Wolfgang Ritter
Zusammenfassung
Local Environmental Records Centres (LERCs) sind im Naturschutz im Vereinigten Königreich (UK) fest verankerte Institutionen des
lokalen Naturschutzes. Sie sind aus einer starken Tradition des Sammelns von Objekten der Natur und Daten über die Natur entstanden. In
enger Kooperation mit ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierern sammeln die LERCs Daten zur Biodiversität, prüfen diese und pflegen
sie in Datenbanken ein. Diese Daten werden aufgearbeitet und an Interessierte weitergegeben. Aufgrund internationaler und nationaler
Verpflichtungen werden derartige Daten von staatlichen und privaten Stellen im UK benötigt. LERCs sind außerdem durch Daten zu
Naturschutzflächen wie Local Wildife Sites (LWS) und Road Verges of Ecological Importance (RVEI) sowie durch Öffentlichkeitsarbeit in
den lokalen Naturschutz eingebunden. Sie sind integraler Bestandteil der Naturschutzlandschaft im UK und haben den Naturschutz durch
das Aufgreifen und Vorantreiben neuer Ideen vorangebracht.
Vereinigtes Königreich – Local Environmental Records Centre – Biodiversitätsdaten – Kartierung – Lokaler NaturschutzAbstract
Local Environmental Records Centres (LERCs) are well established institutions of local conservation in the United Kingdom (UK).
They have their origins in a strong tradition of biological recording in the UK. In close co-operation with local recorders, they
collect biodiversity data, verify and validate them and incorporate them into databases. The data are then made available for use by
private and public institutions and the wider public. The need for biodiversity data in the UK comes from international and national
obligations. LERCs are typically involved in local conservation by elements like Local Wildlife Sites (LWS), Road Verges of Ecological
Importance (RVEI) and local public engagement. They are important elements in conservation in the UK and have advanced conservation by
promoting new ideas.
United Kingdom – Local Environmental Records Centre – Biodiversity data – Biological recording – Local nature conservationInhalt
1 Einleitung
In diesem Beitrag sollen Local Environmental Records Centres (LERCs) als Einrichtungen des lokalen Managements von
Biodiversitätsdaten im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (UK) vorgestellt werden. Sie sind Institutionen im UK, die
Daten ehrenamtlicher und beruflicher Kartiererinnen und Kartierer zur Biodiversität und Geodiversität sammeln, deren Qualität sichern,
(elektronisch) weiterverarbeiten und an Interessierte abgeben (vgl. ALERC 2010). Ihre
Geschichte, Aufgabengebiete und Position in der Naturschutzlandschaft des UK werden dargestellt. Es soll erkennbar werden, wie sich vor
dem Hintergrund ähnlicher historischer Voraussetzungen und bestimmter internationaler Rahmenbedingungen (u. a. Konvention von Rio, bis vor
Kurzem EU-Mitgliedschaft) im UK ein Netzwerk lokaler Institutionen zur Sammlung und Nutzung von Biodiversitätsdaten entwickelt hat, das so
in Deutschland nicht existiert. Die Darstellung soll Leserinnen und Lesern Anregungen für die kooperative Sammlung und Nutzung von
Biodiversitätsdaten in ihrer eigenen Region geben.
2 Geschichte des Sammelns von Biodiversitätsdaten und Entstehungsgeschichte von LERCs
Die Tradition des Sammelns von Daten zur Naturausstattung hat im UK Tradition und lässt sich bis zu John Ray (1625 – 1705)
zurückverfolgen (Berry 1988). In der Viktorianischen Zeit (ca. 1840 – 1900) wurde es sehr
populär, alle möglichen Naturobjekte zu sammeln. Es entstanden Field clubs, private Sammlungen und naturhistorische Museen (Copp 2007). 1902 wurde das Natural History Records Bureau at Tullie House Museum, das wohl älteste
LERC, eingerichtet (Sellers, Stephen 2020).
Das Engagement ehrenamtlicher Kartiererinnen und Kartierer ermöglichte die Zunahme von Kartierprojekten und die Produktion von
Verbreitungsatlanten verschiedener Artengruppen. Als wegweisend für spätere Projekte gilt der 1962 publizierte Atlas of the British Flora
(vgl. Berry 1988). In der Folge dieser Kartierungsaktivitäten wurde 1964 das zentrale Biological
Records Centre (BRC) eingerichtet mit der Aufgabe, die Tätigkeit der verschiedenen Artengrupppenkartierungen landesweit zu koordinieren
(Roy et al. 2015). Daraus entstand die Idee, ein Netzwerk lokaler Records Centres
zu etablieren, die dann ab etwa den 1970er-Jahren von Museen und Vereinen aufgegriffen und in mehreren Tagungen diskutiert wurde (Greenwood 1982; Copp 1984; Ely 1984; Copp, Harding 1985). Besonders gefördert wurde die Idee vom BRC (vgl.
Berry 1988). Der Schwerpunkt verlagerte sich vom Sammeln von Naturobjekten zum Sammeln von
Daten über die Natur. 1985 wurde die National Federation of Biological Recording gegründet mit dem Ziel, die Erfassung von Biodiversität
voranzubringen (NFBR 1985).
Das 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (Rio-Konferenz) verabschiedete Übereinkommen über die
biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity – CBD) erzeugte einen Schub, der die Erfassung von Tieren und Pflanzen im UK
weiter förderte. Hier leitete man aus der CBD die Verpflichtung für staatliche Stellen aller Ebenen ab, bei jeglichen Eingriffen in die
Natur immer Biodiversitätsinformationen zu berücksichtigen (UK Steering Group 1995a, b). Es entstand ein Biodiversity Action Plan (BAP) mit einer Liste sog. BAP-Arten und eine Liste sog.
BAP-Priority-Biotoptypen (UK Steering Group 1995a, b),
die seitdem einen hohen Stellenwert in der Naturschutzpolitik im UK genießen. Mittlerweile wurden die Listen abgelöst durch Listen für die
einzelnen Nationen (England, Wales, Schottland, Nordirland), die zentrale Bedeutung im Naturschutz aber blieb. Die Artenliste umfasst fast
1.000 Arten, die Biotoptypenliste umfasst etwas mehr als 50 Biotoptypen.
Die bestehenden Strukturen zur Erfassung von Biodiversitätsdaten wurden seit der Rio-Konferenz immer wieder Revisionen unterzogen
(Department of the Environment 1995; Welstead, Thurner
1998; Lush, Hewins et al. 2007; Birt
2010; Cabinet Office – Geospatial Commission 2021). Die Anzahl der vorhandenen
Einzelfundmeldungen wurde auf 60 Mio. geschätzt. Außerdem wurde 1999 das IHS (Integrated Habitat System) entwickelt (SERC 2020). Es ist ein System, das verschiedene im UK gebräuchliche Biotoptypenklassifikationssysteme
unterschiedlicher Detailliertheit vereinigt.
Die ursprünglich in den 1980er-Jahren entwickelten Erfassungsdatenbanken für Biodiversitätsdaten (Fauna, Flora, Habitate) – Recorder
(R6 Consortium 2020) und MapMate® (Ellis et al.
2007) – wurden zu Standarddatenbanken für Biodiversitätsdaten, die seither von vielen im Naturschutz tätigen Vereinen und
Einzelpersonen genutzt werden. Im Jahr 2000 wurde das National Biodiversity Network (NBN) gegründet. Es sieht seine Aufgabe darin, in
Zusammenarbeit zwischen Naturschutzverwaltung, ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierern, dem BRC und den LERCs den Austausch von
Biodiversitätsdaten landesweit zu koordinieren (vgl. Cabinet Office – Geospatial Commission
2021).
Im Jahr 2009 wurde die Association of Local Environmental Records Centres (ALERC, http://www.alerc.org.uk) als Dachverband der LERCs gegründet, um diesen eine Stimme im umweltpolitischen Raum zu geben (ALERC 2015). Der Qualitätsstandard der Tätigkeit von LERCs wird durch den Prozess der Zertifizierung
der LERCs gesichert (ALERC 2010). Nach Tom Hunt, dem nationalen Koordinator von ALERC, gibt es
im UK zurzeit etwa 66 LERCs, die die Landesfläche – abgesehen von kleineren Inseln – vollständig abdecken (Tom Hunt, pers. Mitt. per
E-Mail).
3 Gesetzliche Grundlagen, institutionelle Unterbringung, Größe und Finanzierung von LERCs
LERCs sind diejenigen Institutionen, mit deren Hilfe verschiedene Behörden ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Erhaltung der
Biodiversität nachkommen können. Eine Aufstellung dieser gesetzlichen Grundlagen findet sich in ALERC
(2012). LERCs fungieren dabei als „One-stop-shop“ für Biodiversitätsdaten, von dem Interessierte alle Daten aus einer Hand
bekommen. LERCs sind unparteiisch und geben ihre Daten auf Anfrage an jede und jeden ab. Das Arbeitsgebiet von LERCs umfasst meistens eine
oder zwei Grafschaften oder größere Städte. Untergebracht sind LERCs häufig in Grafschaftsverwaltungen (etwa 39 %) oder in
Naturschutzvereinen (dann meist in einem Wildlife Trust) (etwa 30 %). Einige sind auch unabhängige Institutionen (26 %, alle Zahlen aus
ALERC 2015). Sie sind meistens mit etwa 3 – 4 Vollzeitstellen ausgestattet, die von
wissenschaftlich ausgebildeten Fachkräften besetzt werden. Einnahmen werden lediglich zur Deckung von Ausgaben erzielt.
LERCs sind als Partnerschaftsorganisationen zwischen Datenlieferanten und Datennutzern konzipiert. Datenlieferanten sind
Vereinigungen oder Einzelpersonen, die sich um bestimmte Artengruppen wie Vögel, Pflanzen, Fledermäuse, Schmetterlinge, Amphibien,
Reptilien usw. kümmern. Datennutzer sind bspw. Kommunalverwaltungen oder Versorgungsunternehmen oder die interessierte Öffentlichkeit.
Einnahmen erzielen LERCs v. a. durch Verträge mit Kommunen und anderen Institutionen in ihrem Wirkungsbereich und durch Beantwortung von
Datenanfragen von Planungsbüros (vgl. Birt 2010).
4 Aufgaben und Tätigkeiten von LERCs
4.1 Datenfluss und Datenaustausch mit Ehrenamtlichen
Kernaufgabe von LERCs ist das Sammeln, Archivieren, Aufarbeiten und Weitergeben von Biodiversitätsdaten (vgl. Cabinet Office – Geospatial Commission 2021). Daten bekommen sie dabei v. a. von Vereinen und
Privatpersonen. In den Grafschaften gibt es zumindest für beliebtere Artengruppen jeweils eine oder einen County Recorder. Diese Personen
sind ehrenamtlich tätig und werden von dem in der jeweiligen Artengruppe führend tätigen Verein „ernannt“. Eine zentrale Aufgabe der
County Recorders ist das Zusammenführen von Fundmeldungen für diese Artengruppe in ihrer Region. Die Daten werden validiert und
verifiziert und in Datenbanken gehalten. In regelmäßigen Abständen erhält das LERC aktualisierte Daten von den County Recorders.
Im Gegenzug überlässt das LERC den County Recorders eigene Daten. Diese entstammen eigenen Kartierungen, der Auswertung von
Kartierungen bei Eingriffen und anderen Quellen. Einer Umfrage aus dem Jahr 2017 zufolge dürfte die Anzahl der
Einzelfundmeldungen in den Datenbeständen von LERCs damals bei 129 Mio. gelegen haben bei einer geschätzten Zuwachsrate von etwa 10 Mio.
pro Jahr (vgl. Cabinet Office – Geospatial Commission 2021). Abb. 1 zeigt den jährlichen Zuwachs an Einzelfundmeldungen seit 1990 am Beispiel des Hampshire Biodiversity Information
Centre. Die Verteilung auf die einzelnen Artengruppen ist dabei v. a. von der Aktivität der meist ehrenamtlichen Kartiererinnen und
Kartierer abhängig. Typischerweise dominieren Schmetterlinge, Vögel und Gefäßpflanzen in den Datenbeständen. Tab. 1 zeigt die Verteilung auf die einzelnen Artengruppen am Beispiel des Hampshire Biodiversity
Information Centre.
Abb. 1: Anzahl der Einzelfundmeldungen pro Jahr im Datenbestand des Hampshire Biodiversity Information Centre seit
1990.
Fig. 1: Number of records collected per year at the Hampshire Biodiversity Information Centre since 1990.
Gruppe
|
Anzahl
|
Anteil (%)
|
Schmetterlinge | 4.291.642 | 49,53 |
Gefäßpflanzen | 2.202.681 | 25,42 |
Vögel | 1.668.218 | 19,25 |
Käfer | 81.707 | 0,94 |
Säugetiere | 80.231 | 0,93 |
Übrige Insekten | 75.530 | 0,87 |
Libellen | 67.628 | 0,78 |
Hautflügler | 64.015 | 0,74 |
Flechten | 50.713 | 0,59 |
Amphibien/Reptilien | 35.136 | 0,41 |
Moose | 29.191 | 0,34 |
Spinnentiere | 5.014 | 0,06 |
Pilze | 3.860 | 0,04 |
Mollusken | 3.437 | 0,04 |
Fische | 2.322 | 0,03 |
Andere Wirbellose | 2.068 | 0,02 |
Krebse | 1.411 | 0,02 |
Algen | 428 | 0,00 |
Einzeller | 61 | 0,00 |
Summe | 8.665.293 | 100,00 |
Tab. 1: Verteilung der Einzelfundmeldungen auf Artengruppen am Beispiel des Hampshire Biodiversity Information Centre im
Zeitraum 1671 – 2020.
Table 1: Number of records and percentages per species group in the databases of the Hampshire Biodiversity Information Centre
1671 – 2020.
4.2. Software
Die Daten werden bei den County Recorders und LERCs fast immer in digitaler Form vorgehalten. Dabei dominiert der Gebrauch der
Datenbanken Recorder (http://www.recorder6.info) sowie MapMate® (https://www.mapmate.co.uk/). Darüber hinaus benutzen die LERCs aber auch fast immer
GIS-Software. Durch die weit verbreitete Verwendung von Recorder und MapMate® ist ein gewisser Grad an Standardisierung der
Datenstruktur gewährleistet. In regelmäßigen Abständen werden die taxonomischen Listen innerhalb der Software aktualisiert. Federführend
ist dabei das Natural History Museum in London (Natural History Museum 2020).
4.3 Weitere bei den LERCs vorhandene Daten
Die meisten LERCs verfügen auch über einen flächendeckenden Biotoptypenlayer ihres Arbeitsgebiets. Dieser ist aus einer Kombination
von Luftbildauswertungen und (eigenen) Kartierungen entstanden. Insbesondere der Layer der BAP-Priority-Biotoptypen ist dabei von großer
Bedeutung.
Neben der Haltung von Daten zum Vorkommen von Arten und Biotopen haben viele LERCs auch die Aufgabe, Kataster über sog. Local
Wildlife Sites (LWS) zu führen. Bei den LWS handelt es sich um die unterste, lokale Ebene des hierarchisch gegliederten
Schutzgebietssystems (vgl. DEFRA 2006). Das geht von internationalen Schutzkategorien über
nationale bis hin zu lokalen wie den LWS. LWS bedeuten keine zusätzlichen rechtlichen Verpflichtungen für die Eigentümerinnen und
Eigentümer. Sie sind aber in lokalen Planungen zu berücksichtigen. Die Kriterien für LWS werden gemäß einer allgemeinen Richtlinie mit
Anpassungen an die lokalen Bedingungen erstellt (vgl. DEFRA 2006). Aufgabe vieler LERCs ist es,
dieses Kataster zu führen und an Interessierte abzugeben. In vielen Fällen werden auch die Kartierungen zur Ausweisung als LWS von den
LERCs durchgeführt.
Als weitere lokale Schutzkategorie gibt es sog. Road Verges of Ecological Importance (RVEI, vgl. Bromley et al. 2019), d. h. Flächen entlang öffentlicher Straßen, die sich durch schützenswerte Arten oder Habitate
auszeichnen. Auch hier liegt die Entwicklung der Kriterien, die Erfassung im Gelände und die Katasterführung meistens bei den LERCs. Im
Rahmen der Ausweisung erarbeiten die LERCs eine Empfehlung für das Pflegeregime für diejenigen Bereiche, die für die Verkehrssicherheit
nicht erforderlich sind.
4.4 Weitergabe aufgearbeiteter Daten
LERCs haben Übereinkommen mit den Kommunen und anderen Organisationen in ihrem Arbeitsbereich (vgl. Birt 2010), die beinhalten, dass die LERCs den Partnern regelmäßig aktualisierte GIS-Layer mit den verschiedenen
Biodiversitätsdaten zur Verfügung stellen. Das sind bspw. GIS-Layer mit Funden bemerkenswerter und geschützter Arten, GIS-Layer mit
invasiven Neophyten, Habitaten, Local Wildlife Sites und RVEIs, aber auch daraus abgeleitete Daten wie Biotopverbundlayer. In Abstimmung
mit den lokalen Spezialistinnen und Spezialisten für bestimmte Artengruppen, deren Eigentum die Daten bleiben, wird dabei der Grad der
Genauigkeit festgelegt, mit dem Fundorte gefährdeter Arten an die allgemeine Öffentlichkeit abgegeben werden. Naturschutzbehörden erhalten
Daten dagegen in maximaler Genauigkeit. Diese Layer werden mit Informationen zur naturschutzfachlichen Interpretation versehen. Bei den
Artenlayern sind das neben den Angaben zum eigentlichen Fund (Artname, Fundortbeschreibung, Datum, Koordinaten) Angaben zum Schutz- und
Gefährdungsstatus. Diese werden aus internationalen Regelungen und nationalen Gesetzen abgeleitet und in vielen Fällen um Einschätzungen
zur lokalen Gefährdung, zu lokalen Rückgängen und zur Verantwortlichkeit im nationalen Kontext ergänzt. Abb. 2 zeigt einen Ausschnitt aus einer Artenliste naturschutzrelevanter Arten als Antwort auf eine Anfrage nach
Biodiversitätsdaten.
Abb. 2: Auszug aus einer über 50-seitigen Artenliste geschützter und schützenswerter Arten als Beispiel einer Antwort auf
eine Datenanfrage an das Hampshire Biodiversity Information Centre.
Fig. 2: Extract of a list of notable and protected species as an example of a reply to a data request to the Hampshire
Biodiversity Information Centre. The original list has more than 50 pages.
Bei geplanten Eingriffen in die Natur müssen die Verursacher zunächst ermitteln, welche Daten zur Biodiversität im Eingriffsbereich
und in dessen Umgebung bereits vorliegen (vgl. CIEEM 2020). Dazu stellen sie bzw. von ihnen
beauftragte Planungsbüros Datenanfragen an das entsprechende LERC. Gerade in Gebieten mit reger Bautätigkeit stellen diese Anfragen einen
großen Teil der Tätigkeit und Einnahmen der LERCs dar. Diese Informationen geben den Verursachern Hinweise, welche Kartierungen sie
durchführen müssen, weil frühere Funde vorliegen oder Erfassungslücken bestehen. Idealerweise fließen deren Daten dann wieder zurück in
den Datenbestand des LERCs. Für im Naturschutz tätige Vereine und für wissenschaftliche Zwecke stellen LERCs die Daten in der Regel
kostenlos zur Verfügung. Ein Beispiel für eine typische Datenausgabe an Planungsbüros findet sich auf https://bit.ly/Example_Data_Request.
4.5 Öffentlichkeitsarbeit
LERCs sind bei sog. Bioblitzes beteiligt (Abb. 3). Bei diesen Bioblitzes werden die
interessierte Öffentlichkeit, Artenexpertinnen und -experten eingeladen, innerhalb von 24 Stunden möglichst viele Arten in einem Gebiet zu
erfassen. Das ist eine gute Methode, um Expertinnen und Experten, interessierte Laien, LERCs und andere Akteure im lokalen
Naturschutz in Kontakt miteinander zu bringen.
Abb. 3: Der Bioblitz – ein Tag zur Artenerfassung – zum Gedenken an den berühmten Naturbeobachter Gilbert White beim
Selbourne Festival of Nature 2018.
(Foto: Nicky Court)
Fig. 3: The Bioblitz – a day for species recording – in memory of the famous naturalist Gilbert White at the Selbourne Festival
of Nature 2018.
Die Daten der LERCs fließen in die Produktion überregionaler und lokaler Verbreitungsatlanten ein. Häufig sind die LERCs in
Zusammenarbeit mit den lokalen Artenexpertinnen und -experten Herausgeber solcher Atlanten. Dabei werden je nach Kenntnisstand auch eher
wenig bekannte Artengruppen bearbeitet. Als ein Beispiel von vielen sei hier die Atlas-Reihe des Surrey Biodiversity Information Centre
genannt (vgl. https://www.surreywildlifetrust.org/shop#!/Atlas-series/c/)
Außerdem veranstalten LERCs sog. Recorder Forums. Bei diesen meist jährlich zu Beginn der Kartiersaison stattfindenden Ereignissen
treffen sich lokale Kartiererinnen und Kartierer verschiedener Artengruppen. In Vorträgen und an Ständen werden Kartierergebnisse der
letzten Saison, geplante Projekte, neue Methoden und Software vorgestellt. Daneben dienen die Recorder Forums auch dem persönlichen
Austausch der Kartiererinnen und Kartierer untereinander.
5 Kooperationen zwischen LERCs und mit Naturschutzbehörden
Die Gebiete, für die einzelne LERCs zuständig sind, überlappen sich geographisch nicht (vgl. ALERC
2010). Daher stehen die LERCs nicht in Konkurrenz zueinander, sondern kooperieren miteinander. Das geschieht bspw. durch die
gemeinsame Entwicklung von Software zur Erfassung von Habitaten (HLU tool, https://github.com/HabitatFramework/HLUTool), die Datenzusammenführung für Partner, die LERC-übergreifend Daten
benötigen, oder bei Stellungnahmen zu naturschutzpolitischen Fragen. Dabei gibt es formlose Zusammenarbeit auf regionaler
Ebene (vgl. z. B. ALERC 2012). Insbesondere die Beziehungen zwischen LERCs und gesamtstaatlich
aktiven Partnern werden vom ALERC, dem Dachverband der LERCs, gepflegt.
In regelmäßigen Abständen werden Daten der LERCs an nationale Naturschutzbehörden übermittelt, sodass die Daten auch landesweit
genutzt werden können. Als Austauschplattform dient dazu u. a. das National Biodiversity Network (NBN, https://nbnatlas.org/). Damit gibt es eine Website, die diese Daten im nationalen Kontext als Online-Karten darstellt
und an das weltweite Biodiversitätsdatenportal GBIF (Global Biodiversity Information Facility) übermittelt.
6 Ausblick
An künftigen Aufgaben stehen u. a. die Weiter- bzw. Neuentwicklung einer Datenbank zur Erfassung von Biodiversitätsdaten (Nachfolger
von Recorder), die Integration des neuen Habitatklassifikationssytems UKHab als Nachfolger des IHS (vgl. Butcher et al. 2018) und die vertiefte Kooperation zwischen LERCs und anderen Naturschutzinstitutionen im UK an. In
Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierern ist dafür zu sorgen, dass die sich entwickelnde Vielzahl von
Online-Kartierungsplattformen sinnvoll genutzt werden kann. Dabei geht es um Datenstandards und die Qualitätskontrolle der Daten.
7 Schlussfolgerungen
LERCs haben sich als fester Bestandteil der Naturschutzlandschaft des UK etabliert und haben auch grundlegende Änderungen der
politischen Rahmenbedingungen überstanden. Ausgehend von der Kernaufgabe des Sammelns, Aufarbeitens und Weitergebens von
Biodiversitätsdaten haben sie sich immer wieder auch andere Themenfelder erschlossen wie die Erstellung von Karten zum Biotopverbund oder
die Berechnung von Ökosystemleistungen, Kohlenstoffbilanzen und Ökokonten.
LERCs tragen dazu bei, lokal und meist ehrenamtlich erhobene Biodiversitätsdaten für den Naturschutz sowohl lokal als auch
überregional verfügbar zu machen. Aufgrund ihrer lokalen Verankerung und Ortskenntnis haben sie Zugang zu Biodiversitätsdaten, die
landesweite Institutionen nicht haben. Im Gegensatz zum zentralen BRC verfügen sie nicht nur über Layer mit Artenfunden, sondern auch über
Layer von Schutzgebieten mit lokaler Bedeutung (LWS, RVEI) und über Habitat-Layer. Der Datenaustausch mit den Kommunen,
Naturschutzvereinen, Planungsbüros und Versorgungsunternehmen in den Einzugsbereichen der LERCs gewährleistet die direkte Verfügbarkeit
von Biodiversitätsdaten und hat so den Naturschutz auf lokaler und nationaler Ebene vorangebracht. Durch ihre Tätigkeit schaffen LERCs die
Voraussetzungen für Analysen des Biodiversitätswandels, die zum Teil erst auf der räumlichen Ebene oberhalb der LERCs sinnvoll sind. Einen
guten Überblick solcher Analysemöglichkeiten geben Powney, Isaac (2015).
Manche der in diesem Beitrag vorgestellten Tätigkeiten zur Erfassung, Aufarbeitung und Weitergabe von Biodiversitätsdaten werden in
Deutschland von verschiedenen Institutionen durchgeführt, andere gibt es in Deutschland in dieser Form nicht, zumindest nicht
flächendeckend als Netzwerk lokaler Einrichtungen. LERCs im UK haben sich unter mit Deutschland vergleichbaren, aber doch auch anderen
Voraussetzungen entwickelt. Ein Vergleich der Strukturen im UK mit denen in Deutschland ist mit diesem Beitrag nicht beabsichtigt.
Leserinnen und Leser sollten vielmehr in der Lage sein, die Situation in ihrer eigenen Region mit der im Beitrag dargestellten im UK zu
vergleichen. Entsprechend den Verhältnissen in verschiedenen Regionen kann es sich anbieten, einzelne Elemente der Tätigkeiten von LERCs
auch in Deutschland zu übernehmen.
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Dank
Für kritische Anmerkungen zu früheren Manuskriptentwürfen danke ich meinem guten Freund Gerd Berend und den anonymen Gutachterinnen
bzw. Gutachtern. Nicky Court sei für die Erlaubnis, Daten aus Hampshire zu verwenden, Tom Hunt und Deborah Muscat von ALERC für die
Überprüfung der sachlichen Richtigkeit und ergänzende Hinweise gedankt.