foto: Thomas Blachnik)

Bundesland: Bayern

Laufzeit: April 2012 – März 2018

Gesamtfinanzvolumen: ca. 405 000 €

Projektträger: Landschaftspflegeverband Landkreis und Stadt Hof e. V.

Kooperationspartner: Naturhof Faßmannsreuther Erde e. V.; Staatsforstbetrieb Selb; Landschaftspflegeverband Wunsiedel und Apotheke C. Burger/Perlenbachapotheke Rehau

Fördergeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)/Bundesamt für Naturschutz (BfN); Landkreis Hof

Website: https://arnikaprojekt-hof.de

Kasten 4: Projekt „Löffelkraut & Co – Projekt zum Schutz des Bayerischen Löffelkrauts“.
Box 4: Project “Scurvy-grass & Co – Conserving Bavarian scurvy-grass”.

Projektziel: Überregional bedeutsame Wuchsorte des endemischen Bayerischen Löffelkrauts (Cochlearia bavarica) nachhaltig sichern und entwickeln (Abb. K4-1)

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Abb. K4-1: Bestand von Bayerischem Löffelkraut (Cochlearia bavarica).
Fig. K4-1: Colony of Bavarian scurvy-grass (Cochlearia bavarica).
(Foto: German Weber)

Projektmaßnahmen (Beispiele):

Pflegemaßnahmen an wichtigen Standorten

Öffentlichkeitsarbeit, u. a. Ausstellung mit Zielgruppe Schulklassen

Betreuungsnetzwerk für Ehrenamtliche

Wissenschaftskooperation, Schulungen

Leitfadenentwicklung für Pflege

Laufzeit: September 2011 – November 2016

Gesamtfinanzvolumen: ca. 475 000 €

Projektträger: BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN)

Fördergeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)/Bundesamt für Naturschutz (BfN); Bayerischer Naturschutzfonds

Website: http://www.loeffelkraut.de

Kasten 5: Projekt „WIPs-De (Wildpflanzenschutz Deutschland) – Aufbau eines nationalen Verbunds zum Schutz gefährdeter Wildpflanzenarten in besonderer Verantwortung“.
Box 5: Project “WIPs-De (Wild Plant Protection Germany) – Establishment of a national network for the protection of endangered wild plant species with special responsibility”.

Projektziel: Aufbau eines nationalen Schutzprogramms für die damaligen 15 Verantwortungspflanzenarten Deutschlands

Projektmaßnahmen (Beispiele):

Aufbau eines Netzwerks von Saatgutgenbanken zur fachgerechten Tiefkühllagerung von Samen und Sporen der Verantwortungsarten

Aufbau von Erhaltungskulturen in botanischen Gärten zum Erhalt und zur Vermehrung der Verantwortungsarten (Abb. K5-1)

Wiederansiedlungen und Populationsstärkungen ausgewählter Verantwortungsarten am Naturstandort

Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit

Aufbau eines Onlinemeldesystems zur Erfassung der aktuellen Verbreitungsdaten (kartenbasiertes Geo-Web-Mapping-Portal)

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Abb. K5-1: Anzucht von Dactylorhiza majalis (Breitblättriges Knabenkraut) unter sterilen Bedingungen.
Fig. K5-1: Cultivation of Dactylorhiza majalis (broad-leaved marsh orchid) under sterile conditions.
(Foto: Daniela Listl)

Bundesland: Bundesweit

Laufzeit: Juni 2013 – Juli 2018

Gesamtfinanzvolumen: ca. 3 300 000 €

Projektleitung: Botanischer Garten der Universität Osnabrück

Projektpartner: Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem; Botanischer Garten des Karlsruher Instituts für Technologie; Pädagogische Hochschule Karlsruhe; Botanischer Garten der Universität Regensburg und Botanischer Garten der Universität Potsdam

Fördergeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)/Bundesamt für Naturschutz (BfN)

Website: https://www.wildpflanzenschutz.uni-osnabrueck.de

3.1.4 Überführung einzelner Projektbausteine in Naturschutz- und Pflegeprogramme

Von den drei Projekten Arnikaprojekt Hof, Gelbstern und Knabenkraut wurden die Maßnahmen oder Managementkonzepte in staatliche Pflegeprogramme übernommen. Dies war aus Sicht der ehemals Projektverantwortlichen der wesentliche Faktor für die wirksame Verstetigung der Projekterfolge.

Im Arnikaprojekt Hof wurden die Pflegemaßnahmen der Arnika-Bestände (z. B. Striegeln zur Entfilzung und Entfernen von Moosdecken; Blachnik, Saller 2015) in die bayerische Landschaftspflegerichtlinie integriert. Beim Gelbstern-Projekt hat der ehemalige Verbundpartner, das Stadtforstamt Lübeck, die Pflege übernommen. Beim Knabenkraut-Projekt wurden Erfassung und Pflege einiger brachgefallener Feuchtwiesen vom Land übernommen.

3.1.5 Aufbau von Infrastruktur und Vermarktungswegen für Produkte

In den Projekten wurden verschiedene Infrastrukturmaßnahmen geschaffen, z. B. Informationspavillons und -schilder. Im Projekt WIPs-De wurden u. a. bundesweite Saatgutbanken und Erhaltungskulturen ausgewählter Populationen in botanischen Gärten etabliert. Das Arnikaprojekt Hof erstellte im Rahmen des Konzepts „Schutz durch Nutzung“ ein wirtschaftlich nutzbares Produkt: eine Arnika-Tinktur. Diese wird auch nach Projektende noch regional vermarktet.

3.1.6 Maßnahmen der Kommunikation und Information zur Steigerung des Bewusstseins für biologische Vielfalt

Akzeptanzbildende Maßnahmen der Kommunikation und Information zur Stärkung des gesellschaftlichen Bewusstseins für die biologische Vielfalt sind eine Voraussetzung für die Projektförderung im BPBV. Entsprechend dieser Anforderungen leisteten dies auch alle sechs Projekte. Zwei Projekten gelang es darüber hinaus, ihre Bildungsarbeit in bereits bestehende Strukturen zu integrieren. So wurde z. B. im Rahmen des ArnikaHessen-Projekts (Kasten 6) ein Informationspavillon über die Zielart (Arnica montana) dauerhaft im Botanischen Garten der Universität Marburg etabliert (Titze et al. 2020).

Kasten 6: Projekt „Arnica montana – Übertragbares Managementkonzept“.
Box 6: Project “Arnica montana – Transferable management concept”.

Projektziel: Entwicklung eines Managementkonzepts und Identifikation geeigneter In-situ- und Ex-situ-Maßnahmen zur Erhaltung der Verantwortungsart Arnica montana (Abb. 6-1)

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Abb. K6-1: Erhaltungskulturen von Arnica montana (Echte Arnika) im Botanischen Garten Marburg.
Fig. K6-1: Ex-situ conservation of Arnica montana (arnica) in the Botanical Garden of Marburg.
(Foto: Andreas Titze)

Projektmaßnahmen (Beispiele):

Ökologische und populationsgenetische Untersuchungen zum Bestandsrückgang der Art

Durchführung und Monitoring von populationsstützenden Maßnahmen

Entwicklung eines deutschlandweiten Managementkonzepts zur Erhaltung der Art sowie eines Praxisleitfadens für Akteure des Naturschutzmanagements

Bildungsarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und Akzeptanzbildung

Bundesland: Hessen

Laufzeit: August 2014 – Dezember 2020

Gesamtfinanzvolumen: ca. 1 639 000 €

Koordination und Umsetzungspartner: Botanischer Garten der Philipps-Universität Marburg

Forschungspartner: Fachgebiet Naturschutzbiologie der Philipps-Universität Marburg; Institut für Botanik, Pflanzenökologie und Naturschutz der Hochschule Geisenheim

Fördergeber: Verbundprojekt, gemeinsam gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sowie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Website: https://bit.ly/Arnika-Hessen

Die ehemaligen Projektverantwortlichen und drei Patinnen oder Paten des Knabenkraut-Projekts bewerteten die durch das Projekt entstandene Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung als positiv. Auf fest installierten Hinweisschildern am Rand der Wiesen wird u. a. die für die Erhaltung der Knabenkrautflächen erforderliche schonende Bewirtschaftung dargestellt. Daraufhin meldeten Privatpersonen etliche Abweichungen von der vorgesehenen Bewirtschaftung an die Patinnen und Paten oder ehemaligen Projektverantwortlichen. Die Informationsschilder erzielen somit neben der Bewusstseinsbildung auch eine gewisse Kontrollfunktion durch die Bevölkerung.

Teil der Kommunikation ist es, das durch das Projekt generierte Wissen weiterzugeben. Alle Projekte veröffentlichten einen (Praxis)leitfaden oder ein Managementkonzept, die Projekte ArnikaHessen und WIPs-De z. B. einen ausführlichen Praxisleitfaden für die Pflege von Arnika-Flächen (Titze et al. 2020) bzw. eine Leitlinie zur Ansiedlung gefährdeter Wildpflanzen (Zippel, Lauterbach 2018).

Viele der befragten ehemaligen Projektverantwortlichen betonten, dass eine dauerhafte Finanzierung der notwendigen (Pflege)maßnahmen wünschenswert wäre, im Umkehrschluss dazu wurde als Hindernis für die Verstetigung von Projekterfolgen die fehlende Dauerfinanzierung genannt. Bemängelt wurde, dass die staatliche Seite sich zu sehr auf freiwillig Mitwirkende verlässt.

3.2 Vorschläge zur strukturellen Verbesserung der Naturschutzförderung durch ehemalige Projektverantwortliche

Die zwölf ehemaligen Projektverantwortlichen der sechs Projekte hatten in den durchgeführten Interviews auch Gelegenheit, Vorschläge zur strukturellen Veränderung der Naturschutzförderung zu machen, die eine Verstetigung von Projekterfolgen verbessern würden. So wurde in vier von sechs Projekten der Wunsch nach einer kohärenten, mit anderen Bundesressorts (v.  a. Landwirtschaft) abgestimmten Naturschutzpolitik genannt. Artenschutz sei nur sinnvoll, wenn die übergeordneten politischen Anstrengungen auf Ebene des Bundes oder der Europäischen Union (EU) dies auch wirklich mittragen und Artenschutzmaßnahmen nicht durch beispielsweise naturschädigende Subventionen strukturell unterlaufen werden. So wiesen vier Personen auf die überragende Bedeutung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) und deren negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt hin. Angesichts knapper Mittel für den Naturschutz schlugen zwei der befragten Personen vor, Natur- und Artenschutz stärker strategisch auszurichten und sich dabei auf jene Arten und Naturräume zu fokussieren, die angesichts des Klimawandels die besten Chancen haben sich anzupassen. Fünf der ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sprachen sich zudem für eine verbesserte Handhabung naturschutzfachlicher Daten aus, die von verschiedensten Stellen, so u. a. von BPBV-Projekten, gesammelt werden. Die föderalen Datenbanken sind häufig nicht vernetzt und werden unregelmäßig aktualisiert, was z. B. die Einschätzung der Gefährdungslage oder auch Erfolge im Artenschutz erschwere.

4 Diskussion

4.1 Ansätze der Verstetigung

Die Einbindung freiwillig Mitwirkender ist eine häufig genutzte Möglichkeit zur Verstetigung erreichter Projektziele. Die bisherigen Praxiserfahrungen im BPBV werden durch die Ergebnisse aus den Interviews bestätigt: Maßnahmen, die rein durch freiwillig Helfende getragen werden, sind personenabhängig und es fehlen strukturell verankerte und mit Ressourcen ausgestattete Koordinationsstellen – eine Verstetigung ist nicht dauerhaft gewährleistet.

Im Deutschen Freiwilligensurvey1 wird als Motivation für freiwilliges Engagement der Faktor „Spaß“, aber auch das „Zusammenkommen mit anderen Menschen“ am häufigsten genannt (Müller et al. 2017). Als Teil des BPBV-Projekts „Wildkatzensprung“ wurde ein Citizen-Science-Ansatz verfolgt und die freiwillig Helfenden wurden im Anschluss nach ihren Motivationen zur Teilnahme befragt. Gemeinnützige Motive waren u. a. „Naturschutzwerte“ und „gesellschaftspolitische Verantwortung“, selbstdienliche Motive waren die „Anerkennung und Selbsterfahrung“ sowie „Qualifikation und Erfahrung“ (Moczek 2018). Personen, die das Gefühl haben, durch freiwilliges Engagement etwas zu lernen und sich weiterzuentwickeln, sind eher bereit, sich längerfristig einzubringen. Ebenfalls ist die Anerkennung der erbrachten Leistung eine Motivation. Das Erreichen dieser Motivationen ist wahrscheinlicher, wenn eine Organisationsstruktur gegeben ist (Gmür, Graf 2015). Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, freiwillige Arbeit in bestehenden Organisationsstrukturen zu integrieren und dauerhafte Ansprechpartnerinnen und -partner zu benennen. Um freiwilliges Engagement im Naturschutz in Deutschland attraktiver zu gestalten, sieht Conrad (2013) die Notwendigkeit, verbesserte Rahmenbedingungen, z. B. ein gutes Arbeitsklima, vielfältige Mitwirkungsmöglichkeiten, Wertschätzung der geleisteten Arbeit und effiziente Organisationsstrukturen, für die Freiwilligen zu schaffen. Gleichwohl wurde von vielen ehemaligen Projektverantwortlichen in dieser Umfrage bemängelt, dass sich die staatliche Seite im Naturschutz zu stark auf freiwilliges Engagement verlässt.

Der Aufbau verbindlicher Partnerschaften wird als besonders effektiv angesehen. Kooperationen, z. B. mit Verbänden, Stiftungen oder Ämtern, wurden auch in den Interviews mit den ehemaligen Projektverantwortlichen als eine gute Option für eine wirksame Verstetigung genannt. So wurde das Gelbstern-Projekt u. a. auf Flächen des Stadtforstamts Lübeck durchgeführt und die dauerhafte Pflege und Entwicklung über das Projektende hinaus wird vom Eigentümer weitergeführt. Im Projekt WIPs-De wurde u. a. eine Saatgutbank für die damals 15 pflanzlichen Verantwortungsarten angelegt, hierbei wurde mit bestehenden Organisationen und Institutionen gearbeitet. Als ein Beispiel ist die Dahlemer Saatgutbank des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin zu nennen, die langfristig Saatgutproben des Projekts beherbergt. An diesem und dem Folgeprojekt (WIPs-De II) sind weitere botanische Gärten und Universitäten/Hochschulen beteiligt, die auf Grund ihrer langfristigen Finanzierung, aber auch der Expertise und Infrastruktur als verlässliche Partner auftreten (Borgmann et al. 2015). Dies veranschaulicht die Bedeutung der Verbundpartner2 und dass bereits im Vorfeld auf mögliche Partnerschaften sowie sich daraus ergebende Synergien geachtet werden sollte.

Zum Thema „Verstetigung von Projekterfolgen im Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ veranstaltete das BfN im März 2019 eine Informationsveranstaltung (Dialogforum). Rund 80 Teilnehmende aus den verschiedenen BPBV-Projekten tauschten sich darüber aus, wie die Verstetigung der Wirkungen während der Projektlaufzeit eingeplant werden kann. Es wurde u. a. festgehalten, dass zentrale Ansprechpersonen langfristig gewonnen werden sollten, z. B. für die Koordination freiwillig Aktiver oder die Planung und Organisation von Folgeprojekten. Als weitere Möglichkeit für eine nachhaltige Sicherung der Projekterfolge wurde die Identifizierung von Verstetigungspartnern oder weiteren Fördermittelgebern aus dem laufenden Projekt heraus genannt, da man zu diesem Zeitpunkt oft schon mit Erfolgen werben kann und gleichzeitig noch genug Zeit hat, eine Folgeregelung zu implementieren. Eine ausführliche Dokumentation der Veranstaltung kann auf der BPBV-Website eingesehen werden (BfN 2019a).

Folgeprojekte können sich mit neuen, weiterführenden Inhalten anschließen oder besonders erfolgreiche Bausteine werden weiter ausgebaut. Durch eine längere, professionelle Präsenz können die Akzeptanz und die Unterstützung durch freiwillig Aktive vorangetrieben werden. Folgeprojekte sind aber keine Methode zur Verstetigung der Wirkungen eines Projekts, hierfür müssen andere Wege gefunden werden. Vom Bund geförderte Projekte im BPBV sollen neue Initiativen anstoßen, Engagement für eine begrenzte Zeit unterstützen und neue Akteure zum Handeln motivieren. Die Projektlaufzeit sollte genutzt werden, um die Ideen zur Verstetigung umzusetzen.

Die Überführung von Maßnahmen in Naturschutz- und Pflegeprogramme ist nachhaltig, da eine langfristige Verstetigung und somit eine Sicherung des Projekterfolgs zu erwarten ist. Dies wurde z. B. im Gelbstern-Projekt umgesetzt (s. o.), wo bereits in der Projektkonzeption diese Einbindung vorgesehen wurde. In diesem Fall könnte von einer Gewinnerkoalition gesprochen werden, die als Erfolgsfaktor für die Durchführung von Naturschutzprojekten auch von Brendle (1999) genannt wird: Starke Akteure (u. a. in Bezug auf Wissen, Kompetenz, Geld, Personal; s. Aufbau verbindlicher Partnerschaften) und engagierte Personen (s. Einbindung freiwillig Mitwirkender) erhöhen die Wahrscheinlichkeit, erreichte Wirkungen zu verstetigen. In den Interviews mit den ehemaligen Projektverantwortlichen wurde u. a. der Einbezug der Projektziele bzw. Maßnahmen in geförderte Naturschutz- und Pflegeprogramme als eine Bedingung für eine wirksame Verstetigung genannt.

Werden in einem Projekt Maßnahmen zur Schaffung von Infrastruktur durchgeführt, die über das Projekt Bestand haben sollen, muss die dauerhafte Pflege und/oder Instandhaltung mitbedacht werden. Als Beispiel sei hier die Erstellung von Wanderwegen im Arnikaprojekt Hof genannt. Diese wurden während der Projektlaufzeit in Zusammenarbeit mit dem Fichtelgebirgsverein auf der Grundlage des bestehenden Wanderwegenetzes konzipiert und ausgeschildert. Da es sich um bestehende Wege handelt, ist deren Betrieb und Unterhaltung nach wie vor durch die Kommunalordnung geregelt und somit die Instandhaltung gesichert (Blachnik et al. 2020). Investitionen in längerfristig einzusetzende Gegenstände, z. B. einen Informationspavillon, kann der Bund nur tätigen, wenn gewährleistet ist, dass keine sog. Förderruinen entstehen.

Die Vermarktung nachhaltiger, regionaler Produkte kann, wenn sie erfolgreich ist, dazu beitragen, dass in einem Projekt entwickelte Maßnahmen auch über das Projektende hinaus weitergeführt werden. Häufiger Erfolgsfaktor ist die Einführung einer regionalen Marke verbunden mit der Umsetzung von Wirtschaftsformen, welche die biologische Vielfalt fördern. Die Projektlaufzeit kann u. a. genutzt werden, um Vermarktungsstrukturen aufzubauen, Labels zu entwickeln und für regionale Produkte zu werben. Wenn diese nachhaltig aufgebaut werden, können sie sich im günstigen Fall später selber tragen. Im Fall der Arnika-Tinktur entsteht kein finanzieller Gewinn bzw. ist unentgeltliches Engagement notwendig, um diese zu produzieren (Blachnik et al. 2020). Der positive Effekt für die Erreichung der Projektziele, auch über die Projektlaufzeit hinaus, liegt hier somit in der Öffentlichkeitsarbeit und der Bildung von Naturbewusstsein, insbesondere in der Wertschätzung von durch Nutzung regionaler Naturressourcen entstandenen Produkten und der damit indirekt verbundenen Erhaltung von Lebensräumen.

Die Direktförderung der Vermarktung von Produkten ist durch das BPBV nicht möglich, weil Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden sollen. Indirekt kann das BPBV zur Verbesserung von Rahmenbedingungen der Vermarktung beitragen, die dem Naturschutz dienlich sind. Dieser Ansatz wird z. B. bei der Betreuung der Marke „Weidewonne“ durch die Naturstiftung David verfolgt (https://www.weidewonne.de). Ziel ist eine naturnahe Landschaftspflege durch Beweidung mit Schafen. Dafür werden Schäfereibetriebe z. B. in Form von Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung untereinander und Patenschaftsprogrammen für Schafe und Ziegen unterstützt.

Die Regionalentwicklung ist von großem politischem Interesse und kann von der EU bis zu lokalen Ebenen durch unterschiedliche Förderprogramme unterstützt werden. Die Ziele sind divers, u. a. die Steigerung der Attraktivität, Nachhaltigkeit und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit einer Region. Für die Verstetigung von Erfolgen der Regionalentwicklung nennt Pretzell (2014) die konsequente Vermarktung regionaler Produkte und touristischer Aktivitäten. Hierzu ist es u. a. notwendig, frühzeitig verbindliche Organisationsstrukturen aufzubauen (s. Aufbau verbindlicher Partnerschaften).

Maßnahmen der Information und Kommunikation sind obligater Bestandteil aller BPBV-Projekte. In den hier geführten Interviews wurde häufig auf den lang anhaltenden Effekt solcher Maßnahmen hingewiesen – z. B. äußerten die ehemaligen Verantwortlichen des Knabenkraut-Projekts, dass Passanten auch fünf Jahre nach Projektabschluss noch dem Aufruf auf den Informationsschildern folgen und Störungen der Flächen melden.

Darüber hinaus ist die Integration in Bestehendes sinnvoll, z. B. errichtete das ArnikaHessen-Projekt, wie bereits erwähnt, einen Informationspavillon im Botanischen Garten der Universität Marburg. Dies bietet – neben dem Verstetigungsaspekt – den Vorteil, dass ein vorhandenes Publikum erreicht wird.

4.2 Vorgeschlagene strukturelle Veränderungen der Naturschutzförderung

Bei den strukturellen Veränderungen der Naturschutzförderung, die von den Projektverantwortlichen vorgeschlagen wurden, muss zwischen einzelnen Instrumenten des Naturschutzes, wie der Projektförderung im BPBV, und der politischen Ebene, z. B. der GAP, differenziert werden. Naturschädigende Subventionen stehen den Anstrengungen des Naturschutzes klar entgegen (BfN 2019b). Ein Förderprogramm allein kann daher keine bundesweite Trendwende in den Bestandsentwicklungen unserer Verantwortungsarten erwirken. Die Projekte können einzelne, wertvolle Impulse setzen und modellhafte Ideen liefern. Effektive Methoden der Verstetigung dienen dem Ziel, die geringen Mittel im Naturschutz wirksam einzusetzen. Durch eine Kombination unterschiedlicher Instrumente und Ansätze im Naturschutz (z. B. von Förderprojekten, Ausweisung von Schutzgebieten und Gefährdungsanalysen) wird seit Jahrzehnten versucht, die biologische Vielfalt zu schützen. Dass diese Anstrengungen allein nicht genügen, belegen u. a. die aktuellen Roten Listen (z. B. BfN 2018) und der Bericht zur Lage der Natur in Deutschland (BMU, BfN 2020). Notwendig für eine Trendwende ist die Implementierung der Belange biologischer Vielfalt in die Entscheidungen aller Ressorts.

5 Ausblick

Im Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen, wie den Sozialwissenschaften, erfolgen Projektevaluationen im Naturschutz bisher selten, aber zunehmend. Um zu erkennen, welche Ansätze und Maßnahmen besonders erfolgversprechend sind und welche weniger, sind vermehrte Evaluationen von Naturschutzprojekten wünschenswert (Baylis et al. 2015). Gleichzeitig werden die Herausforderungen bei naturschutzfachlichen Evaluationen betont (z. B. Sterling et al. 2017). Für den Lernerfolg ist es essenziell, dass Misserfolge und Herausforderungen ebenfalls publiziert werden (Bledow et al. 2017; Catalano et al. 2019). Im Rahmen des BfN-Dialogforums (s. o.) wurde festgehalten, dass es zielführend ist, übertragbare Ergebnisse (Erfolge und Herausforderungen) aus den Projekten besser sichtbar zu machen.

Die Projekte im BPBV geben Anstöße und Impulse, dem dramatischen Verlust der biologischen Vielfalt in Deutschland entgegenzutreten. Die Akteure werden dabei durch eine zeitlich befristete staatliche Zuwendung unterstützt. Das Ziel der längeren Wirksamkeit muss somit aus dem Projekt heraus erarbeitet bzw. bereits in der Planungsphase konzipiert werden. Um Projekterfolge inkl. ihrer mittelfristigen Wirkung und der dahinter liegenden Konzepte zu ermitteln, besteht die Notwendigkeit, ebenfalls mehrere Jahre nach Abschluss der Projekte eine Evaluation durchzuführen (Ex-post-Evaluation). Aus diesem Grund sollen nun – nach zehn Jahren Laufzeit des BPBV – vermehrt Analysen abgeschlossener Projekte durchgeführt werden. Voraussichtlich wird 2021/2022 eine Programmevaluation des BPBV im Auftrag des BfN/BMU durchgeführt, um zu überprüfen, wo Anpassungs- und Optimierungsmöglichkeiten bestehen (Stand April 2021). Neben der Identifizierung erfolgreicher und weniger erfolgreicher Ansätze ist das Ziel der Programmevaluation auch die Rechtfertigung für die Nachhaltigkeit der eingesetzten Steuergelder. Mit den Ergebnissen soll zudem die stetige Weiterentwicklung des Programms inhaltlich unterfüttert werden. Damit können die im BPBV durchgeführten Projekte auch in Zukunft langfristig einen effektiven Beitrag zum Schutz und zur Entwicklung der biologischen Vielfalt in Deutschland leisten.

6 Literatur

  Baylis K., Honey-Rosés J. et al. (2015): Mainstreaming impact evaluation in nature conservation. Conservation Letters 9(1): 58 – 64.

  Blachnik T., Nowack C., Saller R. (2020): Ein Artenschutzprojekt in der Retrospektive: Ansätze und Erfolgsfaktoren beim Arnikaprojekt Hof. Natur und Landschaft 95(1): 9 – 15. DOI: 10.17433/1.2020.50153763.9-15

  Blachnik T., Saller R. (2015): In-situ Vermehrung von Arnica montana – Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für die Artenschutz-Praxis. ANLiegen Natur 37(1): 31 – 41.

  Bledow R., Carette B. et al. (2017): Learning from others' failures: the effectiveness of failure stories for managerial learning. Academy of Management Learning & Education 16(1): 39 – 53.

  BfN/Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2018): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 7: Pflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(7): 784 S.

  BfN/Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2019a): Dialogforum 2019: Verstetigung von Projekterfolgen. https://biologischevielfalt.bfn.de/bundesprogramm/veranstaltungen/dialogforum-2019-verstetigung-von-projekterfolgen.html (aufgerufen am 13.11.2020).

  BfN/Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2019b): Abbau naturschädigender Subventionen und Kompensationszahlungen auf stoffliche Belastung. BfN. Bonn-Bad Godesberg: 59 S.

  BMU/Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (2007): Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt. BMU. Berlin: 178 S.

  BMU, BfN/Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2020): Die Lage der Natur in Deutschland. BMU, BfN. Berlin: 62 S.

  Borgmann P., Burkart M. et al. (2015): WIPs-De: Wildpflanzenschutz Deutschland. Natur und Landschaft 90(12): 550 – 555. DOI: 10.17433/12.2015.50153370.550-555

  Brendle U. (1999): Musterlösungen im Naturschutz. Politische Bausteine für erfolgreiches Handeln. Landwirtschaftsverlag. Münster: 261 S.

  Catalano A., Lyons-White J. et al. (2019): Learning from published project failures in conservation. Biological Conservation 238: 108 223. DOI: 10.1016/j.biocon.2019.108223

  Conrad M. (2013): Freiwillige im botanischen Artenschutz: ein Beispiel aus Neuengland, USA. Natur und Landschaft 88(4): 166 – 171. DOI: 10.17433/4.2013.50153214.166-171

  Gmür M., Graf S. (2015): Formale Organisation und Engagement im Verein. Verbands-Management 41(1): 44 – 54.

  Gruttke H., Ludwig G. et al. (2004): Memorandum: Verantwortlichkeit Deutschlands für die weltweite Erhaltung von Arten. Naturschutz und Biologische Vielfalt 8: 273 – 280.

  Hallmann C.A., Sorg M. et al. (2017): More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLOS ONE 12(10): e0185809.

  Müller D., Hameister N., Lux K. (2017): Anstoß und Motive für das freiwillige Engagement. In: Simonson J., Vogel C., Tesch-Römer C. (Hrsg.): Freiwilliges Engagement in Deutschland. Empirische Studien zum bürgerschaftlichen Engagement. Springer. Wiesbaden: 413 – 435.

  Moczek N. (2018): Motivation für freiwilliges Engagement im Citizen-Science-Projekt „Wildkatzensprung“. Natur und Landschaft 93(4): 176 – 181. DOI: 10.17433/4.2018.50153569.176-181

  Pretzell D. (2014): Verstetigung regionaler Prozesse am Beispiel der PLENUM-Region „Naturgarten Kaiserstuhl“. Natur und Landschaft 89(4): 159 – 165. DOI: 10.17433/4.2014.50153267.159-165

  Seibold S., Gossner M.M. et al. (2019): Arthropod decline in grasslands and forests is associated with landscape-level drivers. Nature 574: 671 – 674. DOI: 10.1038/s41586-019-1684-3

  Shediac-Rizkallah M.C., Bone L.R. (1998): Planning for the sustainability of community-based health programs: conceptual frameworks and future directions for research, practice and policy. Health Education Research 13(1): 87 – 108. DOI: 10.1093/her/13.1.87

  Sterling E.J., Betley E. et al. (2017): Assessing the evidence for stakeholder engagement in biodiversity conservation. Biological Conservation 209: 159 – 171. DOI: 10.1016/j.biocon.2017.02.008

  Titze A., Hepting C. et al. (2020): Wilde Arnika – Ein Leitfaden für die Praxis. ArnikaHessen. Botanischer Garten der Philipps-Universität Marburg. Marburg: 229 S.

  Zippel E., Lauterbach D. (2018): Leitlinien zur Ansiedlung gefährdeter Wildpflanzen. https://www.wildpflanzenschutz.uni-osnabrueck.de/wp-content/uploads/2019/05/Leitlinien_Ansiedlungen.pdf (aufgerufen am 5.1.2021).

Fußnoten

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Dr. Kathleen Lemanski

Korrespondierende Autorin

Bundesamt für Naturschutz (bis Juni 2021)

Referat Strategische Steuerung, Forschungskoordination und Unterstützung der Amtsleitung

Konstantinstraße 110

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E-Mail: k.lemanski@protonmail.com

Jahrgang 1981; Studium der Biologie an der Georg-August-Universität in Göttingen mit den Schwerpunkten Zoologie, Ökologie und Naturschutz. Anschließend Promotion in der Abteilung „Tierökologie“ zum Thema unterirdischer Kohlenstoffwege und Nahrungsnetze. Ab 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu Köln (Abteilung „Terrestrische Ökologie“) im Themenfeld der Stöchiometrie von Kohlenstoff und Nährstoffen von Mikroorganismen und Böden. Seit 2019 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundesamt für Naturschutz tätig, hier mit dem Arbeitsschwerpunkt Koordination und konzeptionelle Weiterentwicklung des Bundesprogramms Biologische Vielfalt u. a. zuständig für den Förderschwerpunkt „Verantwortungsarten“.

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Dipl.-Geogr. Eva Flinkerbusch

Bundesamt für Naturschutz (bis Juni 2021)

Referat Strategische Steuerung, Forschungskoordination und Unterstützung der Amtsleitung

Konstantinstraße 110

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E-Mail: eva.flinkerbusch@dlr.de

Dr. Annette Doerpinghaus

Bundesamt für Naturschutz

Leiterin des Referats

Strategische Steuerung, Forschungskoordination und Unterstützung der Amtsleitung

Konstantinstraße 110

53179 Bonn

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